Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
4717 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2020
IMRRS 2020, 1244LG Berlin, Beschluss vom 14.03.2019 - 67 S 271/18
Der Pflichtverletzung des Mieters kann das für eine Kündigung des Mietverhältnisses gemäß §§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderliche Gewicht fehlen, wenn ihm wegen eines vermeidbaren Tatsachenirrtums nur geringes Verschulden zur Last fällt. Davon ist auszugehen, wenn der Mieter vom Vermieter beabsichtigte Beseitigungsmaßnahmen trotz Vorliegens eines Mangels nicht duldet, weil er nach Einholung eines von ihm beauftragten Privatgutachtens irrtümlich von der Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen ausgeht, es läge tatsächlich kein Mangel vor (hier: Streit über Schwammbefall).*)
VolltextIMRRS 2020, 1233
AG Tecklenburg, Urteil vom 29.01.2020 - 5 C 33/19
1. Bei der Abwehr von Ansprüchen geht die Rechtsprechung regelmäßig nicht von einem Kostenerstattungsanspruch aus. Es gehört vielmehr zum allgemeinen Lebensrisiko, mit einem unberechtigten Schadensersatzverlangen konfrontiert zu werden.
2. Besteht zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis, kann die Geltendmachung eines unberechtigten Anspruchs zwar eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 Abs. 1 darstellen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Anspruchsberühmung eine vertretbare rechtliche Beurteilung zu Grunde liegt.
VolltextIMRRS 2020, 1223
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.05.2020 - 33 C 2685/19
1. Ein Mieter muss, auch wenn er in Kenntnis einer vorhandenen Gaststätte im Haus eine Wohnung anmietet, nicht jede erdenkliche Lärmbelästigung hinnehmen, insbesondere Betriebsänderungen können eine ursprünglich zu duldende Beeinträchtigung nunmehr als unzumutbar erscheinen lassen. Entscheidend ist jeweils, ob der Mieter bei Anmietung und Kenntnis der Umstände mit der Beeinträchtigung rechnen musste.
2. Es besteht keine Hinweispflicht seitens des Vermieters, wenn ein Gaststättenbetrieb grundsätzlich vorhanden und erkennbar ist.
3. Die nachträgliche Umnutzung eines Lokals in eine Shisha-Bar kann aufgrund der auftretenden Geruchsbelästigung eine besondere und bei Anmietung der Wohnung nicht zu erwartende Beeinträchtigung der Wohnnutzung darstellen, ebenso eine nachträglich installierte Abluftanlage unmittelbar vor den Fenstern der Mieter.
VolltextIMRRS 2020, 1156
AG München, Urteil vom 03.08.2018 - 411 C 976/18
1. Wird im Mietvertrag ein Vorbehalt bzgl. der Genehmigung der Hundehaltung vereinbart, darf die Genehmigung vom Vermieter nur aus gewichtigen sachlichen Gründen versagt werden.
2. Für einen Zustimmungsantrag genügt es, wenn der Mieter Rasse und Größe des anzuschaffenden Hundes mitteilt. Der Mieter kann nicht gezwungen werden, den gewünschten Hund schon vor Erteilung der Zustimmung seitens des Vermieters zu erwerben, um den Klageantrag genauer bestimmen zu können.
VolltextIMRRS 2020, 1131
AG Gelsenkirchen, Urteil vom 26.06.2020 - 202 C 19/20
1. Für die Zusammenfassung der Betriebskosten nach Wirtschaftseinheiten ist erforderlich, dass der Mietvertrag dem nicht entgegensteht, die Gebäude einheitlich verwaltet werden, im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang stehen und keinen wesentlichen Unterschied im Wohnwert aufweisen sowie gleichartiger Nutzung dienen.
2. Handelt es sich nicht um eine Wirtschaftseinheit, ist eine Zusammenfassung mehrerer Häuser bei der Betriebskostenabrechnung unzulässig.
3. Der Vermieter ist beweispflichtig für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bildung einer Wirtschaftseinheit.
VolltextIMRRS 2020, 1129
AG Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 18.08.2020 - 4 C 113/19
1. Für das Zustimmungsverlangen gelten keine Wartefristen, sondern lediglich die gesetzlich geregelten Ausschlussfristen. Es bleibt jedem Vermieter unbenommen, sein Mieterhöhungsverlangen bereits frühzeitig auf einen in der Zukunft liegenden Wirkungszeitpunkt zu beziehen.
2. Bei einem prozessualen Anerkenntnis handelt es sich um eine Prozesshandlung, die vom Abgebenden nicht mehr beseitigt werden kann.
3. Ein fehlender Balkon ist nicht negativ zu bewerten, wenn im Rahmen eines Millieuschutzes das Anbringen eines Balkons baurechtlich nur in Betracht käme, wenn dies der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards dient. Dies wäre nur der Fall, wenn ein Balkonanbau als Standard dem bundesdurchschnittlichen Wohnniveau entspräche.
4. Für die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit des MietenWoG Bln ist weder auf den Antrag auf Abschluss eines Mieterhöhungsvertrags noch auf die durch rechtskräftiges Urteil fingierte Zustimmung des Mieters abzustellen, sondern vielmehr auf den Wirkungszeitpunkt der Mieterhöhung.
5. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln stellt die für eine Mieterhöhung zivilrechtlich erforderliche vertragliche Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter selbst unter ein Verbot. Im Zusammenspiel mit § 134 BGB führt dies dazu, dass schon die zivilrechtliche Einigung über die Mieterhöhung nichtig ist.
6. Die Regelungen des sozialen Mietrechts bzw. Mietpreisrechts fallen in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 72 GG.
7. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln ist verfassungswidrig.
