Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15984 Entscheidungen insgesamt
Online seit Januar
IMRRS 2024, 0117BGH, Beschluss vom 09.08.2023 - V ZR 155/22
1. Eine Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen, wenn es an der vorgeschriebenen Darlegung einer eigenständigen entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch den Bundesgerichtshof fehlt.
2. Die Darlegung muss erkennen lassen, aus welchen konkreten Gründen der Beschwerdeführer meint, die Zurückweisung seiner Nichtzulassungsbeschwerde lasse nur den Schluss zu, dass sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen worden sei.
VolltextIMRRS 2024, 0113
BFH, Beschluss vom 09.11.2023 - IX B 56/23
1. Der Anspruch auf die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts ist verletzt, wenn nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter während der "Videokonferenz" für die lediglich "zugeschalteten" Beteiligten sichtbar sind (Anschluss an BFH, Beschluss vom 30.06.2023 - V B 13/22, IBRRS 2023, 2012 = BFHE 280, 425).*)
2. Die gerichtsseitige Verantwortlichkeit für die Durchführung der Videoverhandlung betrifft nicht die technische Ausstattung der Beteiligten.*)
3. Die Beteiligten müssen selbst dafür sorgen, dass sie technisch in der Lage sind, der Verhandlung in Bild und Ton zu folgen und Verfahrenshandlungen vorzunehmen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0101
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2023 - 22 U 153/23
1. Für eine Fristverlängerung müssen Umstände gegeben sein, die der antragstellenden Partei eine Fristwahrung unmöglich machen oder zumindest erheblich erschweren, und auf die sie nur bei einer Fristverlängerung angemessen reagieren kann.
2. Die Umstände müssen so substanziiert dargelegt werden, dass dem Gericht eine Prüfung möglich ist; allein das Vorbringen von Schlagworten genügt nicht.
3. Bei einem wiederholten Verlängerungsantrag sind strenge Maßstäbe für eine Verlängerung anzulegen, insbesondere bei einer Stellungnahmefrist gem. § 522 Abs. 2 ZPO.
VolltextIMRRS 2024, 0088
BGH, Beschluss vom 20.12.2023 - I ZB 82/23
Im Verfahren der einstweiligen Verfügung ist eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statthaft.
VolltextIMRRS 2024, 0087
VG Berlin, Beschluss vom 23.11.2023 - 19 L 225.23
1. Im Anwendungsbereich von § 9a Abs. 2 WEG n.F. stehen die Ausübungs- und Wahrnehmungsbefugnis und damit auch das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte ausschließlich dem Verband und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer zu. Dazu zählt auch die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Nachbaransprüche im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum.*)
2. Auch nach neuer Rechtslage bleibt es möglich, dass sich ein Sondereigentümer auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen kann, wenn die besorgte Beeinträchtigung ausschließlich oder zumindest auch sein Sondereigentum betrifft. Dafür ist indes erforderlich, dass er substantiiert die Umstände benennt und darlegt, aufgrund derer sich die angegriffene Maßnahme gerade auf sein Sondereigentum - über die allgemeine Betroffenheit des Gemeinschaftseigentums hinaus - auswirkt. Insbesondere ist die Darlegung unerlässlich, in welcher räumlichen Beziehung das Sondereigentum zum angegriffenen Vorhaben steht.*)
VolltextIMRRS 2024, 0085
OLG Dresden, Urteil vom 15.01.2024 - 4 U 1887/21
1. Scheidet ein Miteigentümer aus einer Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück infolge eines rechtskräftigen Urteils aus, entfällt dessen Sachbefugnis, als Prozessstandschafter im eigenen Namen bereits rechtshängige Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis gegen andere Miteigentümer weiterzuverfolgen.*)
2. Die Aussetzung eines Rechtsstreits wegen eines anderweit anhängig gemachten Restitutionsverfahrens kommt regelmäßig nicht in Betracht.*)
VolltextIMRRS 2024, 0084
OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.06.2022 - 1 W 12/22
1. Ein Richter kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, das Vorliegen eines Sachverhalts, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters gibt.
2. Berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters geben Verstöße gegen das prozessuale Gleichbehandlungsgebot, eine negative Einstellung gegenüber einer Partei unter Bevorzugung der anderen Partei, unsachliche Äußerungen oder die willkürliche Benachteiligung oder Behinderung einer Partei in der Ausübung ihrer Rechte.
3. Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind vorläufige Meinungsäußerungen und Einschätzungen des Richters im Rahmen der materiellen Prozessleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist.
4. Ein Ablehnungsgesuch ist ohne schuldhaftes Zögern im Anschluss an die Erlangung der Kenntnis vom Ablehnungsgrund auszubringen, wobei ein bloßes Kennenmüssen oder Vorliegen von Verdachtsgründen die der Partei zuzubilligende Überlegungsfrist noch nicht in Lauf setzt.
VolltextIMRRS 2024, 0081
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.01.2024 - 4 A 678/22
1. Prozesserklärungen sind grundsätzlich nicht anfechtbar und nicht widerruflich. Das bedeutet indessen nicht, dass die Beteiligten sich an ihren Erklärungen ausnahmslos festhalten lassen müssen.
2. Prozesshandlungen können unter bestimmten Umständen widerrufen werden können. Ein solcher Widerruf kommt einmal in Betracht, wenn ein Wiederaufnahmegrund entsprechend den Wiederaufnahmetatbeständen der Zivilprozessordnung vorliegt. Ein Widerruf kommt ferner dann in Betracht, wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an einer von ihm vorgenommenen Prozesshandlung festzuhalten.
VolltextIMRRS 2024, 0082
BGH, Urteil vom 05.12.2023 - VI ZR 108/21
1. Einer ordnungsgemäßen, zeitnah erstellten Dokumentation in Papierform, die keinen Anhalt für Veränderungen, Verfälschungen oder Widersprüchlichkeiten bietet, kommt zugunsten der Behandlungsseite Indizwirkung zu, die im Rahmen der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen ist.*)
2. In die Beweiswürdigung sind alle vom Beweisgegner vorgebrachten Gesichtspunkte einzubeziehen. Der Beweisgegner muss nicht die inhaltliche Richtigkeit der Dokumentation widerlegen. Ihm obliegt nicht der Beweis des Gegenteils. Vielmehr genügt es, wenn er Umstände dartut, die bleibende Zweifel daran begründen, dass das Dokumentierte der Wahrheit entspricht, das Beweisergebnis also keine Überzeugung im Sinne von § 286 ZPO rechtfertigt. So verhält es sich insbesondere, wenn der Beweisgegner Umstände aufzeigt, die den Indizwert - die abstrakte Beweiskraft - der Dokumentation in Frage stellen.*)
3. An dem erforderlichen Indizwert der Dokumentation fehlt es dann, wenn der Dokumentierende Umstände in der Patientenakte festgehalten hat, die sich zu Lasten des im konkreten Fall in Anspruch genommenen Mitbehandlers (Beweisgegners) auswirken, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies aus eigenem Interesse an einer Vermeidung oder Verringerung der eigenen Haftung erfolgt ist.*)
VolltextIMRRS 2024, 0073
BGH, Beschluss vom 14.11.2023 - VI ZR 244/21
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen eines erheblichen Beweisantrags (...).*)
VolltextIMRRS 2024, 0069
OLG Koblenz, Beschluss vom 13.12.2023 - 10 U 472/23
Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten ist unwirksam, wenn auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks ein nicht eindeutig lesbares Datum vermerkt ist (§ 180 Satz 3 ZPO) und der Adressat deshalb den Zeitpunkt der Einlegung in den Briefkasten nicht ersehen kann.*)
VolltextIMRRS 2023, 1341
LG Karlsruhe, Beschluss vom 03.07.2023 - 4 OH 3/23
1. Im selbständigen Beweisverfahren kann das Gericht die Vorlage von Unterlagen durch den Antragsgegner und/oder dessen Streithelfer nicht anordnen.
2. Die für eine solche Vorlageanordnung notwendige Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung ist dem Gericht im selbständigen Beweisverfahren verwehrt. § 142 ZPO findet im selbständigen Beweisverfahren keine Anwendung.
