Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16164 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2017
IMRRS 2017, 0108
OLG Celle, Beschluss vom 22.06.2016 - 14 U 57/16
1. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts bestimmt sich nach dem Ort, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist (sog. Erfüllungsort).
2. Der Gerichtsstand des Bauvorhabens als Erfüllungsort ist für eine Klage aus einem Ingenieurvertrag jedenfalls dann nicht gegeben, wenn es in dem Rechtsstreit nicht mehr um die Verpflichtungen aus dem ursprünglich geschlossenen Ingenieurvertrag geht, sondern um einen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gem. § 648a BGB aus einem Vergleich.
3. Die Verpflichtungen aus einem Vergleich zwischen Auftraggeber und Ingenieur hat der Auftraggeber - sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben - an seinem allgemeinen Gerichtsstand zu erfüllen.

IMRRS 2017, 0035

OVG Sachsen, Beschluss vom 22.12.2016 - 1 B 283/16
1. Ein ausschließlich schuldrechtlich Nutzungsberechtigter (z. B. Mieter) ist generell nicht antragsbefugt, die aufschiebende Wirkung eines Anfechtungswiderspruchs i.S.v. § 80 Abs. 5 VwGO gerichtlich anordnen zu lassen.
2. Die Antragsbefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO (analog) kann auch nicht damit begründet werden, dass die mit Widerspruch angefochtene Baugenehmigung ein Brandschutzkonzept zum Gegenstand hat, das nach Auffassung des Nutzungsberechtigten nicht nur untauglich ist, sondern vielmehr eine Gefährdung für Leib, Leben und Gesundheit i.S.v. Art. 2 Abs. 2 GG derjenigen Menschen aufrechterhält, die sich im betroffenen Gebäude aufhalten.

IMRRS 2017, 0102

AG Bremen, Beschluss vom 29.12.2016 - 9 C 447/13
1. Schuldet der Vermieter die Sanierung einer vom Mieter insofern zeitweise zu räumenden Mietwohnung, so ist eine vertretbare Handlung im Sinne des § 887 ZPO grundsätzlich gegeben.*)
2. Eine Vereitelung der Erfüllung durch den Mieter/Gläubiger liegt nicht vor, wenn der Vermieter/Schuldner Ersatzwohnraum aus seinem Bestand unter Umgehung des Prozessbevollmächtigten des Gläubigers anbietet. Notfalls ist dem Mieter/Gläubiger unverzüglich ein Hotelaufenthalt für die Dauer der Sanierungsarbeiten zu ermöglichen.*)
3. Eine Vorschussleistung nach § 887 Abs. 2 ZPO muss gesondert beantragt werden.*)

IMRRS 2017, 0034

LG Dortmund, Urteil vom 30.08.2016 - 1 S 410/15
Macht ein ehemaliger Wohnungseigentümer, der vor Rechtshängigkeit der Klage seine Eigentumswohnung verkauft und übereignet hat, Schadensersatzansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend, handelt es sich nicht um eine Wohnungseigentumssache. Die Gerichtszuständigkeit für die Klage eines Dritten gegen eine WEG richtet sich nach § 43 Nr. 5 WEG und für die Berufung nach § 72 Abs. 2 GVG.

IMRRS 2017, 0100

OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.11.2016 - 2 W 57/16
Der Streitwert der Nebenintervention richtet sich nach dem konkreten wirtschaftlichen Interesse, also den drohenden Regressansprüche, die der Nebenintervenient beim Unterliegen der Hauptpartei zu erwarten hätte.