VolltextIMRRS 2020, 1212
KG, Urteil vom 02.10.2020 - 17 U 18/18
1. Eine differenzierte Preisabrede, die eine Preiserhöhung von der Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. abstrakt vom Erlöschen mietvertraglicher Bindungen abhängig macht, ist im Verhältnis zum vorkaufsberechtigten Mieter unwirksam.*)
2. Eine differenzierte Preisabrede, die eine Preiserhöhung von der Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. abstrakt vom Erlöschen mietvertraglicher Bindungen abhängig macht, widerspricht im Verhältnis zum Mieter dem Gesetzeswortlaut, wonach eine zum Nachteil des Mieters von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarung unwirksam ist.
3. § 577 Abs. 5 BGB soll dem Mieter die Möglichkeit eröffnen, die Wohnung zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter für die Wohnung zu zahlen bereit ist. Dabei kann es sich nur um den Preis für die vermietete Wohnung handeln, denn das Verkaufsobjekt, das einem Mietervorkaufsrecht unterliegt, ist notwendigerweise eine vermietete Wohnung.
VolltextIMRRS 2020, 1201
AG Garmisch-Partenkirchen, Urteil vom 29.07.2020 - 6 C 281/19
Einem Mieter, der den Hausfrieden stört, indem er täglich - auch nachts und an Feiertagen - den Vermieter anruft, um sich zu beschweren, der den Mitmietern Verhaltensregeln auferlegen und sie maßregeln will sowie sie beleidigt und grundlos bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Verwaltung anzeigt, kann ordentlich gekündigt werden.
VolltextIMRRS 2020, 1200
AG Bonn, Urteil vom 04.09.2020 - 203 C 53/20
1. Unter dem Wohnwertmerkmal der Ausstattung wird alles verstanden, was der Vermieter dem Mieter zur ständigen Benutzung zur Verfügung gestellt hat und für das der Mieter keine besondere Vergütung zu zahlen hat.
2. Werden den Mietern in der Waschküche Waschmaschinen und Trockner zur Verfügung gestellt, die von Vermieterseite gestellt werden, liegt somit ein wohnwerterhöhender zusätzlicher Nutzraum außerhalb der Wohnung vor - sofern Waschmaschine und Trockner unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
VolltextIMRRS 2020, 1185
AG Fulda, Beschluss vom 18.06.2020 - 51 M 1342/20
1. Allein die Anzahl der bei der Räumung beteiligten Personen führt nicht dazu, dass diese nicht durchgeführt werden kann.
2. Vom Gerichtsvollzieher muss versucht werden, die Räumung unter Beachtung des Mindestabstands von 1,5 m durchzuführen, was nicht grundsätzlich und immer unmöglich ist.
3. Sofern die Einhaltung im Einzelfall nicht möglich ist, muss der Gerichtsvollzieher dann geeignete Schutzmaßnahmen prüfen und gegebenenfalls anordnen, mit denen dem Risiko einer Infektion begegnet werden kann.
VolltextIMRRS 2020, 1199
LG Berlin, Beschluss vom 11.08.2020 - 67 S 140/20
1. Für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist grundsätzlich auf die tatsächliche Ausstattung der Mietsache abzustellen.*)
2. Vorhandene Ausstattungsmerkmale sind auch dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter sie selbst geschaffen oder jedenfalls die Kosten der Anschaffung getragen hat, sofern den Vermieter insoweit gem. § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht trifft (hier: Berücksichtigung einer Einbauküche trotz eines vom Mieter monatlich zu entrichtenden „Küchenzuschlags“ von 35 Euro).*)
VolltextIMRRS 2020, 1175
LG Berlin, Beschluss vom 25.09.2019 - 65 S 174/19
1. Ein Mieter hat Instandhaltungsmaßnahmen des Vermieters in der Wohnung zu dulden. Jedoch bedarf es einer rechtzeitigen Ankündigung entsprechender Maßnahmen gegenüber dem Mieter.
2. Zudem muss die jeweilige Maßnahme zur Erhaltung der Mietsache objektiv erforderlich sein.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des Eigenbedarfs ist der des Ausspruchs der Eigenbedarfskündigung. Wobei die Voraussetzungen nach Kündigungsausspruch bis zum Kündigungstermin nicht wegfallen dürfen.
4. Der Kündigung wegen Eigenbedarfs muss ein Nutzungswunsch zu Grunde liegen, der sich soweit "verdichtet" hat, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht.
VolltextIMRRS 2020, 1168
LG Berlin, Urteil vom 24.06.2020 - 65 S 149/19
1. Nach dem Berliner Mietspiegel ist es möglich, eine Wohnung in einem älteren Gebäude einer jüngeren Baualtersklasse zuzuordnen.
2. Für die Einordnung einer Wohnung in eine jüngere Baualtersklasse reichen jedoch einzelne Modernisierungsmaßnahmen nicht aus; die Wohnung muss durch die Modernisierung vielmehr den baulichen Standard einer Neubauwohnung erhalten haben.
3. Nicht jede (erstmalige) Umwandlung von Gewerberäumen in Wohnräume führt dazu, dass die Räumlichkeiten nunmehr in jedem Fall der Baualtersklasse zugeordnet werden, die durch die Bezugsfertigkeit der früheren Gewerberäume als Wohnräume markiert wird. Vielmehr müssen auch hier die Umbaumaßnahmen dazu führen, dass die nunmehr als Wohnräume genutzten Räumlichkeiten den Charakter bzw. baulichen Standard einer Neubauwohnung erreichen.
VolltextIMRRS 2020, 1173
AG Pankow/Weißensee, Urteil vom 22.07.2020 - 7 C 420/19
Bietet der Vermieter dem Mieter einen Nachlass auf die Miete von 10% an, wenn der Mieter die Mieten bis einschließlich eines bestimmten Monats im Voraus zahlt, so einigen sich die Parteien lediglich auf eine Vorauszahlung der Miete, der Mietvertrag wird hierdurch jedoch nicht bis zu diesem Monat befristet.
VolltextIMRRS 2020, 1167
LG Freiburg, Beschluss vom 25.05.2020 - 4 T 52/20
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2020, 1150
LG Berlin, Urteil vom 15.07.2020 - 65 S 285/19
Der Mieter hat ein Einsichtsrecht in den Wärmecontracting-Vertrag zwischen seinem Vermieter und dem Versorger, wenn der zwischen ihm und dem Versorger geschlossene "Wärmeliefervertrag" über die Preisgestaltung schweigt.