VolltextIMRRS 2023, 0461
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.03.2023 - 6 W 11/23
Hat der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens der Landeskasse Vorschuss auf die Gerichtskosten gezahlt und schließt er dann mit dem Antragsgegner, dem zuvor Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, einen verfahrensbeendenden Vergleich, nach dessen Inhalt dieser Antragsgegner auch an den Gerichtskosten beteiligt ist, bewirkt dies nur bei zur Akte niedergelegter richterlicher Einwilligung in diese mitvereinbarte Kostenregelung, dass der Antragsteller seine Vorschusszahlungen quotal von der Gerichtskasse zurückfordern kann.
VolltextIMRRS 2023, 0450
LG Hannover, Urteil vom 24.11.2022 - 17 O 134/22
1. Die Inhaftierung eines Geschäftsführers allein kann eine Verlagerung des Geschäftsorts seiner Gesellschaft nicht bewirken (BGH, Beschluss vom 02.07.2008 - IV ZB 5/08, IBRRS 2008, 2413).
2. Eine Zustellung an die Gesellschaft kann nur dann nicht mehr in den zu den Geschäftsräumen gehörenden Briefkasten erfolgen, wenn nach außen erkennbar ist, dass kein Geschäftsbetrieb mehr stattfindet.
VolltextIMRRS 2024, 0065
BGH, Beschluss vom 23.11.2023 - I ZB 29/23
Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Gläubigers gegen die Entscheidung, mit der gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld verhängt worden ist, steht die fehlende Beschwer entgegen, wenn in seinem Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgelds weder ein konkreter Betrag noch eine ungefähre Größenordnung des Ordnungsgelds angegeben wurde und das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach seinem Ermessen festgesetzt hat.*)
VolltextIMRRS 2024, 0064
BGH, Beschluss vom 30.11.2023 - III ZB 4/23
Für die einfache Signatur eines Schriftsatzes gem. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO genügt es, wenn am Ende des Schriftsatzes der Name des Verfassers maschinenschriftlich wiedergegeben ist (Anschluss an BGH, IBR 2023, 106 = IMR 2023, 36; BAG, IBR 2021, 56; BSG, Beschluss vom 16.02.2022 - B 5 R 198/21 B, IBRRS 2022, 1059 = IMRRS 2022, 0401).*)
VolltextIMRRS 2024, 0061
OLG Rostock, Beschluss vom 19.10.2023 - 3 U 113/21
Die Spezialzuständigkeit gem. § 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG für Streitigkeiten aus Bauverträgen greift auch ein, wenn der Unternehmer die Bauleistung nicht berufsmäßig erbringt, denn Unternehmer im Sinne des Werkvertragsrechts kann jede natürliche Person unabhängig von einer gewerblichen Tätigkeit sein.*)
VolltextIMRRS 2024, 0056
OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.12.2023 - 18 W 133/23
1. Die Kosten eines prozessbegleitend eingeholten Privatgutachtens sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig, weil es während eines Rechtsstreits grundsätzlich Sache des Gerichts ist, Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen.
2. Die Einholung eines Parteigutachtens kann jedoch erforderlich sein, wenn die Partei das Sachverständigengutachten zur Wiederherstellung der "Waffengleichheit" benötigt, wenn der Gegner seinerseits ein Privatgutachten eingeholt hat oder wenn die fachunkundige Partei erst durch das Gutachten in die Lage versetzt wird, die bei der Gegenseite bestehende Sachkenntnis ausgleichen zu können.
3. Die Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens kann zudem zu bejahen sein, wenn die Partei auf die Hinzuziehung eines eigenen Sachverständigen zwingend angewiesen ist, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen oder um die Feststellungen eines gerichtlichen Sachverständigen zu überprüfen und zu widerlegen.
