Immobilien- und Mietrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Wohnungseigentum
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei imr-online eingestellt
Online seit 21. Juni
IMRRS 2024, 0562AG München, Urteil vom 19.07.2023 - 1295 C 396/23 WEG
1. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer ist wegen unzureichender Bestimmtheit nur nichtig, wenn er keinen sinnvollen Regelungsgehalt mehr entfaltet.
2. Wird die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Beschlussfassung von einem Fachmann beraten, liegt eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümer vor.
VolltextOnline seit 20. Juni
IMRRS 2024, 0573AG Berlin-Mitte, Urteil vom 11.01.2024 - 29 C 8/23 WEG
Bloße architektonische Disharmonien, wie sie häufig durch den Anbau von Balkonen oder Außenaufzügen entstehen, genügen für die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs. 4 WEG nicht.*)
VolltextOnline seit 19. Juni
IMRRS 2024, 0800LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 603/23
1. Ob eine beschlossen Maßnahme als Erhaltungsmaßnahme (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG) oder Baumaßnahme (§ 20 WEG) zu behandeln ist, bemisst sich alleine nach objektiv-normativen Kriterien und ist nicht davon abhängig, wie die Wohnungseigentümer die entsprechende Maßnahme einordnen.*)
2. Eine Erhaltungsmaßnahme, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist nicht als Baumaßnahme (§ 20 WEG) mit den Kostenfolgen des § 21 WEG zu behandeln. Herrscht Streit über die Ordnungsgemäßheit der Maßnahme, kann dies gerichtlich nur im Rahmen der Anfechtung des Beschlusses über die Erhaltungsmaßnahme geklärt werden und nicht bei der isolierten Anfechtung des Beschlusses über die Kostenverteilung.*)
VolltextIMRRS 2024, 0626
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 03.05.2024 - 980a C 31/23 WEG
1. Um das (Nicht-)Vorliegen eines "wichtigen Grunds" für die Ablehnung einer Umnutzung zu prüfen und die Beschlussfassung auf eine ausreichende Tatsachengrundlage zu stellen (als Voraussetzung für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung), bedarf es der umfassenden Information der Wohnungseigentümer über das Vorhaben und seine Auswirkungen auf die übrigen Eigentümer sowie das gemeinschaftliche Eigentum.
2. Hängt die konkrete Nutzung der Einheit im Wesentlichen auch von den baulichen Gegebenheiten ab, muss der Eigentümer den übrigen Eigentümern - rechtzeitig - ein zustimmungsfähiges Substrat vorlegen, aus dem hervorgeht, wie genau und in welchem Ausmaß die Räume in seiner drei Etagen umfassenden Einheit umgebaut und anschließend genutzt werden sollen, einschließlich der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums (wie Treppenhäuser und Aufzug).
3. Entsprechendes kann naturgemäß nur nach Maßgabe bereits erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erfolgen, weswegen der Eigentümer auch diese - geschlossen - den übrigen Wohnungseigentümern zur Verfügung stellen muss.
4. Es reicht indes nicht aus, lediglich im Rechtsstreit zu versichern, bereits über entsprechende Genehmigungen zu verfügen, in diese bei Bedarf Einsicht zu geben, im Widerrufsfall (oder bei einer Versagung noch nicht beantragter Genehmigungen) Rückbaumaßnahmen zu veranlassen und die beabsichtigte Nutzung als "Privatklinik" zu unterlassen.
VolltextOnline seit 18. Juni
IMRRS 2024, 0795LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 48/23
1. Ein Beschluss über eine Baumaßnahme nach § 20 Abs. 1 WEG entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die auf konkreten Tatsachen beruhende Gefahr besteht, dass Eigentümer hierdurch ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werden.*)
2. Wird einem Eigentümer der Einbau eines technischen Geräts gestattet (hier Klimaanlage), sind insoweit nicht nur die Nachteile durch den unmittelbaren Einbau zu berücksichtigen, sondern auch die Nachteile, die bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu erwarten sind. Die Gemeinschaft hat ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass der Gebrauch nicht zu Beeinträchtigungen i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG führt.*)
VolltextOnline seit 12. Juni
IMRRS 2024, 0701AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.05.2024 - 980a C 18/22 WEG
1. Schließt eine Wohnungseigentümergemeinschaft für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung ab, handelt es sich - mit Ausnahme von etwaigem Verbandseigentum - anerkanntermaßen um eine Versicherung auf fremde Rechnung; Versicherungsnehmer ist der rechtsfähige Verband, während Versicherte die einzelnen Wohnungseigentümer sind, und zwar sowohl für ihren ideellen Anteil am Gemeinschaftseigentum als auch für ihr Sondereigentum.
2. Daraus folgt, dass im Schadensfall nur die Gemeinschaft gegenüber dem Gebäudeversicherer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann, während der einzelne Wohnungseigentümer weder aktivlegitimiert noch klagebefugt ist.