VolltextIMRRS 2020, 1149
AG Brandenburg, Urteil vom 28.08.2020 - 31 C 231/19
1. Die einer Bürgschaft unterliegenden Ansprüche müssen im Bürgschaftsvertrag nicht im Einzelnen aufgeführt und bezeichnet sein. Es genügt vielmehr, wenn ihr Umfang "bestimmbar" ist und sich in Zweifelsfällen durch Auslegung ermitteln lässt.
2. Wer eine Erklärung abgibt, deren Tragweite er gegebenenfalls nicht kennt, kann sich grundsätzlich nicht später dann auf seine vermeintliche "Unwissenheit" berufen.
3. Schickt der Bürge seine schriftliche Bürgschaftserklärung dem abwesenden Gläubiger zu, ist es regelmäßig als Bestätigung von dessen Annahmewillen i.S.d. § 151 Satz 1 BGB anzusehen, wenn der Gläubiger diese Bürgschaftsurkunde behält.
4. Ein Bürge, der sich für unbestimmte Zeit für die Verbindlichkeiten eines Mieters ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Kündigungsrechts verbürgt hat, hat nach Ablauf eines gewissen Zeitraums oder bei Eintritt besonderer Umstände das Recht, die Bürgschaft mit Wirkung für die Zukunft zu beenden. Der Bürge, der sich aus seiner Haftung für die Zukunft befreien will, hat allerdings auf die berechtigten Interessen des Vermieters Rücksicht zu nehmen.
5. Um diesem Interesse gerecht zu werden, bedarf die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des Bürgen einer Einschränkung dahin, dass die Kündigung erst zu einem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem der Vermieter das Mietverhältnis ordentlich kündigen kann. Die Möglichkeit außerordentlich zu kündigen, reicht hingegen nicht aus.
6. Der Vermieter darf über den Rahmen von § 551 BGB hinaus keine zusätzliche Sicherheit von seinem Mieter fordern. Verbürgt sich aber eine dritte Person quasi unaufgefordert unter der Bedingung des Abschlusses eines Mietvertrags gegenüber dem Vermieter, ohne dass dadurch erkennbar der Mieter belastet wird, ist die Annahme einer solchen Bürgschaft durch den Vermieter wirksam und die Bürgschaft selbst auch nicht nach § 551 BGB zu beanstanden.
VolltextIMRRS 2020, 1162
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 29.01.2020 - 531 C 180/19
1. Beim anlassbezogenen Besichtigungsrecht genügt zwar nicht jeder beliebige Anlass. Allerdings kann der Mieter sich auch nicht darauf zurückziehen, dass nur schwer wiegende Störungen oder Gefahren ein Besichtigungsrecht rechtfertigen können.
2. Bringt der Mieter Lampen an, hat der Vermieter ein Besichtigungsrecht.
3. Denn der Vermieter ist zwar nicht zu einem E-Check verpflichtet (vgl. BGH, IMR 2008, 401, und IMR 2007, 141), er darf aber einen E-Check durchführen - erst recht, wenn Veränderungen an der Elektrik vorgenommen worden sein könnten.
VolltextIMRRS 2020, 1145
BGH, Urteil vom 02.09.2020 - VIII ZR 35/19
Ehegatten gehören auch dann derselben Familie i.S.d. § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB an, wenn sie getrennt leben oder geschieden sind (Fortführung des Senatsurteils vom 27.01.2010, IMR 2010, 124).*)
VolltextIMRRS 2020, 1104
LG karlsruhe, Beschluss vom 08.09.2020 - 9 S 71/20
1. Die bloße Nutzung einer Wohnung rechtfertigt in der Regel die Annahme des Zustandekommens eines - konkludenten - Mietvertrags nicht. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter/Eigentümer die Nutzung über einen längeren Zeitraum geduldet und hierfür vereinzelt Zahlungen erhalten hat.
2. Der sich aus § 546 BGB ergebende Anspruch wird nicht dadurch verwirkt, dass er längere Zeit nicht geltend gemacht wird.
