Immobilien- und Mietrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 18. September
IMRRS 2024, 1171VG Berlin, Beschluss vom 04.07.2024 - 6 L 160/24
1. Räume sind zur dauerenden Wohnnutzung tatsächlich geeignet, wenn sie den Mindestanforderungen nach § 4 Abs. 2 des Wohnungsaufsichtsgesetzes - WoAufG Bln - genügen.*)
2. Die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG greift nur ein, wenn sie nur die anteilige Nutzung derselben Wohnung begünstigt. Räumlichkeiten gehören jedoch dann nicht mehr derselben Wohnung an, wenn sie selbst die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglichen. Das ist der Fall, wenn sie bestimmt und geeignet sind, auf die Dauer bewohnt zu werden, also den einfachen Mindestanforderungen aus § 4 Abs. 2 WoAufG Bln genügen und von anderen Wohnungen hinreichend abgegrenzt sind.*)
3. Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes zur Befolgung mehrere Handlungsaufträge, hier: ein Wohnungszuführungsgebot betreffend mehrere Wohnungen, verstößt gegen den Grundsatz der Klarheit und Bestimmtheit von Verwaltungsakten.*)
VolltextIMRRS 2024, 1174
BVerwG, Beschluss vom 09.07.2024 - 7 B 6.24
Die in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beachtenden Rechtsmittelbegründungsfristen hat der Rechtsanwalt selbst zu berechnen und zu überwachen. Es handelt sich nicht um übliche Fristen, deren Berechnung er einer Rechtsanwalts- oder Notargehilfin überlassen dürfte.
VolltextIMRRS 2024, 1165
LG Konstanz, Urteil vom 11.12.2023 - A 61 S 37/23
Die freie Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO erlaubt es dem Gericht, auch allein aufgrund des Parteivortrags ohne Beweiserhebung festzustellen, was es für wahr oder unwahr erachtet.
VolltextOnline seit 17. September
IMRRS 2024, 1170LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.08.2024 - 2-13 S 581/23
Einen Anspruch im Beschlussersetzungsverfahren einen Beschluss bezüglich konkreter Baumaßnahmen zum Einbau eines Fahrstuhls als Maßnahme der Barrierereduzierung zu fassen, hat ein Eigentümer nur dann, wenn die öffentlich-rechtliche Genehmigungsfähigkeit der geplanten Baumaßnahme geklärt ist. Fehlt es hieran, kann das Gericht aber einen Grundlagenbeschluss fassen und Schritte zur Einholung der Genehmigung und Bildung einer Rücklage vorgeben.*)
VolltextIMRRS 2024, 1164
OLG München, Beschluss vom 26.08.2024 - 34 Wx 126/24
1. Eine Genehmigungspflicht nach § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB besteht nicht, wenn die Genehmigungsfreigrenzen nach Abs. 1 S. 2 und S. 6 der Vorschrift unterschritten sind und kein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung bestehendes Wohngebäude betroffen ist.*)
2. Dem Grundbuchamt ist das Nichtbestehen der Genehmigungspflicht nach § 250 Abs. 5 in Verbindung mit § 250 Abs. 1 BauGB in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.*)
3. Die Nachweisführung ist insoweit nicht ausschließlich durch ein Negativattest der Gemeinde möglich.*)
4. Mit der Vorlage eines Aufteilungsplans wird der Nachweis des Nichtbestehens der Genehmigungspflicht nach § 250 Abs. 5 S. 1 BauGB nicht geführt.*)
VolltextIMRRS 2024, 1163
VGH Bayern, Beschluss vom 13.09.2023 - 12 ZB 22.1814
1. Unbelasteter Bodenaushub unterfällt nicht dem subjektivem Abfallbegriff, wenn ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an die Stelle eines früheren tritt (hier: Herstellung eines Lärmschutzwalls).
2. Auch eine mehrjährige Verzögerung der Realisierung des neuen Zwecks lässt die neue Zweckbestimmung nicht ohne Weiteres entfallen.
VolltextIMRRS 2024, 1169
OLG Frankfurt, Urteil vom 30.07.2024 - 11 U 118/22
1. Das Verbot eines Teilurteils bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen gilt auch zwischen der letzten Stufe der Stufenklage und außerhalb des Stufenverhältnisses stehenden Anträgen.*)
2. Wird die Hauptsache hinsichtlich einer der früheren Stufen der Stufenklage einseitig für erledigt erklärt, steht der Antrag auf Feststellung der Erledigung außerhalb des Stufenverhältnisses.*)
VolltextOnline seit 16. September
IMRRS 2024, 1023OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2024 - 30 U 99/22
1. Führt der Vermieter nicht selbst die Vertragsverhandlungen, sondern lässt wissentlich und willentlich einen Dritten diese führen und auch den Vertrag unterschreiben, so handelt dieser Dritte mit Duldungsvollmacht des Vermieters.
2. Nach § 311b Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Der damit angeordnete Formzwang gilt auch für die Bestellung eines Vorkaufsrechts, und zwar sowohl für das persönliche wie für das dingliche, und erstreckt sich auf die Bestellung selbst wie auch auf die Verpflichtung dazu.