IMRRS 2016, 1898

OLG München, Urteil vom 06.12.2016 - 28 U 2388/16 Bau
1. Eine vom Bauträger in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des notariellen Erwerbsvertrags verwendete Klausel, nach der die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Verwalter oder durch einen von ihm zu bestimmenden Baufachmann erklärt wird, ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
2. Wird neben dem Verwalter auch ein Sachverständiger bevollmächtigt, macht das die Abnahmeklausel nicht wirksam, sondern erst Recht unwirksam, weil dadurch die Abnahme dem Erwerber noch weiter entzogen wird.
3. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist keine originäre Angelegenheit der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern des einzelnen Erwerbers. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt daher die Beschlusskompetenz, einen Mehrheitsbeschluss zur Erklärung der Abnahme des Gemeinschaftseigentums zu fassen.
4. Auch ohne ausdrückliche öffentlich-rechtlich normierte Verpflichtung zum Anbringen von Schneefanggittern auf dem Dach eines Bauvorhabens, kann sich eine solche Verpflichtung wegen generellem Schneereichtum des Ortes (Schneelastzone 3) als privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht begründen.
5. Ist über die Höhe eines Schadens auf Grundlage einer fiktiven Abrechnung auf Gutachtensbasis bereits rechtskräftig entschieden, kann der Geschädigte nach erfolgter Mängelbeseitigung nicht mehr zur konkreten Schadensabrechnung übergehen. Ein insoweit gestellter Feststellungsantrag ist daher unzulässig.
IMRRS 2017, 0086

OVG Saarland, Beschluss vom 23.12.2016 - 1 A 348/16
Ein Beteiligter, der die ihm prozessual eröffnete Möglichkeit, seinen Rechtsstandpunkt zu einer bestimmten Rechtsfrage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht darzulegen, bewusst nicht nutzt, kann im Zulassungsverfahren nicht unter Hinweis auf Art. 103 Abs. 1 GG verlangen, dass diese Rechtsfrage aus dem Prüfprogramm des Zulassungsverfahrens ausgeklammert wird.*)

IMRRS 2017, 0085

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.12.2016 - 2 S 2506/14
1. Ergeht ein Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung durch Zustellung an die Beteiligten, tritt die einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung entgegenstehende Bindungswirkung bereits mit der Übergabe des Tenors der Entscheidung an die Geschäftsstelle ein, wenn diese gleichzeitig schriftlich angewiesen wird, den Entscheidungstenor auf telefonische Anfrage der Beteiligten an diese bekannt zu geben, da das Gericht die Entscheidung damit "aus der Hand gegeben" hat.*)
2. Wird ein wirksam unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangener Abgabenbescheid unter Aufhebung des Vorbehalts durch einen endgültigen Bescheid ersetzt, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel gegen den Vorbehaltsbescheid. Der endgültige Bescheid wird nicht ohne weiteres Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahren, da die VwGO keine den Vorschriften des § 68 FGO und § 96 Abs. 1 SGG entsprechende Regelung kennt.*)

IMRRS 2017, 0084

BGH, Urteil vom 16.11.2016 - VIII ZR 297/15
Nimmt der Kläger den Beklagten gem. § 433 Abs. 2 BGB auf Kaufpreiszahlung in Anspruch, ist der Gegenstand des erhobenen Anspruchs i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, wenn der Kläger in der Klageschrift vorträgt, dass er dem Beklagten Waren geliefert habe, und er darüber hinaus die diesbezüglich ausgestellten Rechnungen mit Betrag, Datum und (Rechnungs-)Nummer bezeichnet.*)

IMRRS 2017, 0070

LG Stuttgart, Beschluss vom 22.01.2016 - 19 T 519/15
Wenden sich Wohnungseigentümer gegen einen Beschluss zur Anbringung einer Überdachung eines Balkons, um einen verstärkten Schattenwurf auf ihren Garten zu verhindern, beträgt der Streitwert 50% des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen.

IMRRS 2017, 0044

BGH, Beschluss vom 10.11.2016 - V ZR 54/16
Das wirtschaftliche Interesse eines Wasserversorgers, ein zu seinen Gunsten mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastetes Grundstück für die Verlegung und Nutzung eines Energietransportkabels in Anspruch zu nehmen, bestimmt sich entweder nach den Kosten, die für die Entfernung des Kabels und eine andere Leitungsführung anfallen, oder nach den Mehrkosten, die durch das verlegte Kabel bei Bauvorhaben des Grundstückseigentümers entstanden sind oder entstehen werden und von dem Wasserversorger alternativ zu der Entfernung der Leitung zu übernehmen sind.

IMRRS 2017, 0042

BGH, Beschluss vom 10.11.2016 - I ZB 29/16
1. Rechtsanwälte müssen in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuverlässig gewährleistet, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen.
2. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung des Rechtsanwalts, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einem dazu beauftragten Mitarbeiter nochmals abschließend selbständig geprüft wird.
3. Alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, müssen innerhalb der maßgeblichen Antragsfrist vorgetragen werden.
4. Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden.
5. Später nachgeschobene Tatsachen, die nicht der Erläuterung oder Ergänzung fristgerecht geltend gemachter Wiedereinsetzungsvoraussetzungen dienen, müssen unberücksichtigt bleiben.