VolltextIMRRS 2020, 1124
EuGH, Urteil vom 22.09.2020 - Rs. C-727/18
1. Art. 1 und 2 Richtlinie 2006/123/EG sind dahin auszulegen, dass die Richtlinie auf eine Regelung eines Mitgliedstaats über gewerblich oder privat ausgeübte Tätigkeiten der regelmäßigen Kurzzeitvermietung von möblierten Wohnungen an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, anwendbar ist.*)
2. Art. 4 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Wohnraumvermietung von einer vorherigen Genehmigung abhängig macht, unter den Begriff der Genehmigungsregelung im Sinne von Nr. 6 der Vorschrift fällt.*)
3. Art. 9 Abs. 1 b und c Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die bestimmte Tätigkeiten der regelmäßigen Kurzzeitvermietung von möblierten Wohnungen an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, um ein ausreichendes Angebot an Wohnungen, die längerfristig zu erschwinglichen Preisen vermietet werden, zu gewährleisten, in bestimmten Gemeinden mit besonders hohem Mietpreisdruck einer Regelung der vorherigen Genehmigung unterwirft, durch den zwingenden Grund des Allgemeininteresses der Bekämpfung des Mietwohnungsmangels gerechtfertigt und in Bezug auf das angestrebte Ziel verhältnismäßig ist, da dieses nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, insbesondere weil eine nachträgliche Kontrolle zu spät erfolgen würde, um wirksam zu sein.*)
4. Art. 10 Abs. 2 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, mit der eine Regelung eingeführt wird, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Vermietung von möblierten Wohnungen von einer vorherigen Genehmigung, die auf den Kriterien beruht, dass es sich um eine "regelmäßige Kurzzeitvermietung ... an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen", handelt, abhängig macht und die örtlichen Behörden ermächtigt, die Voraussetzungen für die Erteilung der entsprechenden Genehmigungen nach den Vorgaben der Regelung im Hinblick auf das Ziel der sozialen Vermischung und unter Berücksichtigung der Lage auf den örtlichen Wohnungsmärkten und der Erforderlichkeit, den Wohnungsmangel nicht zu verstärken, im Einzelnen festzulegen und die Genehmigungen bei Bedarf mit der Verpflichtung zu einem Ausgleich durch gleichzeitige akzessorische Umwandlung von anders genutztem Raum in Wohnraum zu verbinden, nicht entgegensteht, sofern die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigungen den Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 Richtlinie 2006/123/EG entsprechen und die Ausgleichspflicht unter transparenten und zugänglichen Bedingungen erfüllt werden kann.*)
VolltextIMRRS 2020, 1123
EuGH, Urteil vom 22.09.2020 - Rs. C-724/18
1. Art. 1 und 2 Richtlinie 2006/123/EG sind dahin auszulegen, dass die Richtlinie auf eine Regelung eines Mitgliedstaats über gewerblich oder privat ausgeübte Tätigkeiten der regelmäßigen Kurzzeitvermietung von möblierten Wohnungen an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, anwendbar ist.*)
2. Art. 4 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Wohnraumvermietung von einer vorherigen Genehmigung abhängig macht, unter den Begriff der Genehmigungsregelung im Sinne von Nr. 6 der Vorschrift fällt.*)
3. Art. 9 Abs. 1 b und c Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die bestimmte Tätigkeiten der regelmäßigen Kurzzeitvermietung von möblierten Wohnungen an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, um ein ausreichendes Angebot an Wohnungen, die längerfristig zu erschwinglichen Preisen vermietet werden, zu gewährleisten, in bestimmten Gemeinden mit besonders hohem Mietpreisdruck einer Regelung der vorherigen Genehmigung unterwirft, durch den zwingenden Grund des Allgemeininteresses der Bekämpfung des Mietwohnungsmangels gerechtfertigt und in Bezug auf das angestrebte Ziel verhältnismäßig ist, da dieses nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann, insbesondere weil eine nachträgliche Kontrolle zu spät erfolgen würde, um wirksam zu sein.*)
4. Art. 10 Abs. 2 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, mit der eine Regelung eingeführt wird, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Vermietung von möblierten Wohnungen von einer vorherigen Genehmigung, die auf den Kriterien beruht, dass es sich um eine "regelmäßige Kurzzeitvermietung ... an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen", handelt, abhängig macht und die örtlichen Behörden ermächtigt, die Voraussetzungen für die Erteilung der entsprechenden Genehmigungen nach den Vorgaben der Regelung im Hinblick auf das Ziel der sozialen Vermischung und unter Berücksichtigung der Lage auf den örtlichen Wohnungsmärkten und der Erforderlichkeit, den Wohnungsmangel nicht zu verstärken, im Einzelnen festzulegen und die Genehmigungen bei Bedarf mit der Verpflichtung zu einem Ausgleich durch gleichzeitige akzessorische Umwandlung von anders genutztem Raum in Wohnraum zu verbinden, nicht entgegensteht, sofern die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigungen den Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 Richtlinie 2006/123/EG entsprechen und die Ausgleichspflicht unter transparenten und zugänglichen Bedingungen erfüllt werden kann.*)
VolltextIMRRS 2020, 1116
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 - VIII ZR 59/20
Eine Mieterin, die jahrelang mit den anderen Hausbewohnern im Streit liegt, stört nachhaltig den Hausfrieden und muss ihre Wohnung räumen. Das Verhalten ihres Lebensgefährten, der sich mit ihrem Einverständnis in der Wohnung aufhält und Mitmieter beleidigt sowie bedroht, kann zu ihren Lasten berücksichtigt werden.
VolltextIMRRS 2020, 0995
AG Charlottenburg, Urteil vom 20.03.2020 - 238 C 188/19
1. Lehnt der Mieter die Beseitigung eines wohnwertmindernden Merkmals ab, kann er sich später bei einer Mieterhöhung hierauf nicht mehr berufen.
2. Die Höhe der Heizkosten alleine lässt auf eine unzureichende Wärmedämmung nicht schließen, da der Heizverbrauch durch die Bedürfnisse des Mieters individuell bestimmt wird und keinen zwingenden Schluss darauf zulässt, dass höhere Kosten auf einer unzureichenden Wärmedämmung beruhen.
3. Vor Inkrafttreten des MietenWoG Bln zugegangene Mieterhöhungsverlangen sind trotz der Stichtagsregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln wirksam. Im Übrigen kann das MietenWoG Bln bei verfassungskonformer Auslegung Ansprüche des Vermieters aus §§ 558 ff. BGB nicht beschränken.
VolltextIMRRS 2020, 1076
LG Berlin, Urteil vom 24.01.2020 - 63 S 159/19
Reagiert der Mieter auf ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters mit einem Schreiben, dass die Erhöhung nur unter Vorbehalt gezahlt werde, so stellt der Ablauf der Klagefrist des Mieterhöhungsverlangens eine zeitlich Zäsur dar. Da der Vermieter danach keine Rechte mehr aus dem Mieterhöhungsverlangen geltend machen kann, bedeutet die weitere Zahlung der Mieterhöhung ab diesem Zeitpunkt, dass sie vorbehaltlos erfolgt, sofern der Mieter nicht erneut den Vorbehalt erklärt.
VolltextIMRRS 2020, 1103
AG Brandenburg, Urteil vom 14.09.2020 - 31 C 168/19
Die Höhe einer Mietminderung gemäß § 536 BGB bemisst sich nach der objektiven Beeinträchtigung des vertraglich geschuldeten Gebrauchs im Zeitraum des Mietmangels und nicht nach der Höhe der Mieterhöhung nach einer erfolgten Modernisierungsmaßnahme (§ 559 BGB) zuzüglich der entsprechenden anteiligen Betriebskostenvorauszahlung.*)
VolltextIMRRS 2020, 0979
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 25.05.2020 - 20 C 305/18
1. Der Vermieter schuldet die Wiederherstellung des schimmelfreien Zustands der überlassenen Räumlichkeiten. Wie er diesen Zustand herstellt, steht jedoch in seinem Ermessen.
2. Bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder gegebenenfalls zugleich der Modernisierung dienen, kann im Grundsatz nicht mehr beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich bleiben.
3. Der Mieter kann nicht vorgeben, dass der Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden - herausgegeben vom Bundesumweltamt im Jahr 2017- zur einzig maßgebenden Grundlage einer Mängelbeseitigung gemacht wird.
4. Gesundheitsschädliche Wohnwertbeeinträchtigungen begründen nur dann einen Mangel, wenn hierdurch im Einzelfall nach objektiven Maßstäben auch die begründete Besorgnis einer Gesundheitsgefahr besteht; eine bloße abstrakte Gefahr reicht ebenso wenig aus wie bloße subjektive Vorstellungen.
5. Ein Sachmangel liegt nur vor, wenn der Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen nicht in Einklang steht.
VolltextIMRRS 2020, 1049
LG Berlin, Urteil vom 01.07.2020 - 65 S 19/20
1. Die Mietenbegrenzungsverordnung Berlin ist wirksam.
2. Ob der Berliner Mietspiegel ein qualifizierter Mietspiegel ist, kann dahinstehen, jedenfalls ist er ein einfacher Mietspiegel.
3. Das Vorhandensein bzw. Fehlen einer Spüle ist als am Wohnungsmarkt den Mietpreis beeinflussende Ausstattung anzusehen.
4. Üblicherweise wird lediglich der augenscheinlich sichtbare Zustand der Mietsache in einem Übergabeprotokoll festgehalten. Die Funktionsfähigkeit vorhandener Telefon- bzw. Kabelanschlussdosen wird hingegen darin nicht festgehalten.
VolltextIMRRS 2020, 1048
AG Köln, Urteil vom 07.07.2020 - 227 C 6/17
1. Ist die Wohnung aufgrund eines Wasserschadens nicht bewohnbar, weil das Wohnzimmer, das Esszimmer und die Küche sowie der Eingangsbereich vollständig durchnässt sind, das Parkett sich anhebt und zudem Trocknungsgeräte aufgestellt sind, ist die Miete auf null zu mindern.
2. Bei einer erfolgten Minderung der Miete auf null stehen dem Mieter für diesen Zeitraum nur die angefallenen Mehrkosten für die Unterbringung zu.
3. Ist die Wohnung wieder bewohnbar, geht von den nicht ausgetrockneten Wänden bzw. Estrich aber ein muffiger Geruch aus, ist eine Minderung von 5% angemessen.
4. Ein Verschulden des Vermieters ist nicht Voraussetzung für die Minderung.
5. Der Vermieter hat auch die vom Mieter eingebrachten Gegenstände, die durch den Wasserschaden beschädigt/zerstört wurden, zu ersetzen.
6. Ist dem Vermieter die Korrosion der Heizungsrohre bekannt und nimmt er die mangelnde Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zur Instandsetzung der Heizungsrohre dennoch hin und geht hiergegen nicht intensiv und zu guter Letzt im Klagewege vor, hat er den eingetretenen Mangel zu vertreten und kann sich nicht mit Erfolg entlasten.
VolltextIMRRS 2020, 1090
LG Berlin, Urteil vom 31.07.2020 - 65 S 71/20
1. Sinn und Zweck der "Stichtagsregelung" in § 3 des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin vom 11.02.2020 (GVBl 2020, 50), in Kraft getreten am 23.02.2020, war es nicht, den Beginn der allgemeinen (politischen) Diskussion mit der Rechtsfolge zu verbinden, an mieterhöhungswillige Vermieter ein Verbot zu adressieren dahingehend, einen aus geltenden Vorschriften des sozialen BGB-Wohnraummietrechts resultierenden Anspruch zu verfolgen. Eine andere Funktion der "Stichtagsregelung" schließt die 65. Zivilkammer des LG Berlin unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sowie mit Blick auf die BGH-Entscheidung vom 29.04.2020 (IMR 2020, 273) aus.
2. Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass ein Mieter, der erst in dem vom Gesetzgeber vorgesehenen gerichtlichen Verfahren (§ 558b BGB) zur Zustimmung verurteilt wird, die Erhöhungsbeträge alsdann nicht zahlen wird.
VolltextIMRRS 2020, 1087
LG Berlin, Urteil vom 30.07.2020 - 65 S 99/20
1. Verlangt der Vermieter Zustimmung zur Bruttomieterhöhung, ist es jedenfalls dann unschädlich, wenn in dem Mieterhöhungsverlangen eine ausdrückliche Angabe bzw. Berechnung der in der Miete enthaltenen Betriebskosten fehlt, wenn die begehrte Bruttokaltmiete unter dem Spannenunterwert des einschlägigen Mietspiegelfelds liegt.
2. Die formelle Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens wird von einem fehlerhaften Klageantrag nicht berührt.
3. § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln steht einem vor dem Senatsbeschluss vom 18.06.2019 zugegangenen Mieterhöhungsverlangen, dessen Wirkung der Vertragsänderung erst nach dem Stichtag eintritt, nicht entgegen.
VolltextIMRRS 2020, 1080
LG Berlin, Urteil vom 01.09.2020 - 67 S 108/20
Eine weit verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung ist rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter kann aus ihr keine Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten (hier: Ankündigung 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen).*)
VolltextIMRRS 2020, 1047
AG Hanau, Urteil vom 31.07.2020 - 32 C 136/20
1. Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ordnet lediglich eine Beweiserleichterung i.S.d. § 252 Satz 2 BGB an.
2. Der Mieter muss daher Tatsachen vortragen, die ausreichende Anhaltspukte begründen können, dass die Nichtleistung der Miete tatsächlich unmittelbar pandemiebedingt ist.