3. Eine Partei kann sich nach Treu und Glauben nicht unter Berufung auf § 139 BGB von ihren Vertragspflichten insgesamt befreien, wenn nur die den anderen Teil begünstigenden Vertragsbestimmungen unwirksam sind und dieser dennoch am Vertrag festhalten will. Der andere Teil kann dann der Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit die Einrede der Arglist entgegensetzen.
4. Auch eine Unterzeichnung als Vertreter ohne Vertretungsmacht steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen.
5. Nicht erforderlich für die Wahrung der Schriftform ist, dass sich alle Einzelheiten des Vertragsverhältnisses unmittelbar aus dem Mietvertrag und Ergänzungsvereinbarungen ergeben. Dem Schutzzweck des § 550 BGB genügt es, wenn der potenzielle Erwerber aus den Mietvertragsunterlagen ersehen kann, in welche langfristigen Vereinbarungen er gegebenenfalls eintritt.
6. Ein Mietvertrag entspricht der Schriftform, wenn er die Quadratmetermiete enthält und regelt, dass zunächst 190 qm als Mietfläche angenommen werden, diese später aber noch genau ermittelt wird.
7. Solche Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsparteien nur unwesentliche Punkte betreffen, oder Vereinbarungen, die einen Grundstückserwerber nicht (mehr) binden, sind ausnahmsweise nicht formbedürftig. Dies erfasst Vereinbarungen, soweit sie einen Erwerber nach Eintritt in die Vermieterstellung nicht treffen, etwa weil sie durch Erfüllung oder Zeitablauf bereits erledigt sind.
8. Eine Vereinbarung, durch die ein Vormietrecht begründet wird, unterliegt dem Schriftformgebot, wenn sie lediglich (unselbstständiger) Teil eines Mietvertrags ist, der seinerseits formbedürftig gem. § 550 Satz 1 BGB ist.
9. Mit der erfolgten Ausübung des Vormietrechts kommt grundsätzlich ein Vertrag zu den Konditionen des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags zu Stande. Eine Gestaltungsfreiheit besteht hier nicht.
10. Die wirksame Ausübung des Vormietrechts setzt voraus, dass der Berechtigte sich ohne Vorbehalte zur Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Erstvertrag bereit erklärt. Daher liegt keine wirksame Ausübung des Vormietrechts vor, wenn der Berechtigte einzelne Vertragsbedingungen ablehnt oder die Änderung des Mietvertrags verlangt.
11. Bei Bestimmungen im Referenzvertrag, die lediglich den Zweck verfolgen, das Vormietrecht zu umgehen oder zu vereiteln, findet § 138 BGB Anwendung mit der Folge, dass die betreffenden Vereinbarungen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sind. Damit tritt an ihre Stelle die gesetzliche Regelung.
IMRRS 2024, 1160
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.08.2024 - 2-13 S 23/24
1. Die Eigentümer können nicht durch Beschluss "wegen der besonderen Situation am Handwerkermarkt" auf das Erfordernis von Vergleichsangeboten verzichten, wenn diese erforderlich sind, um die Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer auf eine ausreichend gesicherte Tatsachengrundlage zu stellen.*)
2. Zum - hier verneinten - Erfordernis von Alternativangeboten, wenn das Auftragsvolumen unter 5% der Wirtschaftsplansumme liegt.*)
VolltextIMRRS 2024, 1162
OLG Dresden, Beschluss vom 12.08.2024 - 4 U 862/24
1. Bei Erstellung eines fristgebundenen Schriftsatzes hat der Rechtsanwalt auch dann die durch seine Kanzleikraft zuvor vorgenommene Fristberechnung zu überprüfen, wenn er im Home-Office tätig ist und ihm die papiergebundene Handakte dort nicht vorliegt.*)
2. Unterlässt er eine solche Prüfung, kommt eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht in Betracht.*)
VolltextIMRRS 2024, 1161
BFH, Beschluss vom 27.08.2024 - VIII B 74/23
1. Wird ein Terminaufhebungs- oder -verlegungsantrag schriftlich oder per E-Mail gestellt, ist er nicht formunwirksam, wenn er nicht über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach beim Gericht eingereicht wird (Bestätigung Beschluss des BFH vom 23.04.2024 - VIII B 31/23, IBRRS 2024, 1719 = IMRRS 2024, 0726).*)
2. Auch bei wiederholten Anträgen auf Terminverlegung aus gesundheitlichen Gründen kann die Ankündigung des Gerichts, bei weiteren Anträgen im Rahmen der Glaubhaftmachung nur noch eine amtsärztliche Begutachtung zu akzeptieren, unverhältnismäßig sein, wenn der weitere Terminverlegungsantrag auf eine neue unvorhersehbare Erkrankung (hier: Verletzungen aufgrund eines Sturzes) gestützt wird.*)
VolltextOnline seit 13. September
IMRRS 2024, 0629AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 23.04.2024 - 715 C 91/23
Die Auslegung eines Mietvertrags ergibt, dass die Parteien eine Pauschale für die Nebenkosten vereinbart haben, wenn in dem Mietvertragsformular weder ein Kreuz in dem Kästchen Pauschalbetrag noch ein Kreuz bei dem Kästchen Vorauszahlung gesetzt ist und bei Vorauszahlung auch kein Betrag eingetragen wurde.