VolltextIMRRS 2024, 0059
BGH, Beschluss vom 09.11.2023 - V ZB 67/22
1. Wird ein nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss gem. § 28 Abs. 2 WEG mit dem Ziel angefochten, den Beschluss insgesamt für ungültig erklären zu lassen, bemisst sich die Beschwer des Klägers im Falle der Abweisung der Klage weiterhin in aller Regel nach seinem Anteil am Nennbetrag der Abrechnung (im Anschluss an Senat, Urteil vom 24.02.2023 - V ZR 152/22, Rz. 24 ff., IMR 2023, 210 = NJW 2023, 2111).*)
2. Dass der gem. § 49 GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels des unterlegenen Anfechtungsklägers maßgeblichen Beschwer entspricht, ändert nichts daran, dass für die Wertbemessung die gleichen Grundsätze gelten, soweit es um das für beide Werte relevante Einzelinteresse des Anfechtungsklägers an einer stattgebenden Entscheidung geht (Abgrenzung zu Senat, Beschluss vom 24.03.2022 - V ZR 149/21, Rz. 6, IBRRS 2022, 1556 = IMRRS 2022, 0625 = NJW 2022, 2195).*)
VolltextIMRRS 2024, 0058
BGH, Urteil vom 21.12.2023 - IX ZR 238/22
Der Klageantrag auf Herausgabe einer verkörperten Information ist als Prozesserklärung im Wege der Auslegung nicht auf die Herausgabe der Information als solche zu verstehen, sondern auf Herausgabe der Verkörperung, in der sie enthalten ist.*)
VolltextIMRRS 2024, 0054
BGH, Urteil vom 26.10.2023 - IX ZR 250/22
1. Zu den Voraussetzungen einer Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht wegen eines Verfahrensmangels.*)
2. Ist Gegenstand der Anfechtung nur das Verpflichtungsgeschäft, richtet sich die Rückabwicklung der daraus erbrachten Leistungen zu Gunsten der Insolvenzmasse nach allgemeinen Vorschriften.*)
3. Ist nur ein Kaufvertrag angefochten, richtet sich der Wert der durch den Eigengebrauch der Kaufsache gezogenen Nutzungen im Grundsatz nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer; ist der Kaufvertrag als unentgeltliche Leistung angefochten, ist die Wertminderung am objektiven Wert der Sache zu messen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0052
BGH, Beschluss vom 22.11.2023 - VII ZR 6/23
Zur Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes der Berufung einer zur Gewährung von Bucheinsicht verurteilten Partei.*)
VolltextIMRRS 2024, 0053
BGH, Urteil vom 29.11.2023 - VIII ZR 7/23
Zum Vorliegen eines Binnensachverhalts i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO bei einem Mietvertrag über eine im Inland gelegene Mietwohnung.*)
VolltextIMRRS 2024, 0051
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.12.2023 - 9 A 741/23
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht nicht nur, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sondern auch, sie über entscheidungserhebliche tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte zu informieren. Es sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten im Prozess selbstbestimmt und situationsspezifisch gestalten können.
2. Zum Recht auf rechtliches Gehör gehört auch die Möglichkeit der Akteneinsicht.
3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch die prozessuale Mitverantwortung des Beteiligten begrenzt. Es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, wenn ein Beteiligter es unterlässt, Gebrauch von den ihm verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten zu machen, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
4. Von einem Beteiligten kann grundsätzlich erwartet werden, dass er nicht untätig bleibt, wenn er erkennt, dass das Gericht seinen Antrag auf Akteneinsicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt lässt.
VolltextIMRRS 2024, 0049
VG Schleswig, Beschluss vom 19.12.2023 - 8 B 31/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2024, 0040
LG Rottweil, Urteil vom 25.07.2022 - 1 S 33/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIMRRS 2024, 0045
OLG Hamburg, Beschluss vom 27.10.2023 - 4 W 84/23
Die Kosten für die Erstellung eines Rechtsgutachtens über ausländisches Recht können erstattungsfähig sein, wenn sie notwendig sind. Dies ist aber bei einem während des Rechtsstreits eingeholten Rechtsgutachten nicht der Fall, wenn dieses nicht erforderlich ist, um den Anspruch schlüssig zu begründen oder um sich gegen die geltenden gemachten Ansprüche sachgemäß zu verteidigen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0042
BVerwG, Beschluss vom 12.10.2023 - 10 C 4.22
1. Wegen Besorgnis der Befangenheit ist ein Richter an der Mitwirkung und Entscheidung eines Streitfalls gehindert, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
2. Nahe persönliche Beziehungen eines Richters zu einer Partei oder ihrem Prozessvertreter können die Besorgnis der Befangenheit begründen. Ob die Besorgnis der Befangenheit mit Rücksicht auf freundschaftliche Beziehungen gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
3. Im Regelfall reichen eine bloße Bekanntschaft oder eine lockere Freundschaft nicht aus, um an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Dagegen können über das übliche Maß persönlicher oder kollegialer Bekanntschaft hinausgehende freundschaftliche Beziehungen oder gar eine enge Freundschaft zwischen Richter und Partei Umstände sein, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters begründen können.