VolltextIMRRS 2020, 1034
AG Hamburg, Urteil vom 15.05.2020 - 49 C 493/19
1. Laufende Schönheitsreparaturen sind nur solche, die während der Mietzeit in Folge einer vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung erforderlich werden. Danach kommt es entscheidend darauf an, ob die Wohnung in einem möblierten Zustand den Eindruck einer renovierungsbedürftigen Wohnung vermittelt. Ob laufende Schönheitsreparaturen geschuldet sind, beurteilt sich demgemäß bei Beendigung des Mietverhältnisses nach dem möblierten und nicht nach dem geräumten Zustand bei Auszug des Mieters.*)
2. Soweit dem Mieter im Rahmen der mietvertraglichen Abwälzung von Schönheitsreparaturen entsprechend dem Wortlaut von § 28 Abs. 4 Satz 3 der II. BV aufgelegt wird, für das Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen Sorge zu tragen, wird nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich die Formulierung „von innen“ hinter dem Wort Außentüren auch auf die Fenster beziehen würde (ebenso schon AG Hamburg, Urteil vom 17.04.2020 - 46 C 321/15 und AG Hamburg, Urteil vom 26.01.2018 - 49 C 325/17, jeweils n.v.). Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Verwenders; § 305 c BGB.*)
3. Die mit der Nutzung durch den Mieter einhergehenden Abnutzungsspuren sind Folge des vertragsgemäßen Gebrauches und insoweit mit der Zahlung des Mietzinses abgegolten.*)
VolltextIMRRS 2020, 1030
LG Berlin, Urteil vom 15.06.2020 - 65 S 76/20
1. Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) geregelte Verbot erfasst bei verfassungskonformer Anwendung der Regelung nicht den zivilrechtlichen Anspruch des Vermieters im konkreten Einzelvertragsverhältnis auf Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete aus § 558 Abs. 1 BGB ("enges Verbot").*)
2. Ob und unter welchen Voraussetzungen § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG die Durchsetzbarkeit des aus der bewirkten Vertragsänderung resultierenden Zahlungsanspruchs hindert, ist damit nicht entschieden; der Vermieter kann die Vertragsänderung während der Geltungsdauer des MietenWoG vornehmen und sich die Zahlung des Erhöhungsbetrags (gegebenenfalls) für die Zeit danach (bereits jetzt) versprechen lassen, ohne dass damit das (landes-)gesetzgeberische Ziel verfehlt würde.*)
3. Nach Ausklammerung des Kompetenztitels "Wohnungswesen" aus dem Katalog der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG a.F.) kann sich nach Art. 70 Abs. 1 GG eine Landeskompetenz für öffentlich-rechtliche Bußgeldregelungen (auch) zur Durchsetzung im Wohnraummietrecht des BGB geregelter Tatbestände zur Begrenzung des Mietanstiegs ergeben (§ 556g Abs. 1, § 558 Abs. 6, § 559 Abs. 6 BGB).*)
4. Die Frage der Reichweite des Verbotstatbestands in § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln ist von grundsätzlicher Bedeutung, denn sie stellt sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen (in Berlin in potenziell knapp 1,5 Mio. Mietverhältnissen); die Revision ist daher zuzulassen.*)
VolltextIMRRS 2020, 1032
LG Berlin, Beschluss vom 25.06.2020 - 64 S 95/20
1. Leistet der Mieter nach Zugang eines auf § 558 BGB gestützten Mieterhöhungsverlangens die erhöhte Miete "unter Vorbehalt", liegt darin regelmäßig keine konkludente Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung.*)
2. Das Gesetz über den "Mietendeckel" (MietenWoG Bln) hat nach seinem Sinn und Zweck auf die gerichtliche Entscheidung über ein vor dem Stichtag des 18.06.2019 ausgebrachtes Mieterhöhungsverlangen keine Auswirkungen.*)
VolltextIMRRS 2020, 1031
LG Freiburg, Urteil vom 30.06.2020 - 9 S 4/20
1. Ist ein vorformulierter Vertragsbestandteil von den Parteien, obwohl nach der Gestaltung als Lückentext hierfür vorgesehen, nicht ausgefüllt worden, so wird die dort getroffene Regelung mangels Einigung regelmäßig nicht Bestandteil des Vertrags.*)
2. Werden in zwei unterschiedlichen Exemplaren, von denen eines beim Vermieter und eines beim Mieter verbleibt, die nach der Gestaltung hierfür vorgesehenen Felder teilweise unterschiedlich ausgefüllt, kann sich im Einzelfall ein übereinstimmend gewollter Erklärungsgehalt nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen gleichwohl eindeutig ermitteln lassen.*)
VolltextIMRRS 2020, 1033
LG Berlin, Urteil vom 31.07.2020 - 66 S 95/20
1. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Seit dem Inkrafttreten am 23.02.2020 ist § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln als gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB zu beachten. Im Umfang eines Verstoßes tritt die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Miethöhe ein. Eine Klage, mit der (erst) die Zustimmung zu einer verbotenen Miethöhe verlangt wird, ist unbegründet.
3. Ist nach dem 23.02.2020 gerichtlich über die Zustimmung zur Mieterhöhung zu entscheiden, so ist der Anspruch inhaltlich ab dem 01.03.2020 nach § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln, § 134 BGB auf den am Stichtag 18.06.2019 maßgeblichen Betrag begrenzt. Für die Höhe der vorher fällig gewordenen Monatsmieten gelten (ohne Anwendung von § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln) die bis zum 23.02.2020 maßgeblichen Vorschriften.
VolltextIMRRS 2020, 1025
LG Berlin, Urteil vom 17.04.2020 - 65 S 176/19
1. Mieten Lebenspartner, unabhängig von einer Eintragung ihrer Lebenspartnerschaft, Eheleute oder Eltern(-teile) und (erwachsene) Kinder eine Wohnung gemeinsam, bedarf es einer übereinstimmenden Willenserklärung von Mietern und Vermieter, dass ein aus der Mietermehrheit ausscheidender Mieter durch einen Dritten ersetzt werden soll. Allein eine Mehrheit von Mieterin begründet deshalb keinen Anspruch gegenüber dem Vermieter, einem Austritt eines Mitmieters oder seinem Austausch durch einen Dritten zuzustimmen.