VolltextIMRRS 2024, 1151
LG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2023 - 19 S 35/23
Der Inhalt eines Beschlusses muss - insbsesondere weil ein Sondernachfolger nach § 10 Abs. 3 WEG an Beschlüsse gebunden ist, aber auch zum Schutz des aktuellen Bestands der Wohnungseigentümer - klar und hinreichend bestimmt oder zumindest hinreichend bestimmbar sein, also durchführbare Regelungen enthalten und darf auch keine inneren Widersprüche aufweisen, was allein wiederum durch objektive Auslegung nach Grundbuchgrundsätzen zu ermitteln ist. Der Inhalt muss also dem Beschluss selbst zu entnehmen sein. Wird in einem Beschluss - was zulässig ist - inhaltlich Bezug genommen auf bestimmte Ereignisse, Tatsachen, oder auch Schriftstücke, so muss der in Bezug genommene äußere Umstand selbst wiederum zweifelsfrei bestimmbar sein.
VolltextIMRRS 2024, 1152
OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.2023 - 22 U 161/22
1. Ein anwaltliches Empfangsbekenntnis beweist das angegebene Zustellungsdatum. Dadurch ist der Beweis, dass das zuzustellende Schriftstück den Adressaten tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt erreicht hat, allerdings nicht ausgeschlossen.
2. Nicht ausreichend ist aber eine bloße Erschütterung der Richtigkeit der Angaben im Empfangsbekenntnis. Vielmehr muss die Beweiswirkung vollständig entkräftet, mit anderen Worten jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden (BGH, Beschluss vom 07.10.2021 - IX ZB 41/20, IBRRS 2021, 3389), wobei allerdings an den Gegenbeweis keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH, Beschluss vom 14.10.2008 - VI ZB 23/08, IBRRS 2008, 3251).
VolltextOnline seit 12. September
IMRRS 2024, 1133AG Köpenick, Urteil vom 29.08.2024 - 14 C 284/23
1. Eine Pflichtverletzung des Mieters liegt vor, wenn er wider besseres Wissen einen Mangel behauptet oder nicht hinreichend prüft, ob der Mangel aus seiner Verantwortungssphäre stammt.
2. Zu dem Pflichtenprogramm des Mieters gehört es gerade nicht, sich nur dann an den Vermieter zu wenden, wenn er positiv weiß, dass die Wohnung einen Mangel aufweist.
3. Meldet der Mieter einen Schmorgeruch aus dem Sicherungskasten und kann ein deshalb gerufener Techniker keinen Mangel feststellen, handelte der Mieter nicht pflichtwidrig.
4. Allein der Umstand, dass eine Untersuchung durch Fachkräfte keinen Fehler in der Anlage ergeben hat, führt auch nicht dazu, dass der Mieter einen Schmorgeruch vorgetäuscht hätte.
5. Eine Kleinreparatur ist gegeben, wenn der Reparaturaufwand 100 Euro brutto im Einzelfall nicht übersteigt.
VolltextIMRRS 2024, 0433
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 22.03.2024 - 980b C 22/23 WEG
1. Im Rahmen ihres (weiten) Ermessens haben die Wohnungseigentümer darüber zu beschließen, ob sie punktuelle Schadensereignisse - bezogen auf das gemeinschaftliche Eigentum - durch eine Bestandsaufnahme untersuchen lassen mit dem Ziel, etwaige Schäden und deren Ursache zu beseitigen.
2. Im Rahmen bloßer Gefahrenerforschung kann sich dieses Ermessen auf null reduzieren - mit der Folge, dass der einzelne Wohnungseigentümer eine entsprechende Beschlussfassung beanspruchen kann -, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass vom gemeinschaftlichen Eigentum schadensstiftende Einwirkungen auf ein Sondereigentum ausgehen, die unterbunden werden müssen.
VolltextIMRRS 2024, 1153
OLG München, Beschluss vom 04.09.2024 - 34 Wx 224/24
1. Dem grundbuchamtlichen Vollzug einer Teilungserklärung nach dem WEG steht nicht entgegen, dass der Aufteilungsplan nicht in elektronischer, sondern in Papierform eingereicht wurde.*)
2. Wurde der Aufteilungsplan zudem in einem Format größer als DIN A3 vorgelegt, ist dies ebenfalls unschädlich.*)
VolltextIMRRS 2024, 0621
BVerfG, Beschluss vom 26.02.2024 - 2 BvR 51/24
Die Aussetzung der Zwangsvollstreckung aus einem Räumungstitel gegen mehrere Vollstreckungsschuldner kommt durch einstweilige Anordnung in Betracht, wenn für einen dieser Schuldner bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde eine Verschlechterung seiner Demenzerkrankung droht und sein alleiniger Verbleib in der Wohnung ohne Hilfe der übrigen Vollstreckungsschuldner nicht möglich ist.