IMRRS 2017, 0043

OLG Schleswig, Urteil vom 15.12.2016 - 11 U 119/15
Ein Vergleich kann wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen nur dann angefochten werden, wenn eine Aufklärungspflicht des Anfechtungsgegners bestand (hier verneint).

IMRRS 2017, 0041

BGH, Beschluss vom 29.11.2016 - VI ZR 152/15
1. In einer Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. "Darlegen" bedeutet mehr als nur einen allgemeinen Hinweis; "etwas darlegen" bedeutet vielmehr so viel wie "erläutern", "erklären" oder "näher auf etwas eingehen".
2. Der Beschwerdeführer hat die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, zu benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vorzutragen. Das Revisionsgericht muss dadurch in die Lage versetzt werden, allein anhand der Beschwerdebegründung - unter Einbeziehung der dort in Bezug genommenen Aktenstellen - und des Berufungsurteils die Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen.

IMRRS 2017, 0063

BGH, Beschluss vom 16.06.2016 - V ZR 192/15
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2017, 0019

BGH, Beschluss vom 17.11.2016 - V ZB 77/16
Eine Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG liegt vor, wenn ein Wohnungseigentümer von einem anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung bzw. auf Widerruf von Äußerungen in Anspruch genommen wird, die er in einer Wohnungseigentümerversammlung getätigt hat, es sei denn, ein Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer ist offensichtlich nicht gegeben (Anschluss an Senat, Beschluss vom 17.11.2016 - V ZB 73/16, IBRRS 2017, 0064 = IMRRS 2017, 0018).

IMRRS 2016, 1903

LG Berlin, Beschluss vom 11.11.2016 - 67 S 152/16
1. Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein objektiver Grund vorliegt, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger und besonnener Überlegung die Befürchtung aufkommen lassen kann, der Richter stehe den Verfahrensbeteiligten oder dem Gegenstand des Verfahrens nicht sachlich und unvoreingenommen, also nicht unparteilich gegenüber. Es kommt insoweit allein darauf an, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln.
2. Ein Befangenheitsantrag kann nicht darauf gestützt werden, dass die Richter mit ausführlicher Begründung auf ihre Absicht hingewiesen haben, die eingelegte Berufung abzuweisen.
3. Unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits bezweckt der Zurückweisungsbeschluss, den Rechtsschutz für den Bürger effektiver zu gestalten, indem die in erster Instanz erfolgreiche Partei - in einem Mietrechtsstreit der Mieter oder der Vermieter - schneller Gewissheit über die Endgültigkeit ihres Obsiegens erlangt und Anreize vermindert werden, durch die Einlegung der Berufung Zeit zu gewinnen und die Vollstreckung des titulierten Anspruchs hinauszuzögern.

IMRRS 2017, 0028

BGH, Beschluss vom 14.12.2016 - VII ZB 29/16
Der Antragsteller hat in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine solche Kostenentscheidung auf Antrag im selbständigen Beweisverfahren.*)

IMRRS 2017, 0018

BGH, Beschluss vom 17.11.2016 - V ZB 73/16
Wird ein Wohnungseigentümer von einem anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung bzw. auf Widerruf von Äußerungen in Anspruch genommen, die er in der Wohnungseigentümerversammlung getätigt hat, liegt eine Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG vor, es sei denn, ein Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer ist offensichtlich nicht gegeben.*)

IMRRS 2017, 0037

OLG München, Urteil vom 19.10.2016 - 3 U 644/16
(ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2017, 0025

AG Charlottenburg, Urteil vom 16.11.2016 - 231 C 309/16
(ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2017, 0015

BGH, Beschluss vom 17.11.2016 - V ZR 86/16
1. Der in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer des Rechtsmittelführers.*)
2. Wird mit der gegen einen Wohnungseigentümer gerichteten Klage die Beseitigung einer baulichen Veränderung verlangt, bemisst sich der Streitwert gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem (hälftigen) klägerischen Interesse an der Beseitigung und dem (hälftigen) Interesse der Beklagten, keinen Rückbau vornehmen zu müssen; daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des § 49a Abs. 2 GKG zu beachten.*)

