Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
1203 Entscheidungen insgesamt
Online seit 6. November
IMRRS 2024, 1357OLG Frankfurt, Urteil vom 06.12.2023 - 18 U 53/22
1. Wenn ein gegen Leitungswasserschäden versichertes Wohngebäude leer steht und nicht bestimmungsgemäß bewohnt wird, verletzt der Versicherungsnehmer seine versicherungsvertraglichen Obliegenheiten, wenn er das Gebäude nicht regelmäßig kontrolliert und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen absperrt, entleert und entleert hält.
2. Weder die gelegentliche Präsentation durch einen Makler gegenüber Kaufinteressenten noch eine geplante Weitervermietung oder die Vornahme von Renovierungsarbeiten in dem Haus führen zu einer Nutzung des versicherten Gebäudes im Sinne der Versicherungsbedingungen.
VolltextOnline seit 25. Oktober
IMRRS 2024, 1301OLG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2024 - 7 U 251/20
Zur Gefahrerhöhung bei Leerstand in der Gebäudeversicherung gegen Leitungswasserschäden*)
VolltextOnline seit 17. Oktober
IMRRS 2024, 1270BGH, Urteil vom 25.09.2024 - IV ZR 350/22
Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften aufgibt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.*)
VolltextOnline seit 29. August
IMRRS 2024, 1109OLG Koblenz, Beschluss vom 09.02.2022 - 2 U 619/21
1. Die Verjährung wird u. a. durch die Erhebung der Klage auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Gegenstand der Klage muss das Bestehen eines Anspruchs und nicht lediglich die Feststellung eines diesem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses sein.
2. Der Versicherer kann vor seiner Leistung nicht auf Feststellung seines (künftigen) Anspruchs klagen, sondern nur auf Feststellung der Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Versicherungsnehmer. Denn der Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG findet nur statt, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.
3. Das festzustellende Rechtsverhältnis muss nicht unmittelbar zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehen, vielmehr ist jedes zwischen einer Partei und einem Dritten bestehende Rechtsverhältnis einer Feststellung zugänglich, wenn und soweit die Klagepartei gerade gegenüber dem Beklagten ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung nachzuweisen vermag.
4. Mit der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Schädiger und dem Versicherungsnehmer (hier: Schadensersatzanspruch) werden nicht nur sämtliche Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers, sondern auch die zu einem späteren Zeitpunkt auf den Versicherer übergegangenen Ansprüche gehemmt.
5. Das Feststellungsinteresse des Versicherers kann in der Hemmung der Verjährung begründet liegen.
VolltextOnline seit 22. August
IMRRS 2024, 1054LG Berlin II, Urteil vom 10.01.2024 - 4 O 81/23
1. Kann nach den Versicherungsbedingungen ausschließlich die Eigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmerin Rechte aus dem Vertrag ausüben, ist sie allein prozessführungsbefugt. Der Versicherte ist selbst dann nicht zur Geltendmachung von Ansprüchen legitimiert, wenn er den Versicherungsschein besitzt oder wenn der Versicherungsnehmer zugestimmt hat, § 44 Abs. 2 VVG ist nicht anwendbar.
2. Eine solche Klausel ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil der Versicherer regelmäßig berechtigte Interessen daran hat, es nur mit dem Versicherungsnehmer zu tun zu haben.
3. Weigert sich die Gemeinschaft, die Ansprüche durchzusetzen, ist der Wohnungseigentümer gehalten, Ansprüche (z. B. auf Schadensersatz oder Tätigwerden) gegen die Gemeinschaft selbst zu erheben.
VolltextOnline seit 9. August
IMRRS 2024, 1018OLG Köln, Beschluss vom 08.05.2023 - 9 U 241/22
1. Der Architekt verletzt seine beruflichen Kardinalpflichten, wenn er bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre ist, die Funktionstauglichkeit der vorhandenen Abdichtung nicht prüft und die sich aus der DIN 18195 ergebenden Abdichtungsanforderungen missachtet.
2. Das Haftpflichturteil entfaltet im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht. Es ist im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, IBR 2004, 547).
3. Eine wissentliche Pflichtverletzung, die zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt, begeht nur der Versicherungsnehmer, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherungsnehmer die Pflichten zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln.
4. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer. Er muss darlegen, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen. Dies bedeutet, dass zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet.
5. Der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien ist nach ständiger Rechtsprechung dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann (hier bejaht). Diese Grundsätze gelten auch für den Direktanspruch gegen die Versicherung gemäß § 115 VVG.
VolltextIMRRS 2024, 1017
OLG Köln, Beschluss vom 10.08.2023 - 9 U 241/22
1. Der Architekt verletzt seine beruflichen Kardinalpflichten, wenn er bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre ist, die Funktionstauglichkeit der vorhandenen Abdichtung nicht prüft und die sich aus der DIN 18195 ergebenden Abdichtungsanforderungen missachtet.
2. Das Haftpflichturteil entfaltet im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht. Es ist im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zu Grunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, IBR 2004, 547).
3. Eine wissentliche Pflichtverletzung, die zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt, begeht nur der Versicherungsnehmer, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherungsnehmer die Pflichten zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln.
4. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer. Er muss darlegen, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen. Dies bedeutet, dass zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet.
5. Der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien ist nach ständiger Rechtsprechung dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann (hier bejaht). Diese Grundsätze gelten auch für den Direktanspruch gegen die Versicherung gem. § 115 VVG.
VolltextOnline seit 6. August
IMRRS 2024, 0997KG, Urteil vom 30.06.2023 - 7 U 94/21
1. Die Versicherung kann beim versicherten Auftragnehmer Regress nehmen, wenn der Versicherungsvertrag Ausnahmen von einem vereinbarten Regressverzicht vorsieht und ein solcher Ausnahmetatbestand erfüllt ist (hier bejaht für grobe Fahrlässigkeit).
2. Für das Eingreifen eines Ausnahmetatbestandes zum Regressverzicht trägt der regressierende Versicherer nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Allerdings trifft den versicherten Auftragnehmer eine sekundäre Darlegungslast, detailliert und bauablaufgetreu zu der als grob fahrlässig in Streit stehenden Art der Ausführung vorzutragen.
3. Treten Rissbildungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit Bauarbeiten auf, die generell geeignet sind, Bodenerschütterungen auszulösen, streitet der Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit.
4. Eine zufällige Schadensverlagerung als Voraussetzung für eine Drittschadensliquidation liegt vor, wenn die vertragswidrige Bauausführung des Auftragnehmers zu einem Vermögensschaden in Form von nachbarrechtlichen Ersatzansprüchen nicht beim Auftraggeber, sondern beim (personenverschiedenen) Bauherrn führt.
5. Enthält eine Klausel neben der unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestimmungen, bleiben diese wirksam, auch wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen, wenn nach Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest verbleibt (blue-pencil-Test).
VolltextOnline seit Juli
IMRRS 2024, 0948OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2023 - 5 U 155/22
1. Als Schaden ersatzfähig sind alle notwendigen Aufwendungen, also alle Kosten, die der Auftraggeber als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss. Hat der Geschädigte sich sachkundig beraten lassen, kann er regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die ihm aufgrund dieser Beratung entstanden sind.
2. Das mit der sachkundig begleiteten Beurteilung einhergehende Risiko einer Fehleinschätzung trägt der Auftragnehmer. Der Auftragnehmer hat die Kosten selbst dann zu erstatten, wenn sich die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen.
3. Der Erstattungsanspruch des Auftraggebers ist erst dann gemindert, wenn die Grenzen des von ihm für erforderlich haltbaren Aufwandes überschritten sind und er bei der Auswahl des Drittunternehmers die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat.
4. Der zwischen dem Geschädigten - respektive seiner Versicherung - und einem Gutachter geschlossene Gutachtervertrag zur Ermittlung der Anspruchshöhe entfaltet Schutzwirkung zu Gunsten der regulierungspflichtigen Haftpflichtversicherung.
5. Für die Einbeziehung in den Schutzbereich genügt es, wenn für den Gutachter erkennbar war, dass seine Ausarbeitung einer letztlich zahlungsverpflichteten Versicherung vorgelegt werden wird, denn damit ist die Schutzpflicht hinreichend überschaubar und klar abgegrenzt.
VolltextIMRRS 2024, 0918
LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 24 O 211/23
1. In der Architektenhaftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Architekten von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten aufgrund der Verantwortlichkeit des Architekten für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
2. Der Haftpflichtversicherungsschutz besteht unabhängig davon, inwieweit die gegen den Architekten erhobenen Ansprüche begründet sind. Soweit der Architekt zu Unrecht in Anspruch genommen wird, ist der Versicherer verpflichtet, diese Ansprüche für den Architekten abzuwehren.
3. Eine Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 3 und 4 VVG zum Nachteil des Architekten stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2014 - IV ZR 58/13, IBRRS 2014, 3244).
VolltextIMRRS 2024, 0894
BGH, Urteil vom 12.06.2024 - IV ZR 341/22
Zur Wirksamkeit von Bestimmungen in Rechtsschutzversicherungsbedingungen über das Schiedsgutachterverfahren nach einer Ablehnung des Rechtsschutzes durch den Versicherer wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen (hier: § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 und 2 ARB 2019).*)
VolltextIMRRS 2024, 0556
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.10.2023 - 3 U 70/23
1. Soweit die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, sind gem. § 47 Abs. 1 VVG bei der Versicherung für fremde Rechnung auch die Kenntnis und das Verhalten der versicherten Personen zu berücksichtigen. Dass die Kenntnis und das Verhalten der versicherten Personen zu berücksichtigen sind, bedeutet, dass der Versicherer gegenüber den versicherten Personen leistungsfrei ist, wenn diese selbst alle gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen erfüllt haben, die bei einer Verwirklichung durch den Versicherungsnehmer und bei einer Eigenversicherung zur Leistungsfreiheit führen würden.
2. Eine Gefahrerhöhung liegt erst vor, wenn nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers die tatsächlich vorhandenen Umstände so verändert werden, dass der Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens oder die ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Versicherers wahrscheinlicher werden. Durch diese Bestimmung soll das Gleichgewicht zwischen Prämienaufkommen und Versicherungsleistung erhalten bleiben. Der Versicherer soll nicht gezwungen sein, am Versicherungsvertrag festzuhalten, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, dass das Verhältnis zwischen Risiko und Prämie nicht mehr der Risikolage entspricht.
