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IBR 9/2024 - Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Bauvertragsrecht beruhen die Mengenvordersätze eines Einheitspreisvertrags in der Regel auf Berechnungen oder Schätzungen. Die nach der Ausführung der Leistung anhand eines Aufmaßes ermittelten tatsächlich ausgeführten Mengen stimmen deshalb in der Regel nicht mit den im Leistungsverzeichnis angegebenen Mengen überein. Das kann bei Mehrmengen zu einer Überdeckung und bei Mindermengen zu einer Unterdeckung der kalkulierten Gemeinkosten führen. Als Korrektiv ist in § 2 Abs. 3 VOB/B vorgesehen, dass eine Preisanpassung verlangt werden kann, wenn die ausgeführte Menge der unter einem Einheitspreisvertrag erfassten Leistung oder Teilleistung um mehr als 10% von dem im Vertrag vorgesehenen Umfang abweicht. Das gilt auch dann, wenn eine Position des Leistungsverzeichnisses überhaupt nicht zur Ausführung kommt und somit eine sog. Nullposition vorliegt (Dokument öffnen IBR 2012, 188). Die Regelung des § 2 Abs. 3 VOB/B ist jedoch nur anwendbar, wenn die Mengenabweichung nicht auf einem Eingriff des Auftraggebers beruht (BGH, Dokument öffnen IBR 2018, 371). Ordnet der Auftraggeber nachträglich den Wegfall einzelner Leistungen eines Einheitspreisvertrags an und kommen diese Leistungen dann letztlich einvernehmlich nicht zur Ausführung, liegt keine Mengenminderung i.S.v. § 2 Abs. 3 VOB/B vor. Für die Abrechnung der nicht unter § 2 VOB/B fallenden Nullpositionen kommt dann nur eine Abrechnung nach § 8 VOB/B bzw. § 648 BGB (analog) in Betracht, sofern sich die Parteien nicht anderweitig geeinigt haben. Das hat das OLG Hamm am 05.07.2024 entschieden (Dokument öffnen S. 450).

Das Architekten- und Ingenieurrecht steht ganz im Zeichen der Architektenhaftung. So hatte sich das OLG Karlsruhe mit äußerst praxisrelevanten Haftungsfragen zu befassen: Der Planer leistet mangelhaft, wenn er vereinbarte Grundleistungen gar nicht oder völlig unbrauchbar erbringt. Ist die Nacherfüllung für den Auftraggeber nicht mehr von Interesse, kann er ohne vorherige Fristsetzung die Minderung verlangen (Dokument öffnen S. 472). Die Planung ist darüber hinaus auch dann mangelhaft, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Herstellkosten die vereinbarte Baukostengrenze überschreiten – außer die Überschreitung beruht auf nachträglichen Sonderwünschen des Auftraggebers (Dokument öffnen S. 470). Dass besonders wichtige Bauabschnitte, wie z. B schwierige und gefahrträchtige Drainagearbeiten, auch besonderer Aufmerksamkeit im Rahmen der Bauüberwachung bedürfen, hat das OLG Schleswig betont (Dokument öffnen S. 471). Bei der Haftung für im Bauwerk verkörperte Planungs- und Überwachungsmängel kann sich der Architekt nur in seltenen Fällen erfolgreich darauf berufen, dass die Kosten der Mängelbeseitigung unverhältnismäßig hoch seien (Dokument öffnen S. 473).

Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber sind ordnungsgemäß zu dokumentieren (siehe z. B. § 8 VgV oder § 20 VOB/A 2019). In der Praxis wird zwar in aller Regel eine Dokumentation erstellt, diese genügt aber vielfach nicht den von den Vergabenachprüfungsinstanzen an eine ordnungsgemäße Dokumentation gestellten Anforderungen. In ihrer Entscheidung vom 14.05.2024 betont die VK Niedersachsen, dass ein Vergabeverfahren von Anbeginn fortlaufend so zu dokumentieren ist, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden. Zu dokumentieren sind sowohl der formale Verfahrensablauf als auch die Maßnahmen, Feststellungen und Begründungen der einzelnen Entscheidungen. Zwar muss die Dokumentation nicht notwendigerweise in einem zusammenhängenden Vergabevermerk erfolgen. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass das Verfahren lückenlos dokumentiert wird, wobei der Vermerk aus mehreren Teilen bestehen kann. Die Dokumentation muss jedoch zeitnah erstellt und laufend fortgeschrieben werden. Insbesondere die für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen sind in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht und Ergebnis in die Benotung eingegangen sind (Dokument öffnen S. 477).

Weist die Leistung nach der Abnahme Mängel auf, verteidigt sich der Auftragnehmer vielfach damit, dass die Mängel nicht auf vertragswidrige Leistungen zurückzuführen seien, sondern auf eine oder mehrere alternative Schadensursachen. Schließlich trägt der Auftraggeber nach der Abnahme die Beweislast dafür, dass die Mängel bereits im Zeitpunkt der Abnahme im Bauwerk angelegt waren (siehe z. B. OLG Koblenz, Dokument öffnen IBR 2002, 190). Dass diese Vorgehensweise nicht immer Erfolg hat, zeigt in der Rubrik Prozessuales die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 21.03.2024. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr hält. Bei der Feststellung der Mangelursache durch das Gericht verlangt dieses Beweismaß keine unumstößliche, sondern einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit. Es ist nicht gehalten, jede Möglichkeit einer gegenteiligen Mangelursache auszuschließen. Dementsprechend ist das Gericht nicht gehindert, sich auch dann die positive Überzeugung von der Ursache eines Mangelsymptoms zu bilden, wenn es nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen theoretisch denkbare, aber nicht plausible alternative Ursachen für das Mangelsymptom gibt (Dokument öffnen S. 497).

Auch alle anderen Beiträge empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Dr. Stephan Bolz
Rechtsanwalt
Verleger und Schriftleiter der IBR

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