IMRRS 2016, 1909

BGH, Urteil vom 13.10.2016 - IX ZR 149/15
1. Ein Mietausfallschaden ist hinreichend dargelegt, wenn der Vermieter vorträgt, dass angesichts des Mietobjekts und der Marktlage üblicherweise innerhalb einer bestimmten Frist ein neuer Mieter gefunden worden wäre.
2. Die Vermietungswahrscheinlichkeit folgt keiner festen Regel und hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Wird der Verwalter als Zeuge dafür benannt, dass die sofortige Vermietbarkeit der Wohnung zum verlangten Mietzins möglich gewesen wäre, darf dieser Beweisantritt nicht übergangen werden.

IMRRS 2017, 1665

BGH, Beschluss vom 12.10.2016 - V ZB 178/15
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2016, 1882

BVerfG, Beschluss vom 13.07.2016 - 2 BvR 1341/16
1. Ist eine Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert und deshalb unzulässig, kann keine einstweilige Anordnung erlassen werden. Die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Einstellung einer Räumungsvollstreckung erfordert nur bei offenem Ausgang der Verfassungsbeschwerde eine Folgenabwägung.
2. Wird nach Ablehnung von Vollstreckungsschutz wegen Selbstmordgefährdung des Mieters eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, muss umfänglich dargelegt werden, warum und in welcher Weise eine Gefährdung durch Fortführung der Räumungsvollstreckung gegeben ist.

Online seit 2016
IMRRS 2016, 1904
LG Berlin, Beschluss vom 18.10.2016 - 67 S 327/16
Nimmt der Vermieter einen Dritten als Besitzer der Wohnraummietsache nach § 940a Abs. 2 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Räumung und Herausgabe in Anspruch, trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er vom Besitzerwerb des Dritten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des gegen den Wohnraummieter geführten Räumungsprozesses Kenntnis erlangt hat. Ein non-liquet geht zulasten des Vermieters.*)

IMRRS 2016, 1917

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZR 277/14
1. Die Frist zur Einlegung einer Anhörungsrüge nach § 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt im Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Möglichkeit der Verletzung rechtlichen Gehörs zu laufen. Bei schriftlichen Entscheidungen fällt der Zeitpunkt der Kenntniserlangung regelmäßig mit der Zustellung der Entscheidung zusammen.
2. Die Notfrist beginnt mit Zustellung an den Prozessbevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu laufen. Es ist irrelevant, zu welchem Zeitpunkt der Kläger oder der zweitinstanzlich für ihn tätige Prozessbevollmächtigte die Entscheidung übermittelt erhielt.

IMRRS 2016, 1914

OVG Saarland, Beschluss vom 24.11.2016 - 2 C 162/16
1. Ein nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellter Normenkontrollantrag gegen einen als Satzung beschlossenen Bebauungsplan ist auch dann unzulässig, wenn die Bekanntmachung des Bebauungsplans fehlerhaft war.*)
2. Mängel bei der Bekanntmachung eines Bebauungsplans sind für den Fristbeginn ohne Bedeutung; ob der Bebauungsplan wirksam in Kraft getreten ist, ist eine Frage der Begründetheit der Normenkontrolle.*)

IMRRS 2016, 1932

BGH, Beschluss vom 11.10.2016 - VI ZR 547/14
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge.
2. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet.

IMRRS 2016, 1896

OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.11.2016 - 6 U 51/15
1. Ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Kündigung (hier: eines Mietvertrags über ein Altenpflegeheim) setzt einen schlüssig vorgetragenen Schaden voraus.
2. Um eine eingetretene Vermögensminderung zu berechnen, muss zunächst dargestellt werden, wie sich die Vermögenslage bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung dargestellt hätte und anschließend die Vermögenssituation dargestellt werden, wie sie sich aus der behaupteten Pflichtverletzung ergibt. Dabei sind sämtliche Vor- und Nachteile des nicht erfüllten Vertrages zu saldieren.