4. An die Qualität und Intensität eines als Ablehnungsgrund in Betracht kommenden Freundschaftsverhältnisses zum Prozessvertreter einer Partei sind höhere Anforderungen zu stellen als an ein solches Näheverhältnis zu einer Partei selbst.
VolltextIMRRS 2024, 0033
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.12.2023 - 4 B 578/22
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2024, 0017
OLG München, Beschluss vom 14.08.2023 - 33 W 321/23 e
1. Der Streitwert der Pflichtteilsstufenklage bestimmt sich nach den realistischen wirtschaftlichen Erwartungen des Klägers zu Beginn des Verfahrens (Anschluss an BGH, XII ZB 219/13, NZFam 2014, 787).*)
2. Für die Bemessung der realistischen wirtschaftlichen Erwartungen des Klägers kann auf die Erkenntnisse bei Beendigung des Verfahrens abzustellen sein, wenn die zu Beginn des Verfahrens mitgeteilten Erwartungen ersichtlich unzutreffend waren.*)
VolltextIMRRS 2024, 0001
KG, Beschluss vom 18.09.2023 - 8 W 31/23
1. Der Gebührenstreitwert für eine Klage auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung bis zum unbekannten Zeitpunkt der Räumung richtet sich nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO.
2. Die Höhe des Streitwerts ist gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Sachgerecht ist es, auf die voraussichtliche Dauer vorn Zeitpunkt der Einreichung der Klage bis zur tatsächlichen Räumung abzustellen.
3. Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die eine längere oder kürzere Frist erwarten lassen, ist regelmäßig von einem Zeitraum von 12 Monaten auszugehen.
VolltextOnline seit 2023
IMRRS 2023, 1648BGH, Beschluss vom 08.11.2023 - VIII ZB 39/23
Mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG kann sich der Erinnerungsführer nur gegen den Kostenansatz selbst, also gegen die Verletzung des Kostenrechts und nicht gegen die Kostenbelastung der Partei als solche wenden.
VolltextIMRRS 2023, 1647
BGH, Beschluss vom 11.12.2023 - I ZB 69/23
1. Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts in einem Zwangsvollstreckungsverfahren ist die Rechtsbeschwerde nur unter der Voraussetzung statthaft, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
2. Lässt das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht zu, ist diese Entscheidung nicht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde anfechtbar. Ein solches Rechtsmittel ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten.
VolltextIMRRS 2023, 1645
KG, Beschluss vom 09.11.2023 - 10 W 167/23
Veranlassung zur Klageerhebung i.S.v. § 93 ZPO gibt ein Beklagter dann, wenn sein Verhalten vor dem Prozess aus Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen. Diese Beurteilung bedarf einer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und ist allgemeiner Beurteilung nicht zugänglich.*)
VolltextIMRRS 2023, 1627
LG Lübeck, Beschluss vom 29.11.2023 - 7 T 471/23
Werden mehrere Grundstücke in verschiedenen Verfahren versteigert, gilt § 76 ZVG nicht. Die Regelung kann auch dann nicht analog angewendet werden, wenn zwar die Voraussetzungen für eine Verbindung nach § 18 ZVG vorliegen, eine Verbindung aber - etwa aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten - nicht erfolgt.*)
VolltextIMRRS 2023, 1641
OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2023 - 1 AGH 128/21
1. Ein Ablehnungsgesuch ohne Begründung ist unzulässig, da die Ablehnung dann stattfindet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
2. Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen. Fehlt es an der Benennung des Ablehnungsgrundes, kann nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Richterablehnung vorliegen oder nicht.