VolltextOnline seit Juni
IMRRS 2024, 0840OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.06.2024 - 8 U 775/24
1. Dem Versicherungsnehmer obliegt der Nachweis des Eintritts eines Versicherungsfalls.
2. Beruft sich der Versicherungsnehmer auf Schäden durch einen Sturm, muss er darlegen und beweisen, dass zum Zeitpunkt der Beschädigung tatsächlich ein Sturm mit der entsprechenden Windstärke geherrscht hat.
3. Kommen andere Schadensursachen in Betracht, muss der Versicherungsnehmer den vollen Beweis führen. Er muss einen Lebenssachverhalt darlegen, aus dem sich ergibt, dass die Naturgewalt einzige oder letzte Ursache für den eingetretenen Schaden gewesen ist, also eine andere Schadensursache ausscheidet. Beweiserleichterungen stehen dem Versicherungsnehmer nicht zur Verfügung.
VolltextIMRRS 2024, 0830
OLG Dresden, Beschluss vom 18.04.2024 - 4 U 67/24
1. Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung wegen der Falschbeantwortung einer Antragsfrage (hier: zur Abgabe einer Vermögensauskunft) liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer diese falsch beantwortet, weil er den erfragten Umstand für unerheblich hält.*)
2. Die Berufung auf Treu und Glauben trotz einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer kommt nur dann in Betracht, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und weitere Billigkeitsmomente zu Gunsten des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen sind.*)
VolltextIMRRS 2024, 0799
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.10.2023 - 4 U 107/23
1. Die Beweislast für den Eintritt eines unvorhergesehenen Sachschadens trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Versicherungsnehmer (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 60/21, RuS 2022, 627).
2. Für die Vorhersehbarkeit ausreichend ist das Erkennen des Schadens in seinen wesentlichen Komponenten.
VolltextOnline seit Mai
IMRRS 2024, 0608BGH, Urteil vom 17.04.2024 - IV ZR 91/23
Der Senat hält daran fest, dass für das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls die festgestellten Spuren nicht in dem Sinne stimmig sein müssen, dass sie zweifelsfrei auf einen Einbruch schließen lassen (vgl. Senatsurteil vom 08.04.2015 - IV ZR 171/13, IBRRS 2015, 0908 = IMRRS 2015, 0541).*)
VolltextOnline seit April
IMRRS 2024, 0476OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.05.2023 - 11 U 144/22
1. Eine wissentliche Pflichtverletzung des Architekten führt zum Leistungsausschluss der Architektenhaftpflichtversicherung. Ein Verstoß gegen elementare Berufspflichten, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsträger vorausgesetzt werden kann, indiziert die Wissentlichkeit.
2. Zur Geltendmachung eines Deckungsanspruchs aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherten ist der geschädigte Dritte nicht aktivlegitimiert. Bei Haftpflichtversicherungsverträgen handelt es sich nicht um Verträge zu Gunsten Dritter. Der Geschädigte ist als möglicher Haftpflichtgläubiger auch kein Versicherter i.S.d. §§ 43 ff. VVG.
3. Zwischen Haftpflichtverhältnis und Deckungsverhältnis ist streng zu trennen (Trennungsprinzip). Rechtskräftige Entscheidungen im Haftpflichtprozess entfalten Bindungswirkung im späteren Deckungsprozess, soweit sie identische Voraussetzungen betreffen. Keine Bindungswirkung besteht, wenn der Geschädigte den Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der Direktklage in Anspruch nimmt.
4. Macht der Geschädigte gegen den Versicherer einen Direktanspruch klageweise geltend, hat er neben den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG auch alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Haftpflichtanspruch gegen den versicherten Schädiger begründen.
VolltextIMRRS 2024, 0475
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2023 - 11 U 144/22
1. Zur Geltendmachung eines Deckungsanspruchs aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherten ist der geschädigte Dritte nicht aktivlegitimiert. Bei Haftpflichtversicherungsverträgen handelt es sich nicht um Verträge zugunsten Dritter. Der Geschädigte ist als möglicher Haftpflichtgläubiger auch kein Versicherter im Sinne der §§ 43 ff. VVG.
2. Zwischen Haftpflichtverhältnis und Deckungsverhältnis ist streng zu trennen. Rechtskräftige Entscheidungen im Haftpflichtprozess entfalten Bindungswirkung im späteren Deckungsprozess, soweit sie identische Voraussetzungen betreffen. Keine Bindungswirkung besteht, wenn der Geschädigte den Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 S. 1 VVG im Wege der Direktklage in Anspruch nimmt.
3. Macht der Geschädigte gegen den Versicherer einen Direktanspruch klageweise geltend, hat er neben den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 S. 1 VVG auch alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, die den Haftpflichtanspruch gegen den versicherten Schädiger begründen.
4. Eine wissentliche Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers führt zum Leistungsausschluss der Versicherung. Ein Verstoß gegen elementare Berufspflichten, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsträger vorausgesetzt werden kann, indiziert die Wissentlichkeit.