IMRRS 2016, 1895

OLG Schleswig, Beschluss vom 20.04.2016 - 15 UF 84/15
1. Möchte ein Ehegatte die Aufhebung der Gemeinschaft am ehelichen Grundstück, besteht gegenüber dem anderen Ehegatten und Miteigentümer ein Anspruch auf Vornahme der erforderlichen Mitwirkungshandlung.
2. Wird das Recht auf Teillöschung der auf dem Grundstück lastenden Grundschuld geltend gemacht, weil dieses beim geringsten Gebot eine Teilungsversteigerung verhindern würde, ist der Miteigentümer verpflichtet an der Löschung mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn noch kein Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt wurde.

IMRRS 2016, 1899

BAG, Beschluss vom 29.11.2016 - 10 ABR 68/16
Eine Anhörungsrüge kann solange nicht erhoben werden, wie die angegriffene Entscheidung nicht in schriftlicher Ausfertigung vorliegt.

IMRRS 2016, 1867

OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.05.2016 - 13 UF 15/16
1. Das Gewaltschutzgesetz enthält ausschließlich Verfahrensrecht. Es begründet keinen Anspruch, sondern es setzt einen Unterlassungsanspruch zum Schutz der im § 1 GewSchG genannten Rechtsgüter aufgrund materiellen bürgerlichen Rechts voraus.*)
2. Das besondere Verfahrensrecht des Gewaltschutzgesetzes steht nur zur Durchsetzung der Abwehransprüche gegen Gewalt, Drohung und Nachstellung zur Verfügung, nicht auch für andere Ansprüche zwischen den Beteiligten. Liegt im Streit um ein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis und die aus ihm folgenden Ansprüche bei einer wertenden Betrachtung das Schwergewicht der tatsächlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen nicht beim Schutz von Körper, Gesundheit und Freiheit des Gläubigers (§ 1 I 1 GewSchG), so stehen ihm die Verfahrenserleichterungen des Gewaltschutzgesetzes nicht zu.*)
3. Aus der rechtswegübergreifenden Entscheidungskompetenz des im zulässigen Rechtsweg angegangenen Gerichts (§§ 17 II 1, 17 a VI GVG) folgt nicht, dass die Unterscheidung zwischen verschiedenen Verfahrensarten innerhalb desselben Rechtswegs unmaßgeblich wird. Verfahren verschiedener Verfahrensarten können nicht miteinander verbunden werden.*)

IMRRS 2016, 1887

OLG Schleswig, Beschluss vom 13.12.2016 - 1 W 13/16
Eine hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch führt auch dann zu einer Erhöhung des Streitwertes gem. § 45 Abs. 3 GKG, wenn sich der Beklagte als Hauptverteidigung mit anderen rechtlichen Schlussfolgerungen auf gleicher Tatsachenbasis gegen den Anspruch zur Wehr setzt.*)

IMRRS 2016, 1866

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZB 59/14
Gegen einen ausschließlich eine Kostenentscheidung enthaltenden Ergänzungsbeschluss kann gemäß § 99 Abs. 1 ZPO ein Rechtsmittel nur eingelegt werden, wenn auch der Ausgangsbeschluss angefochten ist.*)

IMRRS 2016, 1900

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - XII ZB 550/15
Zur Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstandes bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung (im Anschluss an BGH, 22.01.2014 - XII ZB 278/13, IBRRS 2014, 0807; IMRRS 2014, 0378 und BGH, 14.02.2007 - XII ZB 150/05,·FamRZ 2007, 711).*)

IMRRS 2016, 1862

LG Berlin, Beschluss vom 23.09.2016 - 65 S 54/16
1. Der Streitwert für die Klage auf Mietminderung bemisst sich nach dem 3,5 fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung.
2. Der Streitwert für die Feststellung des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts bemisst sich nach dem Jahresbetrag der Mietminderung.

IMRRS 2016, 1830

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZR 23/14
1. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen.
2. Überspannt das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig und versäumt es dadurch, den Sachvortrag einer Partei in gebotener Weise zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls Beweis zu erheben, stellt dies einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar.
3. Zur ausreichenden und schlüssigen Darlegung eines Schadensersatzanspruchs wegen eines Wasserschadens gehört nicht die Erklärung, wie aufgrund einer geringfügigen Undichtigkeit sich innerhalb kurzer Zeit ein umfangreicher Schaden habe entwickeln können.
4. Es ist für die Schlüssigkeit des Vortrags auch nicht notwendig, dass sich aus ihm der Beweis eines ersten Anscheins für die Verursachung der geltend gemachten Schäden ergibt.