VolltextIMRRS 2023, 1611
LG Lübeck, Beschluss vom 12.12.2023 - 7 T 341/23
Der Streitwert einer Klage auf Erlaubnis zur Aufnahme der Lebensgefährtin zur Mietwohnung bestimmt sich nicht - ähnlich dem Streitwert einer Klage auf Erteilung einer Untermieterlaubnis nach dem einfachen bzw. dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu erwartenden Untermiete - nach dem einfachen bzw. dreieinhalbfachen Jahresbetrag der zu erwartenden Beteiligung an der Miete.*)
VolltextIMRRS 2023, 1637
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - VII ZR 17/23
1. Geht es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag.
2. Das Gericht muss, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen.
3. Allein eine längere Tätigkeit in einem Bausenat kann nicht ohne weiteres zuverlässige Kenntnisse über das - für die Prüfung einer Ausführungsplanung auf Vollständigkeit - erforderliche bautechnische Fachwissen verschaffen.
VolltextIMRRS 2023, 1620
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.12.2023 - 6 U 451/21
1. Ein Leasinggeber, der durch Rücknahme und Verwertung des Leasingguts und zudem im ersten Rechtszug durch sein Prozessverhalten zu erkennen gibt, von der Wirksamkeit des Rücktritts des Leasingnehmers vom Kaufvertrag über das mangelhafte Leasinggut auszugehen, kann im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg argumentieren, der Leasingnehmer müsse den Leasingvertrag weiter erfüllen, bis er entweder von dem (inzwischen zahlungsunfähigen und nicht mehr greifbaren) Verkäufer die Zustimmung zum Rücktritt beibringe oder jenen erfolgreich verklage.*)
2. Macht ein Kläger im Mahnverfahren zunächst nur vertragliche Erfüllungsansprüche (hier: Leasingraten) geltend und erweitert später im Rechtsstreit die Klage auf einen Schadenersatzanspruch (hier: wegen Abgabe einer falschen Übernahmebestätigung), dann tritt die Verjährungshemmung zunächst nur bezüglich der ersten Forderung ein.*)
3. Eine AGB-Klausel des Leasinggebers, wonach der Leasingnehmer dem Leasinggeber nach Rückgängigmachung des Kaufvertrags für die Erfüllung des Zahlungsanspruchs gegen den Verkäufer hafte, ist unwirksam.*)
VolltextIMRRS 2023, 1605
OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.01.2023 - 13 W 48/23
Der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren ist nach Einholung des Sachverständigengutachtens bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers festzusetzen. Eine durch den Antragsteller bei der Antragstellung vorgenommene Schätzung ist weder bindend noch maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn er - ohne sich bei der Antragsschrift auf einen bestimmten Reparaturweg festgelegt zu haben - ergänzende Fragen an den Sachverständigen zu Mangelbeseitigungsmaßnahmen stellt und der Sachverständige diese Maßnahmen nicht für erforderlich hält.*)
VolltextIMRRS 2023, 1614
BGH, Beschluss vom 26.10.2023 - III ZR 184/22
Bringt eine Partei auf einen richterlichen Hinweis ein neues entscheidungserhebliches Angriffs- oder Verteidigungsmittel vor, ist dies der anderen Partei mitzuteilen und das Vorbringen, mit dem diese dem neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegentritt, gleichfalls zu berücksichtigen (vgl. BGH, IBR 2011, 735).*)
VolltextIMRRS 2023, 1603
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.11.2023 - 24 U 103/22
Die Anhörungsrüge ist nicht eröffnet, soweit die rügende Partei lediglich ihre eigene Rechtsansicht an die Stelle der Rechtsauffassung des Gerichts setzt.*)
VolltextIMRRS 2023, 1600
KG, Beschluss vom 15.09.2023 - 10 U 141/21
1. Ein Aufhebungskläger, die gegenüber der Zustellungsbescheinigung einer einstweiligen Verfügung, die von der formwirksamen Zustellung nach § 195 ZPO ausgeht, keine Einwände erhoben und/oder Mängel geltend gemacht hat, so dass der Aufhebungsbeklagte keinen Anlass hatte, die einstweilige Verfügung erneut zuzustellen, ist es im Aufhebungsprozess verwehrt, sich auf Zustellungsmängel zu berufen.