VolltextIMRRS 2024, 1148
OLG Hamm, Beschluss vom 18.07.2024 - 10 W 24/24
1. Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ablehnung von Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit gem. § 406 Abs. 1 ZPO können auf ehrenamtliche Richter übertragen werden.*)
2. Enge geschäftliche Kontakte zu einer Partei oder ein eigenes - und sei es auch nur mittelbares - wirtschaftliches Interesse des ehrenamtlichen Richters am Ausgang des Rechtsstreits können im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit begründen.*)
3. Die räumliche und persönliche Struktur des Einzugsbereichs eines Landwirtschaftsgerichts kann es häufig mit sich bringen, dass die dort im selben beruflichen Umfeld tätigen Personen einander kennen und miteinander Geschäfte treiben, so dass die Hürden für eine Befangenheit nicht zu niedrig angesetzt werden dürfen. Andererseits ist auch das verständliche Interesse der Beteiligten zu respektieren, über bestehende persönliche und wirtschaftliche Verbindungen informiert zu werden. Es kommt daher im konkreten Einzelfall auf eine Würdigung aller Umstände, insbesondere auf den individuellen Umfang der persönlichen und/oder geschäftlichen Beziehungen zu den Beteiligten an.*)
4. Lohnarbeiten eines ehrenamtlichen Richters für einen der am Verfahren Beteiligten in einem Umfang von 250,00 Euro jährlich bei einem Gesamtumsatz von 30.000,00 Euro pro Jahr begründen im Allgemeinen noch keine Besorgnis der Befangenheit.*)
VolltextOnline seit 11. September
IMRRS 2024, 1145LG Berlin II, Urteil vom 30.05.2024 - 65 S 189/23
1. Auf Verträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, und zwar auch dann, wenn der Vertrag tatsächlich länger als 30 Jahre läuft, ist § 544 BGB (unmittelbar) nicht anwendbar. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, kann deshalb auch nach mehr als 30 Jahren nicht gem. § 544 BGB gekündigt werden.*)
2. In der Instanzenrechtsprechung und der Literatur wird allgemein angenommen, dass bei einem dauerhaften Ausschluss der ordentlichen Kündigung im Wege einer individualvertraglichen Vereinbarung nach Ablauf von 30 Jahren in (entsprechender) Anwendung des § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist möglich sein soll. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher nicht entschieden.*)
3. Bei der Kündigung nach § 544 Satz 1 BGB handelt es sich - dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nach - um eine Kündigung i.S.d. § 573d BGB.*)
VolltextIMRRS 2024, 1103
AG Dortmund, Urteil vom 02.04.2024 - 514 C 112/23
1. Beeinträchtigungen des Sondereigentums kann jeder Eigentümer selbst abwehren. Diese Ansprüche können auch nicht vergemeinschaftet werden.
2. Wird ein Strandkorb auf dem Gemeinschaftseigentum abgestellt oder eine Wäschespinne dort aufgestellt und sind beide Objekte vom Sondereigentum Dritter aus sichtbar, stellt dies eine Beeinträchtigung dar.
IMRRS 2024, 1150
LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 14 O 308/22
1. Ein Vertragsschluss nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt voraus, dass die Parteien in geschäftlichem Kontakt stehen, eine Partei einen vorangegangenen Vertragsschluss bestätigen will oder eine mündliche Vereinbarung erst durch das Bestätigungsschreiben Gültigkeit haben soll und das Bestätigungsschreiben in engem zeitlichen Zusammenhang zu dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen abgesandt wird.
2. Ein Zeitraum von fast zwei Monaten zwischen dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen und dem Bestätigungsschreiben fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang. Bei einem solchen Zeitintervall kann dem Schweigen des (möglichen) Vertragspartners kein Erklärungswert beigemessen werden. Ein Angebot nach einer entsprechend langen Zeit erfordert vielmehr eine ausdrückliche oder konkludente Annahme durch den Vertragspartner.
VolltextIMRRS 2024, 0868
LG Magdeburg, Urteil vom 24.05.2024 - 2 O 157/24
Die Schenkung und Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Grundstück aus dem Schuldnervermögen ist eine anfechtbare Rechtshandlung gem. § 1Abs. 1AnfG, wenn dadurch die Befriedigungshandlung beeinträchtigt und der Gläubiger objektiv benachteiligt ist.