VolltextIMRRS 2024, 0423
OLG Köln, Urteil vom 15.03.2024 - 20 U 240/23
1. Eine Beweisvereitelung liegt vor, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie vorhandene Beweismittel vernichtet bzw. vorenthält oder deren Benutzung erschwert oder verhindert.*)
2. Die Nichtwahrnehmung eines zum Erlass einer Geheimhaltungsverpflichtung sowie zur Übergabe geheimhaltungspflichtiger Unterlagen bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung durch den Hauptbevollmächtigten des Versicherungsnehmers stellt eine Beweisvereitelung seitens des Versicherungsnehmers dar (ausführlich Senatsurteil vom 01.09.2023 - 20 U 50/23, BeckRS 2023, 25905).*)
3. Eine Beweisvereitelung kommt dagegen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn bei einer Mehrfachvertretung des klagenden Versicherungsnehmers neben der Partei selbst mindestens ein Hauptbevollmächtigter bereit ist, sich zu der notwendigen Geheimhaltung nach § 174 Abs. 3 GVG verpflichten zu lassen.*)
VolltextOnline seit März
IMRRS 2024, 0354OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.11.2023 - 5 U 34/23
1. Zum Nachweis des Versicherungsfalls in der Rohrbruch- und Leitungswasserversicherung.*)
2. Macht der Versicherungsnehmer auf ihm gestellte Fragen zum Zeitpunkt des (behaupteten) Versicherungsfalls und seiner Entdeckung bewusst unrichtige Angaben, die ersichtlich darauf abzielen, die verspätete Anzeige des Versicherungsfalls zu verbergen und infolgedessen befürchteten Schwierigkeiten bei der Regulierung zu entgehen, kann dies als arglistige, zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers führende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit anzusehen sein.*)
VolltextOnline seit Februar
IMRRS 2024, 0237BGH, Urteil vom 24.01.2024 - IV ZR 306/22
Die Zustimmung zum Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist kann auch konkludent erklärt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 VVG).*)
VolltextIMRRS 2024, 0224
BGH, Urteil vom 16.01.2024 - VI ZR 385/22
1. Der Entladevorgang gehört zum "Gebrauch" des Fahrzeugs i.S.d. § 1 PflVG, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen daran beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist dann "durch den Gebrauch" des Kraftfahrzeugs entstanden, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden ist. Das Entladen eines Tanklastzugs mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe ist danach dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs zuzuordnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt.*)
2. Zum Begriff der Anlage i.S.d. § 89 Abs. 2 Satz 1 WHG.*)
VolltextIMRRS 2024, 0192
OLG Köln, Urteil vom 05.12.2023 - 9 U 46/23
Kosten für eine einem Hotel ähnliche Unterbringung i.S.v. Abschnitt A § 8 Nr. 1 Buchst. c VHB 2014 können auch die Aufwendungen für die Anmietung eines Wohnmobils sein.*)
VolltextIMRRS 2024, 0178
OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.12.2023 - 5 U 50/23
1. Zur Eintrittspflicht des Privathaftpflichtversicherers wegen Baumfällarbeiten zwecks künftiger Nutzung einer derzeit stillgelegten Eissporthalle.*)
2. Angesichts der grundsätzlichen Einstandspflicht des Privathaftpflichtversicherers für alle Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson und der Notwendigkeit, dem Versicherungsnehmer bestehende Lücken im Versicherungsschutz hinreichend zu verdeutlichen, dürfte einiges dafür sprechen, auch die in neueren Bedingungen als negative Tatbestandsmerkmale formulierten Ausnahmen für Beruf und Gewerbe als - in die Leistungsbeschreibung gekleidete - Risikoausschlüsse anzusehen.*)
VolltextOnline seit Januar
IMRRS 2024, 0118BGH, Urteil vom 13.12.2023 - IV ZR 12/23
1. Die in den Vertragsbedingungen einer Wohngebäudeversicherung begründete allgemeine Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers setzt grundsätzlich ein Auskunftsverlangen des Versicherers voraus.
2. Eine Regelung in den Vertragsbedingungen einer Wohngebäudeversicherung, die die Leistungsfreiheit des Versicherers in Fällen der - auch versuchten - arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, anordnet, ist eine Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter, die den in § 242 BGB wurzelnden Rechtsgedanken des redlichen Umgangs der Vertragspartner miteinander konkretisiert und in der Erwägung fußt, dass sich gerade das Versicherungsverhältnis in besonderem Maße auf wechselseitiges Vertrauen beider gründet.
3. Treu und Glauben setzen der Leistungsfreiheit des Versicherers auch Grenzen. Eine Vertragsbestimmung, die einen völligen Anspruchsverlust anordnet, kann nicht ungeachtet der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls und losgelöst insbesondere vom Maß des Verschuldens des Versicherungsnehmers angewendet werden.
VolltextIMRRS 2024, 0071
OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2023 - 4 U 810/23
Das Textformerfordernis kann durch die Übergabe einer CD erfüllt werden.*)
VolltextIMRRS 2024, 0063
OLG Hamm, Beschluss vom 19.06.2023 - 20 U 76/23
1. "Gebraucht" werden kann ein Kraftfahrzeug auch dann, wenn es als Arbeitsmaschine eingesetzt wird.