IMRRS 2016, 1826

LG Berlin, Beschluss vom 23.09.2016 - 65 T 159/16
Der Gebührenstreitwert für eine Klage auf Erteilung der Erlaubnis zur Tierhaltung (hier: eines Hundes) in der Mietwohnung richtet sich nach dem Interesse der begehrten Zustimmung (§ 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO). Dabei ist die Bedeutung der Tierhaltung für die Lebensführung des Mieters entscheidend.

IMRRS 2016, 1823

BGH, Beschluss vom 16.09.2016 - V ZR 3/16
1. Das Berufungsgericht muss Schriftsätze der Parteien, die zwar nach Ablauf der gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme, aber vor Erlass des die Berufung zurückweisenden Beschlusses eingehen, zur Kenntnis nehmen und jedenfalls daraufhin überprüfen, ob darin enthaltene Rechtsausführungen der beabsichtigten Verfahrensweise entgegenstehen und zu einem Eintritt in die mündliche Verhandlung veranlassen.*)
2. Erlassen ist der Beschluss in dem Zeitpunkt, in dem das Gericht sich seiner in einer der Verkündung vergleichbaren Weise entäußert hat (im Anschluss an BGH, Urteil vom 01.04.2004 - IX ZR 117/03, NJW-RR 2004, 1574, 1575 = IBRRS 2004, 1096 = IMRRS 2004, 0548).*)
3. Zur Wahrung der Klagebegründungsfrist, wenn eine Beschlussanfechtungsklage innerhalb der Frist nur darauf gestützt wird, dass der Beschluss die Teilungserklärung ändere und dies einstimmig erfolgen müsse, während tatsächlich eine Öffnungsklausel vereinbart und das danach erforderliche Quorum nicht erreicht ist.*)

IMRRS 2016, 1822

OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.10.2016 - 4 U 136/14
1. Sieht der Statiker in den statischen Berechnungen eine geeignete Innenbeplankung eines in Holzständerbauweise zu errichtenden Wohnhauses vor, führt er in dem Wärmeschutznachweis jedoch eine im Hinblick auf Statik und Feuchtigkeit ungeeignete Beplankung auf und ist ihm bekannt, dass diese ungeeignete Beplankung ausgeführt werden soll, muss er den Bauherrn als seinen Auftraggeber unverzüglich auf die Ungeeignetheit der beabsichtigten Ausführung hinweisen.*)
2. Eine gesamtschuldnerische Haftung von ausführendem Unternehmen und Statiker gegenüber dem Bauherrn wird weder durch eine Prozesstrennung noch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmens beendet.*)

IMRRS 2016, 1819

BGH, Beschluss vom 25.10.2016 - VI ZB 8/16
Der Geltendmachung der für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters angefallenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren steht nicht entgegen, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht von der Partei selbst, sondern von einem hinter der Partei stehenden (im Streitfall: Haftpflicht-) Versicherer getragen wurden (Fortführung Senatsbeschluss vom 13.09.2011 - VI ZB 42/10, VersR 2011, 1584 Rn. 13 = IBRRS 2011, 3649 = IMRRS 2011, 2586).*)

IMRRS 2016, 1818

BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZB 35/14
1. Ein Rechtsanwalt, der eine Rechtsmittelbegründungsfrist bis zum letzten Tag ausschöpft, hat wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 09.05.2006 - XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637 = IBRRS 2006, 2016 = IMRRS 2006, 1277).
2. Der erhöhte Sorgfaltsmaßstab führt nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt technische Geräte stets auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüfen muss, ohne hierfür einen konkreten Anlass zu haben.

IMRRS 2016, 1816

OLG Celle, Urteil vom 30.11.2016 - 14 U 136/16
1. Die Beweisaufnahme ist zu wiederholen, wenn der im Verfahren eingesetzte Gutachter (hier: öffentlich bestellt und vereidigt für das Fachgebiet "Honorare für Architektenleistungen"), zusätzlich beauftragt wird, zu beantworten, ob die Tragwerksplanung eines in Niedersachsen ansässigen Statikers in Luxemburg verwertbar ist, und er dazu offensichtlich nicht sachkundig ist.
2. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger muss grundsätzlich über die erforderliche Fachkunde auf dem Gebiet der geradezu beantwortenden Beweisfrage verfügen.
3. Stammt ein Gutachten nicht von einem Sachverständigen, der zu einer entsprechend fachkundigen Beurteilung in der Lage ist, mangelt es dem darauf gestützten Urteil an einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage, so dass es der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt.