VolltextIMRRS 2024, 1149
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2024 - 16 UF 42/24
1. Der elektronische Versand zwischen den Gerichten von beim falschen Gericht durch einen Rechtsanwalt elektronisch eingereichten Schriftsätzen an das zuständige Gericht gehört (noch immer) nicht zum gewöhnlichen, ordentlichen Geschäftsgang.*)
2. Die lediglich in Papierform erfolgte Weiterleitung des den Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Schriftsatzes an das Beschwerdegericht kann keinen wirksamen Wiedereinsetzungsantrag begründen. Dieser Formmangel ist für das Amtsgericht nicht ohne weiteres erkennbar; der gerichtlichen Fürsorgepflicht sind insoweit im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz Grenzen gesetzt.*)
VolltextIMRRS 2024, 1140
OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2024 - 18 W 32/23
Wird im Laufe eines Verfahrens der Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt, ist der auf den erledigten Teil der Hauptsache entfallende Kostenwert nach der sog. Mehrkostenmethode zu ermitteln. Es ist eine auf den Zeitpunkt der Teilerledigung bezogene Differenzrechnung anzustellen.
VolltextOnline seit 10. September
IMRRS 2024, 1100AG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.04.2024 - 33067 C 42/23
1. Ist vertraglich geregelt, dass die Kaution in drei monatlichen Teilzahlungen zu zahlen ist und die erste Teilzahlung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist, bedarf es keiner Mahnung, um Zahlungsverzug herbeizuführen.
2. Ist im Mietvertrag eine Einzugsermächtigung für die Miete vereinbart, aber weiter geregelt, dass die Kaution direkt auf ein Kautionskonto zu zahlen ist, kommt der Mieter bei Nichtzahlung in Verzug. Er kann sich nicht darauf berufen, der Vermieter hätte die Kaution selbst einziehen müssen.
VolltextIMRRS 2024, 1096
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 07.08.2024 - 23 C 15/24
1. Anlagen können lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen.
2. Dementsprechend hat der Vermieter in einer Mieterhöhungsklage zu den wohnwerterhöhenden Merkmalen konkret vorzutragen. Eine als Anlage beigefügte Tabelle der Spanneinordnung mit vereinzelt gesetzten Kreuzen ist nicht ausreichend.
VolltextIMRRS 2024, 1102
VG Freiburg, Urteil vom 11.07.2024 - 4 K 1957/23
1. Sieht eine städtische Abfallwirtschaftssatzung die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Abfallgebührenschuldner - hier u. a. Mieter als Wohnungsnutzer und Vermieter als Wohnungseigentümer - sowie die vorrangige Heranziehung eines Gesamtschuldners - hier des tatsächlichen Wohnungsnutzers - vor, erfordert dies nicht das Ergreifen von Vollstreckungsmaßnahmen gegen den vorrangig heranzuziehenden Gebührenschuldner.*)
2. Gebührengläubiger haben bei einer Gesamtschuldnerschaft für Kommunalabgaben grundsätzlich alle Möglichkeiten zur Durchsetzung des Abgabenanspruches zu nutzen und dürfen von der Inanspruchnahme eines - weiteren - Gesamtschuldners nicht allein schon deswegen absehen, weil für diesen Gesamtschuldner Schwierigkeiten bei der Realisierung seines Ausgleichsanspruchs im Innenverhältnis zu befürchten stehen.*)
3. Bittet ein Gesamtschuldner um die eigene vorrangige Heranziehung, um die Gebühren sodann im Innenverhältnis selbst zeitnah mit anderen Gesamtschuldnern abzurechnen - zum Beispiel in einem Mietverhältnis über die Nebenkostenabrechnung -, muss die Gebührenschuldnerin in ordnungsgemäßer Ermessensausübung regelmäßig eben diese Person vorrangig heranziehen.*)
4. Alle Gebührenschuldner haben aus dem allgemeinen Rechtssatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Gebührenschuldverhältnis einen Auskunftsanspruch über das Bestehen und die Höhe der Gebührenschuld.*)
VolltextIMRRS 2024, 1142
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.09.2024 - 2 L 89/24
1. Die Mitwirkung des Ehegatten eines Rechtsmittelrichters an der angefochtenen Entscheidung allein stellt grundsätzlich noch keinen Ablehnungsgrund im Hinblick auf dessen Beteiligung an der Entscheidung im Rechtsmittelverfahren dar (Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.10.2003 - II ZB 31/02, IBRRS 2003, 3020 = IMRRS 2003, 1335).
2. Gleichwohl kann es den Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit begründen, wenn der Richter der Vorinstanz nicht lediglich als Mitglied eines Kollegialgerichts an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt, sondern diese als Einzelrichter allein verantwortet hat (BGH, IBR 2020, 276). Gleiches gilt, wenn der Ehegatte an einem Beschluss mitgewirkt hat, der nach der gesetzlichen Regelung nur einstimmig gefasst werden kann (BGH, Beschluss vom 09.02.2023 - I ZR 142/22, IBRRS 2023, 0746 = IMRRS 2023, 0343).
3. In einem Verfahren auf Zulassung der Berufung, in dem es in erster Linie auf die Erfüllung der Darlegungsobliegenheiten durch den Zulassungsantragsteller ankommt und noch keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung erfolgt, bestehen jedenfalls dann an der Unvoreingenommenheit eines Rechtsmittelrichters keine Zweifel, wenn – über die familiäre Verbindung hinaus - keine weiteren Umstände erkennbar sind, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit als Rechtsmittelrichter zu rechtfertigen.