2. Ein Entladevorgang - auch soweit er nicht mehr dem "Betrieb" des Kraftfahrzeugs zuzurechnen ist - gehört zu dessen Gebrauch, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen dabei beteiligt sind.
3. Wird von einem für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassenen und kraftfahrthaftpflichtversicherten Silo-LKW Splitt mittels der Motorkraft des Fahrzeugs und der auf dem Fahrzeug vorhandenen Vorrichtungen durch eine Schlauchleitung auf das Hochdeck eines Parkhauses gepumpt, und kommt es aufgrund einer versehentlich am Ende der Schlauchleitung nicht angeschlossenen Wasserzufuhr zu einer schadenstiftenden Staubentwicklung, ist das dem "Gebrauch" des Kraftfahrzeugs zuzurechnen.
VolltextIMRRS 2024, 0066
BGH, Urteil vom 29.11.2023 - IV ZR 117/22
1. Eine Verbraucherinformation ist unvollständig, wenn sie keine Angaben über die Frist, während der ein Antragsteller an den Antrag gebunden sein sollte, enthält. Das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers entfällt nicht deshalb, weil der Versicherer den Antrag innerhalb der vertraglichen oder gesetzlichen (§ 147 Abs. 2 BGB) Antragsbindungsfrist annimmt (Festhalten an Senatsurteil vom 18.07.2018 - IV ZR 68/17, IBRRS 2018, 2509 = VersR 2018, 1113).*)
2. Die Antragsbindungsfrist in Abschnitt I Nr. 1 Buchst. f der Anlage Teil D zum VAG a.F. steht in Einklang mit der unionsrechtlichen Regelung des Art. 36 Abs. 3 der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.11.2002 über Lebensversicherungen.*)
VolltextOnline seit 2023
IMRRS 2023, 1470OLG Köln, Beschluss vom 11.09.2023 - 9 U 19/23
1. Ein Leistungsausschluss, demzufolge sich der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden "durch Schwamm" erstreckt, erfasst gerade auch den Schwammbefall als Folge eines versicherten Leitungswasseraustritts.
2. Der Ausschluss für Schwammschäden in der Leitungswasserversicherung ist auch bei der Versicherung eines in Holzständerbauweise errichteten Gebäudes wirksam.
VolltextIMRRS 2023, 1390
BGH, Urteil vom 27.09.2023 - IV ZR 464/21
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht dem nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer die Ausübung des Widerspruchsrechts gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (hier in der Fassung vom 13.07.2001) wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nach § 242 BGB versagt, wenn im Rahmen eines einheitlichen Anlagekonzepts die Abtretung der Ansprüche aus einem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehens dient, mit dem die Einmalprämie für die Versicherung finanziert wird.*)
VolltextIMRRS 2023, 1377
BGH, Urteil vom 11.10.2023 - IV ZR 40/22
1. Zur ordnungsgemäßen Belehrung i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG für den Fall, dass der Versicherungsschutz nicht vor dem Ende der Widerrufsfrist beginnt, gehört neben dem Hinweis auf die Rückgewähr empfangener Leistungen auch der Hinweis auf die herauszugebenden gezogenen Nutzungen.*)
2. Im Rahmen der Rückabwicklung nach § 152 Abs. 2 i.V.m. § 169 VVG ist der Rückkaufswert nach dem ungezillmerten Deckungskapital ohne Verrechnung der Abschluss- und Vertriebskosten zu bestimmen.*)
VolltextIMRRS 2023, 1376
BGH, Urteil vom 11.10.2023 - IV ZR 41/22
1. Die Zustimmung des Versicherungsnehmers zu einem Beginn des Versicherungsschutzes vor Ende der Widerrufsfrist gem. § 9 Abs. 1 VVG kann in einen vom Versicherer vorformulierten Antrag aufgenommen werden.*)
2. Selbst wenn § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 VVG gegen Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (Fernabsatzrichtlinie II) verstieße, kommt eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung nicht in Betracht.*)
VolltextIMRRS 2023, 1354
OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.10.2023 - 12 U 66/23
1. Dem Erwerber eines bebauten Grundstücks kommt bereits in der Zeit zwischen Gefahrübergang und Eigentumserwerb ein versicherbares Sacherhaltungsinteresse zu, welches er dadurch versichern kann, dass er mit eigenen Rechten und Pflichten in einen bereits bestehenden Gebäudeversicherungsvertrag des Veräußerers eintritt oder einen neuen Gebäudeversicherungsvertrag abschließt (Anschluss an BGH, Urteil vom 17.06.2009 - IV ZR 43/07, IBRRS 2009, 2353 = IMRRS 2009, 1279). Bereits vor Gefahrübergang ist der Abschluss eines Neuvertrags durch den Erwerber als Versicherung für fremde Rechnung möglich, welche nach Gefahrübergang zur Eigenversicherung wird.*)
2. Wendet sich der Erwerber noch vor Eigentumserwerb an den Versicherer eines mit dem Veräußerer bestehenden Versicherungsvertrags mit dem Anliegen, die bestehende Gebäudeversicherung vorzeitig zu übernehmen und ab sofort für die Beitragszahlung aufzukommen, ist der Versicherer ihm gegenüber zur Beratung gem. § 6 Abs. 1 VVG verpflichtet. Gleiches gilt für den so kontaktierten Versicherungsvertreter gem. § 61 Abs. 1 VVG.*)
3. Im Rahmen dieser Beratung kann es auch geboten sein, dem Erwerber die Möglichkeit des Neuabschlusses einer zusätzlichen Gebäudeversicherung aufzuzeigen. Die bloße Auskunft, eine Übernahme des bestehenden Vertrags sei vor Eigentumsumschreibung nur mit Einverständnis des Versicherungsnehmers möglich, ist dann nicht ausreichend.*)
VolltextIMRRS 2023, 1269
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 01.09.2023 - 2-08 O 391/22
Werden Mängel nach Abnahme gerügt, muss vor Gericht Beweis dazu angetreten werden, wer wann welche konkreten Handlungen vorgenommen hat. Bleibt nur eine Beweisführung in Form der Darlegung und des Nachweises von Indizien, so sind hieran erhöhte Anforderungen zu stellen.