2. Für die Heilung eines Zustellungsmangels nach § 189 ZPO ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Empfänger eine inhaltlich mit dem zu übermittelnden Schriftstück übereinstimmende Kopie erhält, die auch in der einem anderen Verfahrensbeteiligten zugegangenen, inhaltsidentischen beglaubigten Abschrift der zuzustellenden Entscheidung oder auch in einer Kopie von dieser bestehen kann.
VolltextIMRRS 2023, 1599
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - V ZB 9/23
1. Wird die Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers gegen einen nach dem 30.11.2020 auf der Grundlage des Wirtschaftsplans gefassten Beschluss über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen abgewiesen, bestimmt sich die Beschwer weiterhin in aller Regel nach der Höhe der Vorschüsse, die dem Anteil aus dem Wirtschaftsplan entsprechen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18.09.2014 - V ZR 290/13, Rz. 10, IMR 2014, 535 = NJW 2014, 3583).*)
2. Ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den "der Wirtschaftsplan genehmigt wird", ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen.*)
IMRRS 2023, 1491
VerfGH Bayern, Entscheidung vom 24.08.2023 - Vf. 38-VII-21
1. Mangels ausreichender Grundrechtsrüge unzulässige Popularklage einer Gemeinde gegen eine Vorschrift im Zweckentfremdungsgesetz, die die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit einer Zweckentfremdung näher regelt.*)
2. Das Zweckentfremdungsgesetz räumt mit der Satzungsermächtigung des Art. 1 Satz 1 ZwEWG und der damit verbundenen - verfassungsrechtlich erforderlichen - näheren Ausgestaltung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Art. 2 ZwEWG den Gemeinden mit Wohnraummangel erst die erforderlichen Handlungsoptionen ein, durch den Erlass eigener Zweckentfremdungssatzungen das Gesamtwohnraumangebot zu erhalten. Es beschränkt somit keine Kompetenzen, über die die Gemeinden kraft ihres Selbstverwaltungsrechts gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV bereits vor seinem Erlass verfügt hätten.*)
3. Zu den Darlegungsanforderungen, wenn in der Sache ein gesetzgeberisches Unterlassen gerügt wird.*)
VolltextIMRRS 2023, 1593
BGH, Beschluss vom 14.11.2023 - XI ZB 10/23
Ein Rechtsanwalt kann auf die erste Fristverlängerung nur dann vertrauen, wenn er Gründe mitliefert.
VolltextIMRRS 2023, 1588
BGH, Beschluss vom 24.10.2023 - EnZR 20/22
1. Die Klagerücknahme kann im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erklärt werden. Gleiches gilt für die Stellung eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
2. Der qualifizierte Anwaltszwang gem. § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO will eine geordnete Rechtspflege durch spezialisierte Anwälte mit besonderer Erfahrung und Kompetenz im Revisionsrecht sicherstellen. Dieser bedarf es für die Stellung eines Kostenantrags oder die Rücknahme der Klage sowie die Zustimmung zur Klagerücknahme nicht.
VolltextIMRRS 2023, 1580
LG Erfurt, Beschluss vom 05.09.2023 - 8 O 1462/20
Die Rücknahme der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das vorlegende Gericht ist unanfechtbar und nicht mit Rechtsmitteln angreifbar.
VolltextIMRRS 2023, 1585
BGH, Beschluss vom 28.09.2023 - V ZR 3/23
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Dazu gehört der Antrag einer Partei auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen, und zwar auch des Sachverständigen aus einem vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahren.
2. Auch wenn das Gericht selbst das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht, dürfen diese Fragen nicht zurückgewiesen werden, da ansonsten eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vorliegt.
VolltextIMRRS 2023, 1567
BAG, Beschluss vom 21.11.2023 - 2 AZN 153/23
1. Die Gerichte sind grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern zu besetzen. Die Verwendung von Richtern ohne diese Garantie der persönlichen Unabhängigkeit muss die Ausnahme bleiben.
2. Das Grundgesetz setzt als Normalfall den Richter voraus, der unversetzbar und unabsetzbar ist. Haben bei einer Entscheidung ohne zwingende Gründe Richter mitgewirkt, die nicht hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind, ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.
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