VolltextOnline seit 9. September
IMRRS 2024, 1039AG Norden, Urteil vom 10.01.2024 - 5 C 2018/23
1. Ein Beschluss über den Rückbau einer vermeintlich nicht genehmigten baulichen Veränderung genügt möglicherweise dem Bestimmtheitsgebot nicht.
2. Dieses Risiko besteht insbesondere dann, wenn nicht jedem objektiven Dritten unmissverständlich einleuchtet, welche konkreten Maßnahmen vom einzelnen Eigentümer erwartet werden.
VolltextIMRRS 2024, 1137
OLG Celle, Urteil vom 31.07.2024 - 14 U 104/23
1. Nach dem Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO soll der entscheidungsrelevante Sach- und Streitstoff bereits in erster Instanz vollständig unterbreitet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, das Bestreiten einer in erster Instanz noch unstreitig gestellten Tatsache in der Berufungsinstanz zuzulassen, nachdem die gegnerische Partei ihrerseits das neue Vorbringen bestritten hat (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).*)
2. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der im Vorprozess Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend. Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil u. a. für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG.*)
3. Für die Eigenschaft einer mit Wischarbeiten in einem Hotel beschäftigten Reinigungskraft als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienstvertrags (§ 278 Satz 1 Alt. 2, § 611 BGB) des mit der Säuberung der Hotelräumlichkeiten beauftragten Reinigungsunternehmens kommt es nicht entscheidend auf das Bestehen etwaiger (arbeits-)vertraglicher Beziehungen zwischen ihnen beiden an. Denn die Art der zwischen dem Schuldner und dem Erfüllungsgehilfen bestehenden rechtlichen Beziehung ist gleichgültig.*)
4. Maßgeblich ist allein, dass der Erfüllungsgehilfe als Hilfsperson nach den tatsächlichen Verhältnissen objektiv für den Schuldner tätig geworden ist, dass also der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient hat.*)
VolltextIMRRS 2024, 1139
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.09.2024 - 14 LA 73/24
Die Nichtberücksichtigung persönlicher Ausführungen einer anwaltlich vertretenen Klägerin im Berufungszulassungsverfahren begründet keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör i. S. des Art. 103 Abs. 1 GG, wenn dieser den Anforderungen des Darlegungsgebots nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO und dem Verbot der Umgehung des Vertretungszwangs nach § 67 Abs. 4 Satz 1, 2 VwGO entgegenstehen.*)
VolltextOnline seit 6. September
IMRRS 2024, 1058OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.2022 - 22 U 191/21
1. Der Verpächter kann nach Beendigung des Mietverhältnisses für die Dauer der Vorenthalten die zuletzt vereinbarte Pacht stets ungeachtet des Verhältnisses, in dem die gezogenen oder ziehbaren Nutzungen zu denen des Gesamtjahres stehen, als Mindestentschädigung nach § 584b Satz 1 BGB verlangen.*)
2. Eine Anpassung der seitens des Pächters nach § 584b Satz 1 BGB zu leistenden Nutzungsentschädigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommt jedenfalls dann von vorneherein nicht in Betracht, wenn sich die zur Grundlage des Vertrags gewordenen Umstände erst nach der Beendigung des Pachtvertrags schwer wiegend verändert haben.*)
VolltextIMRRS 2024, 1135
BGH, Urteil vom 23.07.2024 - VI ZR 427/23
1. Zur teilweisen (einseitigen) Erledigungserklärung der Revision.*)
2. Lässt ein Berufungsgericht die Revision zu, müssen sich aus dem Berufungsurteil die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung, der Sach- und Streitstand und die von den Parteien im Berufungsverfahren gestellten Anträge erschließen. Fehlen im Berufungsurteil die entsprechenden Darstellungen, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.*)
3. Eine Anschlussrevision kann bei beschränkter Zulassung der Revision auch dann eingelegt werden, wenn die Anschlussrevision nicht den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht. Unzulässig ist sie nur dann, wenn sie einen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand nicht in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht.*)
VolltextIMRRS 2024, 1136
BGH, Beschluss vom 02.07.2024 - VI ZR 240/23
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben.