IMRRS 2016, 1811

LG Hamburg, Beschluss vom 24.06.2016 - 318 T 10/16
1. Die Verfahrenskosten sind dem Verwalter nur dann aufzuerlegen, wenn dieser den Rechtsstreit verursacht hat und ihm ein grobes Verschulden zur Last fällt. Dies setzt voraus, dass der Verwalter vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt und z.B. Beschlüsse zur Abstimmung vorschlägt, die bereits für ungültig erklärt worden sind oder bei denen offensichtlich erkennbar ist, dass sie zu nichtigen Beschlüssen führen würden.
2. Allein das Aufstellen einer Tagesordnung mit Punkten zur Beschlussfassung führt nicht dazu, dass dem Verwalter etwaige Prozesskosten auferlegt werden können.
3. Werden WEG-Beschlüsse angefochten wegen nicht ordnungsgemäßer Vorbereitung und mit näherer Begründung, warum Kosten zur Balkonsanierung nicht mitgetragen werden müssen, ist zweifelhaft ob der Verwalter pflichtwidrig die Tätigkeit des Gerichts verursacht hat. Es bleibt deshalb bei dem Grundsatz, dass die unterlegene Partei die Prozesskosten zu tragen hat.

IMRRS 2016, 1222

OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.04.2016 - 8 W 104/15
1. Zahlt der Antragsteller nach Ablauf der gesetzten Fristen den angeforderten Auslagenvorschuss ein, so ist das selbständige Beweisverfahren fortzusetzen.
2. Dies gilt auch bei Zahlung erst im entsprechenden Beschwerdeverfahren, nachdem das Beweisverfahren bereits für beendet erklärt wurde.

IMRRS 2016, 1802

OLG Celle, Urteil vom 12.11.2015 - 13 U 9/15
1. Die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Abrechnung kann sich nach § 17 I 2 Nr. 1 StromGVV aus einer enormen und nicht plausibel erklärbaren Abweichung der Verbrauchswerte von denen ua einer nachfolgenden Abrechnungsperiode ergeben.*)
2. Auch wenn ein offensichtlicher Fehler ernsthaft möglich ist, ist der von den nach § 17 I 2 StromGVV berücksichtigungsfähigen Einwendungen nicht erfasste Sockelbetrag der Abrechnung zur Zahlung fällig.*)
3. Insbesondere steht die Regelung des § 17 I 2 StromGVV der Möglichkeit nicht entgegen, einen Mindestverbrauch nach § 287 ZPO zu schätzen, der von der ernsthaften Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Rechnung nicht berührt ist.*)

IMRRS 2016, 1798

OLG Hamm, Beschluss vom 20.10.2016 - 32 SA 63/16
Soll ein von einem Wohnungseigentümer beauftragter Wohnungseigentümer Handwerker einen Schaden am Gemeinschaftseigentum verursacht haben, kann für die Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen beide auf Schadensersatz im Gerichtsstandsbestimungsverfahren das für den Sitz der WEG zuständige Amtsgericht zum gemeinsamen Gericht bestimmt werden, das für die Klage gegen den Wohnungseigentümer (ausschließlich) zuständig ist.

IMRRS 2016, 1782

VerfG Brandenburg, Beschluss vom 11.07.2016 - VfGBbg 9/16 EA
Rechtsschutzinteresse für die Anrufung des Verfassungsgerichts besteht nur dann, wenn der erstrebte Rechtsschutz nicht auf anderem, einfacherem Wege erreichbar erscheint.

IMRRS 2016, 1783

BGH, Beschluss vom 27.10.2016 - V ZB 47/15
Ob der Zustellungsempfänger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter im Sinne von § 171 ZPO ist, ergibt sich aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts; steht fest, dass eine Vollmacht erteilt worden ist, die zu der Entgegennahme von Zustellungen berechtigt, muss nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung derjenige das Erlöschen der Vollmacht beweisen, der sich darauf beruft.*)