2. Ein Wechselrecht der Mieter besteht nur, wenn es von vorneherein eine Grundlage des Vertrags bildet oder später mit dem Vermieter vereinbart wurde.
VolltextIMRRS 2020, 0980
LG Mannheim, Urteil vom 08.07.2020 - 4 S 76/19
1. Die vertraglich bestimmte Nutzungsart bleibt für das Mietverhältnis und seine Abwicklung bestimmend, auch wenn der Mieter die Nutzungsart ändert und der Vermieter hiervon Kenntnis hat.
2. Enthält ein Altmietvertrag sowohl eine Vorfälligkeitsregelung (Mietzahlung bis zum 3. eines Monats) als auch eine Rechtzeitigkeitsklausel (Geld muss zu diesem Zeitpunkt auf dem Konto des Vermieters sein), führt die Unwirksamkeit der Rechtzeitigkeitsklausel (vgl. BGH, IMR 2017, 46) auch zur Unwirksamkeit der Vorfälligkeitsregelung.
3. Die fristlose Kündigung wegen unzulässiger Untervermietung bedarf zuvor einer Abmahnung.
4. Bei zwei separaten Mietverhältnissen kann eine Abmahnung betreffend einer Wohnung nicht als Abmahnung betreffend der anderen Wohnung angesehen werden.
VolltextIMRRS 2020, 0988
LG Leipzig, Urteil vom 12.05.2020 - 2 S 401/19
Zwar kann eine wiederholte unpünktliche Zahlung Grund für den Ausspruch einer Kündigung sein. Diese muss aber zeitnah zu den Vertragsverstößen des Mieters erfolgen.
IMRRS 2020, 0987
LG Berlin, Beschluss vom 06.08.2020 - 67 S 109/20
1. Die in § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln landesrechtlich angeordnete Mietpreisbegrenzung ist - zur Überzeugung der Zivilkammer 67 des LG Berlin - verfassungswidrig (Festhaltung Kammer, IMR 2020, 196; Bestätigung BayVerfGH, Beschluss vom 16.07.2020 - Vf. 32-IX-20, IMRRS 2020, 0863 (Unzulässigkeit eines Volksbegehrens für einen bayerischen "Mietenstopp").*)
2. § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln wäre im Falle seiner Verfassungsgemäßheit im Zivilprozess zu beachten. Zustimmungsklagen im zeitlichen Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln wären abzuweisen.*)
3. Ein nach dem 18.06.2020 zugegangenes Mieterhöhungsverlangen unterfiele im Falle der Verfassungsgemäßheit des MietenWoG Bln dem in § 3 Abs. 1 MietenWoG Bln angeordneten "Mietenstopp" auch dann zur Gänze, wenn der Vermieter die Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses bereits ab einem Zeitpunkt verlangt, der noch vor dem Inkraftreten des MietenWoG Bln am 23.02.2020 liegt (Abgrenzung zu LG Berlin, Urteil vom 31.07.2020 - 66 S 95/20).*)
VolltextIMRRS 2020, 0976
LG München I, Urteil vom 30.07.2020 - 31 S 17737/19
Die Kündigung eines Heimvertrags, mit welchem dem Betreuten ein Zimmer überlassen wird, bedarf nach § 1907 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Wirksamkeit grundsätzlich der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Dies gilt im Hinblick auf § 1 WBVG nur dann nicht, wenn zwischen den Parteien eine vertragliche Vereinbarung dahingehend besteht, dass sich das Heim zur Erbringung und der Bewohner zur Abnahme von Pflegeleistungen verpflichten. Nicht ausreichend ist lediglich die Erklärung des Heims, für den Fall einer festgestellten, dauernden Pflegebedürftigkeit eine anderweitige geeignete und dem Gesundheitszustand des Bewohners angemessene Unterkunft und Versorgung anzubieten.*)
VolltextIMRRS 2020, 0963
AG Berlin-Mitte, Beschluss vom 18.05.2020 - 113 C 5055/19
1. Mängel sind für die Einordnung im Mietspiegel nicht relevant.
2. Es kommt nicht auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens vor dem Stichtag des MietenWoG Bln an, sondern auf die Abgabe beider Willenserklärungen (entgegen BGH, IMR 2020, 273).
3. § 3 MietenWoG Bln ist verfassungswidrig. Die Kompetenz "Wohnungswesen" kann nicht als Kompetenzgrundlage herangezogen werden.
VolltextIMRRS 2020, 0962
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 04.02.2020 - 5 C 28/19
1. Für die Bemessung der ortsüblichen Vergleichsmiete kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens und damit auf den zu diesem Zeitpunkt gültigen Mietspiegel an.
2. Allerdings ist für den Fall, dass die Werte des für die Wohnung maßgeblichen Rasterfelds durch eine negative Veränderung der Wohnlage seit dem Stichtag des älteren Mietspiegels erheblich und ungewöhnlich gesunken sind, ein Stichtagsabschlag zulässig (vgl. für den umgekehrten Fall einer ungewöhnlichen Steigerung der Mietpreise BGH, IMR 2017, 181).