2. Der Tatrichter darf, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen.
3. Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs in einem Arzthaftungsprozess.*)
VolltextOnline seit 5. September
IMRRS 2024, 1130OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2024 - 12 U 75/23
1. Bebauungsvorschriften, die nachbarschützenden Charakter besitzen, stellen gleichzeitig Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar.*)
2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO-SA zur Standsicherheit hat nachbarschützende Wirkung.*)
3. Sie gilt nicht nur für die Errichtung, sondern auch für den Abriss einer baulichen Anlage.*)
VolltextIMRRS 2024, 1048
VG Bremen, Beschluss vom 23.01.2024 - 1 V 2730/23
1. Ist der Mietvertrag einer Monteurs-Unterkunft nicht mit den Monteuren selbst geschlossen, sondern deren Arbeitgeber, spricht dies gegen eine Wohnnutzung.*)
2. Verfügen die Monteure zudem nicht über einen Außentürschlüssel für die Monteurs-Unterkunft, spricht dies ebenfalls gegen eine Wohnnutzung.*)
VolltextIMRRS 2024, 1119
BGH, Urteil vom 11.07.2024 - III ZR 176/22
1. Zur Feststellung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Beihilfe zu einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung; hier: Tragfähigkeit von Indizien.*)
2. Zur Tatsachenfeststellung in der Berufungsinstanz.*)
VolltextIMRRS 2024, 1122
OVG Sachsen, Beschluss vom 11.06.2024 - 1 E 73/23
Für eine auf § 40 DVOSächsBO i.V.m. § 66 Abs. 3 SächsBO gestützte Klage eines anerkannten Prüfingenieurs gegen den Bauherrn auf Vergütung für die bauaufsichtliche Prüfung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (Abgrenzung zu BGH, IBR 2016, 350, zur Hessischen Bauordnung 2002).*)
VolltextOnline seit 4. September
IMRRS 2024, 1132BGH, Urteil vom 25.07.2024 - VII ZR 84/21
Die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.08.2013 (IBR 2014, 49) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird nicht dadurch beeinflusst, dass es - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen wird und der Bauunternehmer daher keine Umsatzsteuer mehr an den Fiskus abführen muss.*)
VolltextIMRRS 2024, 1024
LG Lübeck, Beschluss vom 26.06.2024 - 14 S 38/24
1. Die Angabe der Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses sind Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Zweck des Begründungserfordernisses ist es, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn so in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.
2. Bei der Frage, ob ein Vermieter durch die Fortsetzung eines Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wird, darf nicht allein darauf abgestellt werden, ob eine bewohnte Wohnung der Durchführung der angestrebten Verwertung entgegensteht. Vielmehr muss auch geklärt werden, ob es den Parteien möglich und zumutbar gewesen wäre, den Mieter vorübergehend in einer alternativen Unterkunft unterzubringen.
3. Die Umgestaltung einer Wohnung kann dem Wegfall einer Wohnung nur dann gleichgestellt werden mit der Folge, dass ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Betracht zu ziehen ist, wenn die Wohnung durch die Umgestaltung in ihrem grundlegenden Charakter wesentlich verändert wird. Dies bedarf einer grundsätzlichen Veränderung des Wohnungszuschnitts und der Wohnqualität, die über eine reine Modernisierung hinausgeht. Nicht ausreichend dürften daher - auch in der Gesamtschau - geringfügige Grundrissänderungen und Änderungen von (Balkon-)Türen, Erneuerungen von Bädern bzw. Küche oder die Förderung der Barrierefreiheit sein.
VolltextIMRRS 2024, 1028
LG Köln, Urteil vom 18.07.2024 - 6 S 99/23
1. Ein Dauerkleingarten kann nie nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG gekündigt werden, denn aufgrund der Festsetzung im Bebauungsplan als Nutzung für Kleingarten ist eine andere Nutzung gerade planungsrechtlich nicht zulässig.
2. Fiktive Dauerkleingärten werden wie Verträge über Dauerkleingärten behandelt. Dementsprechend muss für diese auch die Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG ausgeschlossen sein.
3. Vor Inkrafttreten des BKleingG geschlossene Pachtverträge über Kleingärten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes keine Dauerkleingärten sind, sind wie Verträge über Dauerkleingärten zu behandeln, wenn die Gemeinde Eigentümerin der Grundstücke ist.
VolltextIMRRS 2024, 1131
OLG Zweibrücken, Urteil vom 20.08.2024 - 8 U 47/24
Der Entschädigungsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasst bei lediglich fiktiver Abrechnung keine Umsatzsteuer, da keine Gründe dafür ersichtlich sind, in Fällen der Kompensation nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung über die insoweit für Schadensersatzansprüche geltenden Regeln hinaus eine (noch) gar nicht eingetretene Vermögenseinbuße in Gestalt der erst bei tatsächlicher Beseitigung der Beeinträchtigung anfallenden Umsatzsteuer auszugleichen.*)
VolltextIMRRS 2024, 1120
OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.06.2024 - 8 U 107/23
1. Der Erlass eines Grundurteils setzt voraus, dass Grund und Höhe des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs streitig sind. Weitere Voraussetzung ist, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Grundes zur Entscheidung reif ist, nicht aber hinsichtlich des Betrags.
2. Bevor ein Grundurteil ergehen kann, müssen alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt und alle vom Beklagten dagegen vorgetragenen Einwendungen und Einreden ausgeschlossen werden. Die Klärung einzelner zum Grund des Anspruchs gehörender Fragen wie des Mitverschuldenseinwands kann zwar im Grundverfahren offengelassen und dem Betragsverfahren vorbehalten werden, wenn bereits feststeht, dass ein Mitverschulden nicht zu einer Beseitigung des Anspruchs führt.
3. Der Erlass eines Grundurteils ist aber stets unzulässig, wenn dies nicht zu einer echten Vorabentscheidung des Prozesses, sondern zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Prozesses führt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe des Anspruchs annähernd dieselben sind oder in einem so engen Zusammenhang stehen, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig wäre.