VolltextIMRRS 2023, 1192
OLG Saarbrücken, Urteil vom 08.09.2023 - 5 U 64/22
Die Regelung in den Bedingungen eines Hausratversicherers, wonach "die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Kosten ... für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z. B. Frühstück, Telefon), wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist", versichert sind, kann nicht dahin ausgelegt werden, dass eine Ersatzpflicht schon dann besteht, wenn lediglich ein versichertes Ereignis - hier: Leitungswasser - im Bereich der Wohnung aufgetreten ist, ohne dass auch ein Versicherungsfall am Hausrat die Entstehung dieser Kosten notwendig gemacht hat.*)
VolltextIMRRS 2023, 1161
OLG Frankfurt, Urteil vom 07.12.2022 - 3 U 205/22
Schaltet der Versicherungsnehmer in die Schadensregulierung einen Versicherungsmakler ein, muss er sich dessen arglistige Verletzung einer vertraglich vereinbarten Auskunftsobliegenheit zurechnen lassen. Folge ist, dass der Versicherer leistungsfrei wird.
VolltextIMRRS 2023, 1137
OLG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2023 - 3 U 105/22
1. Im Fall von Vorschäden kann der geschädigte Versicherungsnehmer mit dem späteren Schadensereignis kompatible Schäden nur dann ersetzt verlangen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie nicht bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind.
2. Der geschädigte Versicherungsnehmer muss grundsätzlich - vor allem aber im Fall von Schadensüberlagerungen - den Umfang des Vorschadens und gegebenenfalls dessen Reparatur belegen.
3. Der geschädigte Versicherungsnehmer muss geeignete Schätzgrundlagen beibringen, die Anhaltspunkte für die Einschätzung des Schadens und seiner Höhe bieten. Eine Schätzung ist unzulässig, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde.
4. Nur soweit der geltend gemachte Schaden technisch und rechnerisch eindeutig vom Vorschaden abgrenzbar ist, besteht ein Ersatzanspruch des geschädigten Versicherungsnehmers.
VolltextIMRRS 2023, 1092
OLG Frankfurt, Urteil vom 09.05.2023 - 18 U 4/23
1. Aufgrund des im Haftpflichtversicherungsrecht herrschenden Trennungsprinzips besteht im Regelfall kein Direktanspruch des geschädigten Auftraggebers gegen den Haftpflichtversicherer des Auftragnehmers.
2. Die Haftpflichtansprüche zwischen dem geschädigten Auftraggeber und dem Auftragnehmer sowie die versicherungsvertraglichen Ansprüche im Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer sind in der Regel in getrennten Prozessen zu behandeln. Dabei setzt die Fälligkeit des Versicherungsanspruchs die Feststellung des Haftpflichtanspruchs voraus.
3. Wird über das Vermögen des Auftragnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der geschädigte Auftraggeber wegen des ihm gegen den Auftragnehmer zustehenden Anspruchs abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers verlangen. Der geschädigte Auftraggeber kann den Haftpflichtversicherer des Auftragnehmers deshalb ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen.
4. Voraussetzung für die unmittelbare Inanspruchnahme des Versicherers ist aber - wie beim Zahlungsanspruch des Auftragnehmers - auch hier, dass der Haftpflichtanspruch des geschädigten Auftraggebers festgestellt und der Entschädigungsanspruch fällig geworden ist.
VolltextIMRRS 2023, 1074
LG Hamburg, Urteil vom 16.06.2023 - 306 O 151/22
1. Hat der Versicherungsnehmer nach den Vertragsbedingungen des Versicherers diesem " jede zumutbare Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und Belege beizubringen", entscheidet grundsätzlich der Versicherer darüber, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leistungspflicht auf ausreichende und gesicherte Tatsachen treffen zu können
2. Zu den zur Prüfung der Leistungspflicht zählenden Fragen können auch solche nach den Vermögensverhältnissen des Versicherungsnehmers oder seiner Angehörigen gehören, weil sich daraus für den Versicherer Anhaltspunkte ergeben können, der Eintritt des Versicherungsfalles und die damit verbundene Entschädigungsleistung entspreche der finanziellen Interessenlage des Versicherungsnehmers.