VolltextIMRRS 2020, 0961
BGH, Urteil vom 08.07.2020 - VIII ZR 270/18
1. An die Stelle einer nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksamen Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter bei einer ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert bzw. renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (Bestätigung der Senatsurteile IMR 2008, 261; IMR 2015, 220; vom 08.07.2020 - VIII ZR 163/18, IMRRS 2020, 0960).*)
2. Die hiernach den Vermieter treffende Instandhaltungslast - vorliegend die Ausführung von Schönheitsreparaturen - bestimmt sich nach dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand; dies kann auch der unrenovierte bzw. renovierungsbedürftige Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Überlassung sein (im Anschluss an BGH, Urteile vom 20.01.1993 - VIII ZR 22/92, unter II 2 b, NJW-RR 1993, 522; vom 18.04.2007 - XII ZR 139/05, Rz. 28, IMRRS 2007, 1151 = NJW-RR 2007, 1021; vom 08.07.20202020 - VIII ZR 163/18, IMRRS 2020, 0960). Bei einer wesentlichen Verschlechterung des anfänglichen Dekorationszustandes kommt ein Instandhaltungsanspruch des Mieters in Betracht.*)
3. Da die (Wieder-)Herstellung dieses ursprünglichen Dekorationszustands der Wohnung in der Regel nicht praktikabel, zumindest aber wirtschaftlich nicht sinnvoll ist und deshalb nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien liegt, ist in diesen Fällen allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen sach- und interessengerecht, durch welche der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt (im Anschluss an Senatsurteil vom 08.07.2020 VIII ZR 163/18, IMRRS 2020, 0960). Mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann der Mieter eine solche Renovierung verlangen, muss sich aber wegen der dadurch bewirkten Besserstellung gegenüber dem unrenovierten (vertragsgemäßen) Zustand bei Mietbeginn in angemessenem - in der Regel hälftigem - Umfang an den erforderlichen Kosten beteiligen.*)
4. Diese Kostenbeteiligung kann der auf Durchführung von Schönheitsreparaturen in Anspruch genommene Vermieter dem Mieter nach Art eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 Abs. 1 BGB) entgegenhalten. Der Mieter kann - insbesondere zur Vermeidung eines teilweisen Unterliegens - im Klageverfahren seiner Kostenbeteiligungspflicht dadurch Rechnung tragen, dass er die Vornahme der Schönheitsreparaturen nur Zug um Zug gegen Zahlung seines Kostenbeitrags verlangt.*)
VolltextIMRRS 2020, 0960
BGH, Urteil vom 08.07.2020 - VIII ZR 163/18
1. An die Stelle einer nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksamen Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter bei einer ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert beziehungsweise renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB (Bestätigung der Senatsurteile IMR 2008, 261; IMR 2015, 220; vom 08.07.2020 - VIII ZR 270/18, zur Veröffentlichung bestimmt).*)
2. Die hiernach den Vermieter treffende Instandhaltungslast - vorliegend die Ausführung von Schönheitsreparaturen - bestimmt sich nach dem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand; dies kann auch der unrenovierte beziehungsweise renovierungsbedürftige Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Überlassung sein (im Anschluss an BGH, Urteile vom 20.01.1993 - VIII ZR 22/92, unter II 2 b, NJW-RR 1993, 522; vom 18. April 2007 - XII ZR 139/05, Rz. 28, IMRRS 2007, 1151 = NJW-RR 2007, 1021; vom 08.07.2020 - VIII ZR 270/18, zur Veröffentlichung bestimmt). Bei einer wesentlichen Verschlechterung des anfänglichen Dekorationszustandes kommt ein Instandhaltungsanspruch des Mieters in Betracht.*)
3. Da die (Wieder-)Herstellung dieses ursprünglichen Dekorationszustands der Wohnung in der Regel nicht praktikabel, zumindest aber wirtschaftlich nicht sinnvoll ist und deshalb nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien liegt, ist in diesen Fällen allein eine Durchführung von Schönheitsreparaturen sach- und interessengerecht, durch welche der Vermieter die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt (im Anschluss an Senatsurteil vom 08.07.2020 - VIII ZR 270/18, zur Veröffentlichung bestimmt). Mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann der Mieter eine solche Renovierung verlangen, muss sich aber wegen der dadurch bewirkten Besserstellung gegenüber dem unrenovierten (vertragsgemäßen) Zustand bei Mietbeginn in angemessenem - in der Regel hälftigem - Umfang an den erforderlichen Kosten beteiligen.*)
VolltextIMRRS 2020, 0937
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 11.06.2020 - 925 C 201/18
Das Gericht prüft den Ausschluss eines Genossenschaftsmitglieds "nur" auf seine sachliche Rechtfertigung, nicht auf die Zweckmäßigkeit und die Ermessensausübung. Weiter ist der Prüfungsumfang auf die Umstände beschränkt, die Gegenstand des Ausschließungsverfahrens und vor allem Gegenstand der bestätigenden Entscheidung des Aufsichtsrates waren. Zeitlich später liegendes Verhalten oder Umstände, die zum Ausschluss vom Aufsichtsrat nicht herangezogen wurden, sind nicht in die Bewertung miteinzubeziehen.
VolltextIMRRS 2020, 0879
AG Köln, Urteil vom 23.06.2020 - 210 C 224/17
1. Ein Mieter kann verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. Der Regelfall ist die Fortsetzung auf bestimmte Zeit auf Grundlage einer Prognose, wann das Räumungshindernis voraussichtlich entfällt. Es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass das Räumungshindernis binnen der Fortsetzungszeit entfällt.
2. Nach § 574a Abs. 2 S. 2 BGB kann bestimmt werden, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird, wenn ungewiss ist, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, aufgrund deren die Beendigung eine Härte bedeutet.
VolltextIMRRS 2020, 0930
AG Charlottenburg, Urteil vom 06.05.2020 - 227 C 115/19
1. Der Berliner Mietspiegel 2019 kann als einfacher Mietspiegel bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Schätzgrundlage herangezogen werden.
2. Stellt der Vermieter zwar keine Küche, gibt aber einen Kostenzuschuss, ist dies nicht als Negativmerkmal zu werten.
3. Ein vom Vermieter zur Verfügung gestelltes Parkplatzangebot ist auch im Falle seiner Entgeltlichkeit wohnwerterhöhend zu berücksichtigen.
4. Vor Inkrafttreten des MietenWoG Bln zugegangene Mieterhöhungsverlangen sind trotz der Stichtagsregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln wirksam.