VolltextIMRRS 2024, 1067
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.04.2024 - 2-13 T 11/24
Setzt das Gericht ein Verfahren gem. § 148 Abs. 3 ZPO in der seit dem 13.10.2023 geltenden Fassung aus, ist, solange die Entscheidung nicht willkürlich ist, im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, ob die Beweiserhebung für den Ausgang des Verfahrens erforderlich ist.*)
VolltextOnline seit 3. September
IMRRS 2024, 1066OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2024 - 4 U 1582/23
1. Die Auseinandersetzung einer faktisch beendeten Miteigentümergemeinschaft (hier: an einem mit einem Mehrfamilienmietshaus bebauten Grundstück) nach Bruchteilen hat mittels einer Auseinandersetzungsklage zu erfolgen, bei der die einzelnen Ansprüche, die von beiden Parteien gegeneinander erhoben werden als unselbstständige Rechnungsposten einer Schlussrechnung aufgeführt werden.*)
2. Einzelne Forderungen aus dieser Schlussrechnung unterliegen hingegen einer Durchsetzungssperre; eine hierauf gerichtete Klage ist als derzeit unbegründet abzuweisen.*)
3. Die Durchsetzungssperre erfasst auch Ansprüche auf Feststellung von in die Schlussrechnung aufzunehmenden Einzelposten.*)
VolltextIMRRS 2024, 1022
VG Köln, Beschluss vom 13.06.2024 - 16 L 665/24
1. Eine Zwangsmittelandrohung erledigt sich noch nicht mit der Erfüllung des Grundverwaltungsaktes, sondern erst, wenn die Behörde erklärt oder jedenfalls zu erkennen gibt, dass sie die erfolgte Androhung des Zwangsmittels nicht mehr als Grundlage der weiteren Vollstreckung ansieht.*)
2. Die Ermächtigung des § 12 Abs. 1 Satz 1 WohnStG NRW erlaubt den Erlass einer Zweckentfremdungssatzung auch nach Ablauf der Höchstgeltungsdauer einer zuvor erlassenen Satzung. Entscheidend ist, dass der zum Satzungserlass berechtigende Wohnraummangel nach Ablauf der Geltungsdauer trotz der gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 WohnStG NRW ergriffenen Maßnahmen fortbesteht.*)
3. Wohnzweck i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 WohnStG NRW meint die Nutzung von Wohnraum als Heimstätte im Alltag. Hiervon sind als andere Nutzungszwecke sämtliche Erscheinungsformen des vorübergehenden, übergangsweisen oder provisorischen, nur einem bestimmten Zweck dienenden Unterkommens abzugrenzen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Mieter zeitweise die Räumlichkeiten zu seinem Lebensmittelpunkt bestimmt. Maßgeblich ist das Nutzungskonzept des Vermieters im Zeitpunkt des Erlasses des Wohnnutzungsgebots.*)
4. Zur Abgrenzung einer Wohnnutzung von anderen Nutzungszwecken können auch die zivilrechtlichen Kriterien zur Abgrenzung von Mietverhältnissen über Wohnraum und Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch gem. § 549 Abs. 1 Nr. 2 BGB herangezogen werden.*)
5. Die Regelfrist für die Wiederzuführung von 2 Monaten gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 WohnStG NRW beginnt erst mit Bekanntgabe des Wohnnutzungsgebots.*)
VolltextIMRRS 2024, 1126
BGH, Beschluss vom 23.07.2024 - VI ZR 41/22
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Verzicht auf die Ergänzung oder Einholung eines Sachverständigengutachtens bei der Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage unter Anmaßung eigener Sachkunde.*)
VolltextIMRRS 2024, 1121
OLG Frankfurt, Urteil vom 20.06.2024 - 15 U 230/22
1. Nur eine zulässige Streitverkündung führt zum Eintritt der Verjährungshemmung.
2. Eine Streitverkündungsschrift ist ein bestimmender Schriftsatz, so dass der Schriftsatz ein Rubrum enthalten soll.
3. Zur Annahme der Wirksamkeit einer Streitverkündung ist zumindest erforderlich, dass identifizierbar ist, wer Partei des Prozesses ist, dem beigetreten werden soll und wer die streitverkündende Partei ist.
VolltextOnline seit 2. September
IMRRS 2024, 1091OLG Braunschweig, Urteil vom 05.07.2024 - 1 U 13/21
1. Eine vorvertraglich erstellte Wirtschaftlichkeitsberechnung kann eine geeignete Grundlage für die Schätzung eines entgangenen Gewinns gem. § 287 ZPO sein.*)
2. Im Rahmen der Schadensschätzung kann der Richter im Unterschied zu den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO von einer weiteren Beweisaufnahme absehen, wenn ihm bereits hinreichende Grundlagen für ein Wahrscheinlichkeitsurteil zur Verfügung stehen (Anschluss an BGH, Urteil vom 28.01.2020 - KZR 24/17, IBRRS 2020, 0714).*)
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