3. Auch wenn insoweit nicht grenzenlos Auskünfte von dem Versicherungsnehmer verlangt werden können, reicht es aus, dass die begehrten Auskünfte zur Einschätzung des subjektiven Risikos durch den Versicherer dienlich sein können. Insofern ist in Bezug auf den Umfang der Auskunftspflicht grundsätzlich eine differenzierte, einzelfallbezogene Betrachtung erforderlich.
4. Es liegt auf der Hand, dass mit einem zunehmenden Wert des angegebenen Stehlguts ein gesteigertes Interesse des Versicherers an der Aufklärung der Vermögenssituation des Versicherungsnehmers besteht. Dieses Interesse betrifft nicht nur etwaige Auskünfte über die Anschaffung der Gegenstände, sondern vielmehr auch die Frage, in welcher konkreten Vermögenssituation der Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls gewesen ist.
VolltextIMRRS 2023, 1054
OLG Brandenburg, Urteil vom 21.12.2022 - 11 U 244/20
1. Der Versicherungsnehmer erwirbt, wenn für (ganz oder zumindest überwiegend gewerblich genutzten) Betriebs- und Geschäftsgebäude – die Entschädigung zum Neuwert vereinbart ist, den Anspruch auf den Neuwertanteil (die Neuwertspitze) nur, soweit und sobald innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt ist, dass er die Entschädigung verwenden wird, um Gebäude zum gleichen Betriebszweck an der bisherigen Stelle wiederzuerrichten (sog. strenge Wiederherstellungsklausel).
2. Die bedingungsgemäße Sicherstellung der Mittelverwendung muss sehr hohen Anforderungen genügen, um Manipulationen möglichst auszuschließen. Es bedarf zwar nicht zwingend des Abschlusses eines entsprechenden Bauwerkvertrags und kommt es ebenso wenig darauf an, ob die gesamten finanziellen Mittel vom Versicherungsnehmer letztlich ausgegeben (also verbaut) werden müssen. Notwendig sind zuvor aber immer Vorkehrungen, die – selbst wenn sie eine restlose Sicherheit nicht bieten – bei vorausschauend-wertender Betrachtung jedenfalls keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung (das heißt dem Eintritt des Erfolgs) aufkommen lassen, was etwa bei bloßen Absichtsbekundungen oder bei Maßnahmen, die ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht werden können, nicht zutrifft.
VolltextIMRRS 2023, 1037
BGH, Urteil vom 19.07.2023 - IV ZR 268/21
1. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom 24.02.2022, u.a. Unit-Linked-Versicherungsverträge, Rs. C-143/20, und Rs. C-213/20, NJW 2022, 1513; vom 09.09.2021, Volkswagen Bank u.a., Rs. C-33/20, Rs. C-155/20 und Rs. C-187/20, NJW 2022, 40; vom 19.12.2019, Rust-Hackner u.a., Rs. C-355/18 bis Rs. C-357/18 und Rs. C-479/18, NJW 2020, 667) daran fest, dass die Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (hier in der Fassung vom 21.07.1994) auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Widerspruchsbelehrung ausnahmsweise Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprechen und damit unzulässig sein kann, wenn besonders gravierende Umstände des Einzelfalls vorliegen, die vom Tatrichter festzustellen sind (Fortführung des Senatsurteils vom 15.03.2023 - IV ZR 40/21, Rn. 21, IBRRS 2023, 0994 = IMRRS 2023, 0451).*)
2. Zum Einwand von Treu und Glauben ist keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geboten (Fortführung des Senatsurteils vom 15.02.2023 - IV ZR 353/21, IBR 2023, 264).*)
VolltextIMRRS 2023, 1029
OLG Dresden, Urteil vom 26.07.2023 - 1 U 520/23
Eine durch Austrocknung des Bodens erfolgende Bodenabsenkung mit der Folge von Gebäudeschäden ist weder als Erdfall noch als Erdrutsch anzusehen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0969
BGH, Beschluss vom 19.04.2023 - IV ZR 204/22
1. Der Abschlagsanspruch aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG ist nicht auf den Betrag gerichtet, den die Versicherung voraussichtlich zu zahlen hat. Vielmehr kann im Rahmen eines Abschlagsanspruchs allein dasjenige verlangt werden, was dem Versicherungsnehmer mit Sicherheit endgültig zusteht. Die Versicherung ist nicht verpflichtet, Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlussabrechnung zu zahlen.
2. Die Wiederherstellungsklausel des § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88-L umfasst auch den Fall, dass (wie hier) Reparaturkosten für ein durch den Versicherungsfall beschädigtes Gebäude geltend gemacht werden.
3. Die Gerichte haben die Pflicht, von sich aus den Beteiligten alles für das Verfahren Wesentliche mitzuteilen. Eine Verletzung dieser Pflicht verstößt jedenfalls dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn das Gericht ein Vorbringen in einer Weise würdigt, mit der gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem vorherigen Verfahrensablauf nicht haben rechnen können (Fortführung u. a. von BGH, Beschluss vom 05.07.2022 - VIII ZR 137/21, IBRRS 2022, 2532 = IMRRS 2022, 1053).