3. Sofern der geschädigte Wohnungseigentümer also aus Rechtsgründen daran gehindert ist, seinen Schaden selbst beim Gebäudeversicherer zu liquidieren, kann und darf er - insbesondere im Lichte des zwischen ihm und der Gemeinschaft bestehenden Schuldverhältnisses, das auch Schutz- und Rücksichtnahmepflichten umfasst - erwarten, dass "sein" Verband die entsprechenden Interessen und Ansprüche ihres (mit-)versicherten Sondereigentümers pflichtgemäß gegenüber dem Versicherer verfolgt, auch durch eine sorgfältige Prozessführung.
4. Der Verband, der solche Ansprüche gegen den Versicherer bereits klageweise verfolgt, muss den bereits begonnenen Rechtsstreit pflichtgemäß - also unter Beachtung aller zivilprozessualen Grundsätze - fortführen und darf sich nicht darauf beschränken, stattdessen (ohne nachvollziehbare Gründe) nur den geschädigten Eigentümer in Anspruch zu nehmen.
VolltextOnline seit 11. Juni
IMRRS 2024, 0649AG München, Urteil vom 20.07.2023 - 1293 C 13691/22 WEG
1. Die Verwaltungsbeiräte dürfen sich für die ihnen obliegende Prüfung fachkundiger Hilfe bedienen, z. B. durch Hinzuziehung von Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern.
2. Allein die Untätigkeit des Beirats stellt keinen Anfechtungsgrund dar.
3. Beschlüsse der Eigentümerversammlung, die unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zu Stande kommen, sind auf Antrag für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes für die Beschlussfassung nicht ausschließen lässt.
4. Wenn von den in der Versammlung anwesenden Eigentümern keine Rüge hinsichtlich der Anwesenheit an sich nicht teilnahmeberechtigter Personen bei der Eigentümerversammlung erhoben wird, kann diesem Verhalten der Eigentümer jedenfalls ein stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit entnommen werden.
5. Eine Berufung zu einem späteren Zeitpunkt darauf, dass die Beschlüsse wegen eines Verstoßes gegen die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen sind, ist den Eigentümern, wenn sie rügelos die Anwesenheit einer dritten Person zugelassen haben, aus den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt. Dies gilt erst recht, wenn der anfechtende Eigentümer nur ihm nicht genehme Beschlüsse angreift.
6. Fehler der Jahresabrechnung führen nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, soweit der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze auswirkt.
7. Der anfechtende Eigentümer muss innerhalb der Begründungsfrist auch vortragen, dass und in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt.
VolltextOnline seit 10. Juni
IMRRS 2024, 0648AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 06.05.2024 - 980b C 23/23 WEG
1. Legen die Wohnungseigentümer einem Beschluss über eine Sonderumlage einen fehlerhaften Verteilungsschlüssel zu Grunde, wird damit zwar die endgültige Kostenverteilung noch nicht verbindlich festgelegt, dieser Beschluss zur Ergänzung des Wirtschaftsplans ist aber anfechtbar.
2. Ob dieser fehlerhafte Verteilungsschlüssel bewusst oder unbewusst gewählt worden ist, ist für die Frage der Ordnungsmäßigkeit im Rahmen der Anfechtungsklage nicht von Belang.
3. Schon aus dem Beschluss selbst muss hinreichend konkret hervorgehen, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine von der bisherig geltenden Kostenverteilung abweichende Regelung zu beschließen.
4. Typischerweise entspricht eine abweichende Kostenverteilung, gestützt auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.
5. Dies ist zu verneinen, wenn der betroffene Eigentümer durch den neuen Verteilungsschlüssel erheblich mehr belastet wird (hier um den Faktor 2,4), ohne dass er von der Maßnahme unmittelbar selbst partizipiert.
VolltextIMRRS 2024, 0617
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 25.04.2024 - 980a C 40/23 WEG
1. Ein Anerkenntnis darf als Prozesshandlung nicht unter einer Bedingung erklärt werden. Eine unzulässige Bedingung stellt es prozessual nur dann nicht dar, wenn der Beklagte sein Anerkenntnis davon abhängig macht, dass die - von Amts wegen zu prüfenden - Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage erfüllt werden.
2. Ein(e) Anerkenntnis(erklärung) ist nicht für wirksam zu erachten, sofern die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft diese(s) von der Einhaltung der Klagefrist abhängig macht. Denn bei den Klagefristen nach § 45 Satz 1 WEG (Klage- und Klagebegründungsfrist) handelt es sich nicht um Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage, sondern um materiell-rechtliche Ausschlussfristen.
VolltextOnline seit 5. Juni
IMRRS 2024, 0750BGH, Urteil vom 23.02.2024 - V ZR 132/23
1. Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; dies gilt auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage betreffen.*)
2. Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen (hier: Aufnahme von Vergleichsverhandlungen und Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung der Prozesskosten) zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.*)
3. Grundsätzlich muss in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.*)
Online seit 3. Juni
IMRRS 2023, 1617VerfGH Bayern, Entscheidung vom 26.10.2023 - Vf. 6-VII-22
1. Zur aufgrund der Autonomie des Parlaments eingeschränkten verfassungsrechtlichen Überprüfung des einem Gesetzesbeschluss vorausgehenden parlamentarischen Beratungsverfahrens.*)
2. Die Regelung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gem. Art. 46 Abs. 4 BayBO ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Sie verletzt insbesondere weder das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV).*)
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