4. Ein Gericht darf nicht ohne vorherigen Hinweis davon ausgehen, dass eine Partei neuem Vortrag des Gegners im Berufungsverfahren nicht entgegentreten möchte, wenn sich der Partei (wie hier) die Notwendigkeit weiteren Vortrags aufgrund des bisherigen Verfahrensgangs nicht hat aufdrängen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.2003 - 1 BvR 2285/02, IBRRS 2003, 2591 = IMRRS 2003, 1099).
VolltextIMRRS 2023, 0957
KG, Beschluss vom 13.01.2023 - 6 U 191/21
1. Die Verjährungsfrist von Ansprüchen des Architekten gegen seine Berufshaftpflichtversicherung auf Gewährung von Deckungsschutz wegen mangelhafter Architektenleistungen beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Bauherr gegen den Architekten Ansprüche wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern ernsthaft geltend gemacht hat.
2. Die Verjährung ist für die Dauer der Leistungsprüfung gehemmt, bis die Versicherung ihre Eintrittspflicht ablehnt.
3. Der Begriff der verjährungshemmenden "Verhandlungen" ist weit auszulegen. Verhandlungen schweben bereits dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Notwendig ist aber zumindest ein zweiseitiger kommunikativer Prozess, so dass das Angebot zu Verhandlungen oder gar Vorschläge zu einem konkreten Entgegenkommen noch keine Verhandlung sind, wenn es bzw. sie unerwidert bleiben.
4. Ein verjährungshemmendes Stillhalteabkommen ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern, und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begeben hat, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen.
5. Ein verjährungshemmendes Stillhalteabkommen kann auch "stillschweigend" durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Hierfür muss ein äußeres Verhalten festgestellt werden, das als Ausdruck einer solchen einvernehmlichen Entschließung ausgelegt werden kann.
VolltextIMRRS 2023, 0931
BGH, Urteil vom 05.07.2023 - IV ZR 118/22
Die sog. "erweiterte Schlüsselklausel" in der Hausratversicherung (hier: § 28 Nr. 4 a, 4. Spiegelstrich GWW 2014), wonach ein Einbruchdiebstahl auch dann vorliegt, wenn der Täter in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat, unterfällt als primäre Leistungsbeschreibung gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle und verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.*)
VolltextIMRRS 2023, 0828
BGH, Urteil vom 07.06.2023 - IV ZR 252/22
Zum Auskunftsanspruch des Gebäudeversicherers gegen den Mieter bezüglich des Inhalts eines von diesem abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrags (hier: Versicherungsverhältnis einer Gemeinde mit dem Kommunalen Schadensausgleich).*)
VolltextIMRRS 2023, 0672
LG Flensburg, Urteil vom 17.12.2020 - 4 O 20/20
Zu den Anforderungen für eine Sicherstellung der Wiederherstellung des zerstörten Hauses in gleicher Art und Zweckbestimmung.*)
VolltextIMRRS 2023, 0633
OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.04.2023 - 12 U 335/21
1. Wird in einer Widerspruchsbelehrung zwar zutreffend auf die von Gesetzes wegen erforderliche Textform für den Widerspruch hingewiesen, an anderer Stelle des Versicherungsscheins aber für Willenserklärungen an die Konsortialführerin die Schriftform verlangt, fehlt es der Widerspruchsbelehrung an der gebotenen Klarheit.*)
2. Die spätere Ausübung des Widerspruchsrechts verstößt jedoch gegen Treu und Glauben, da lediglich ein geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt (Aufgabe von OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.03.2020 - 12 U 53/19).*)
VolltextIMRRS 2023, 0564
LG Ingolstadt, Urteil vom 14.02.2023 - 21 O 3045/21
1. Teil I. B § 12 Nr. 1 VGB 2008, wonach die Ausübung der Rechte aus dem Gebäudeversicherungsvertrag über das Objekt einer Wohnungseigentümergemeinschaft nur dem Versicherungsnehmer (hier: der Hausverwaltung) und nicht auch den Versicherten zusteht, stellt eine zulässige teilweise Abbedingung des § 44 Abs. 2 VVG dar.
2. Es besteht in solchen Fällen ein erkennbares und nachvollziehbares Interesse des Versicherers daran, nur mit dem Versicherungsnehmer und nicht mit sonstigen Personen verhandeln zu müssen, denn die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft können erfahrungsgemäß durch Veräußerung des Sondereigentums wechseln, so dass der Versicherer jedes Mal überprüfen müsste, ob eine Person, die mit Ansprüchen an ihn herantritt, tatsächlich Sondereigentümer im Rahmen der WEG ist oder nicht.
VolltextIMRRS 2023, 0451
BGH, Urteil vom 15.03.2023 - IV ZR 40/21
Enthält eine Widerspruchsbelehrung keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG (hier in der Fassung vom 13.07.2001) erforderliche Form (hier Textform) des Widerspruchs, liegt kein geringfügiger Belehrungsfehler vor, durch den dem Versicherungsnehmer nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 15.02.2023 - IV ZR 353/21, IBRRS 2023, 0763 = IMRRS 2023, 0350, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
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