Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16162 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2019
IMRRS 2019, 0993
BGH, Beschluss vom 14.05.2019 - X ZR 94/18
1. Es kann eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Zustellungsadressat, der einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat, sich auf die Fehlerhaftigkeit einer Ersatzzustellung an diesem scheinbaren Wohnsitz beruft.*)
2. Dabei erfordern es die Sicherstellung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die Beachtung der gesetzlichen Schranken für eine wirksame Ersatzzustellung grundsätzlich, dass der Zustellungsadressat bei dem Gericht oder einem Verfahrensbeteiligten bewusst einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt als Voraussetzung für eine Zustellung an dem betreffenden Ort hervorgerufen hat.*)
3. Fehlt es an einem solchen Verfahrensbezug des bewusst hervorgerufenen Anscheins einer Wohnung, darf es dem Zustellungsadressaten regelmäßig nur dann versagt werden, sich auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung zu berufen, wenn er diesen Anschein zumindest insofern zielgerichtet herbeigeführt hat, als er Auswirkungen seines Handelns auf eine Zustellung in einem anhängigen oder möglicherweise bevorstehenden Verfahren in Kauf genommen hat oder sich ihm solche Auswirkungen zumindest aufdrängen mussten (Fortführung von BGH, Urteil vom 16.06.2011 - III ZR 342/09, BGHZ 190, 99 = IBRRS 2011, 2897 = IMRRS 2011, 2074).*)

IMRRS 2019, 0985

KG, Beschluss vom 31.07.2018 - 27 U 58/18
1. Nachlässigkeit i.S.d. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO liegt immer dann vor, wenn eine Partei fahrlässig etwas in der ersten Instanz nicht vorgetragen hat, wobei einfache Fahrlässigkeit nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung genügt.
2. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht dabei dem Verschulden der Partei gleich.
3. Das Landgericht ist nicht verpflichtet, vor der mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, dass keine Klageerwiderung eingegangen ist.

IMRRS 2019, 0981

BVerfG, Beschluss vom 30.09.2018 - 1 BvR 1783/17
1. Die Fachgerichte haben bei der Frage, wann gem. § 937 Abs. 2 ZPO eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen werden kann, einen weiten Beurteilungsspielraum.
2. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berechtigt aber nicht ohne weiteres dazu, die Gegenseite bis zur Entscheidung über den Verfügungsantrag generell aus dem Verfahren herauszuhalten. Nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kommt eine stattgebende Entscheidung vielmehr grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern.

IMRRS 2019, 0992

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.2019 - 15 U 45/18
1. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 30.09.2018 - 1 BvR 1783/17, ibr-online-Werkstatt - Die F.-Tonbänder), wonach der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit es regelmäßig erfordert, dem Antragsgegner in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Erlass einer Beschlussverfügung rechtliches Gehör zu gewähren, gilt auch für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten.*)
2. Ein nach mündlicher Verhandlung über den Widerspruch (§§ 924, 936 ZPO) ergangenes Urteil, welches die Beschlussverfügung bestätigt (§§ 925, 936 ZPO), kann in der Berufungsinstanz nicht mit Erfolg unter Hinweis auf den Gehörsverstoß anlässlich der Beschlussverfügung angefochten werden, da die angegriffene Entscheidung nicht mehr auf dem ursprünglichen Verstoß beruht.*)

IMRRS 2019, 0949

KG, Beschluss vom 10.07.2019 - 24 W 27/19
1. Strebt ein Wohnungseigentümer im Wege der Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG eine Erhaltungsmaßnahme an, ist sein Interesse grundsätzlich i.S.v. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG anhand der Kosten der Maßnahme zu berechnen, die er anstrebt, und die auf ihn nach § 16 Abs. 2 WEG oder einen von den Wohnungseigentümern abweichend bestimmten Umlageschlüssel anteilig entfallen.
2. Das Interesse kann durch andere Einflüsse mitbestimmt werden. Insoweit kommen vor allem eine Wertminderung in Betracht, die das Wohnungseigentum des klagenden Wohnungseigentümers durch die Nichtdurchführung der angestrebten Erhaltungsmaßnahme erleidet, ein Vermögenschaden, etwa eine Mietminderung, oder eine optische Beeinträchtigung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 17.04.2019 - 24 W 20/19 = IBRRS 2019, 2566 = IMRRS 2019, 0949).

IMRRS 2019, 0988

KG, Beschluss vom 04.09.2018 - 27 U 58/18
1. Eine Fristverlängerung setzt voraus, dass erhebliche Gründe für die Fristverlängerung im Antrag glaubhaft gemacht werden.
2. "Erheblicher Arbeitsanfall" ist keine prüffähige Angabe zu Hinderungsgründen, denn es bedeutet nicht per se, dass alle an diesem Tage und in den Tagen zuvor durchgeführten Arbeiten (not-)fristgebundene Arbeiten waren.

IMRRS 2019, 0980

OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.05.2019 - 21 U 42/17
1. Eine Bauteilöffnung ist zur Feststellung eines fehlerhaft ausgeführten Anschlusses der vor das Wärmedämmverbundsystem geführten Abdichtungsbahnen nicht erforderlich, wenn die Gestaltung des Anschlusses auch ohne eine solche feststeht und bereits aufgrund der ausgeführten Konstruktion erkennbar ist, dass diese zu einer Hinterläufigkeit des Anschlusses führt.*)
2. Zum Umfang der Hemmung der Verjährungsfrist gemm § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB i.V.m. § 167 ZPO mit Eingang des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens.*)
3. Da die Feststellungsklage neben der Klage auf Kostenvorschuss nur klarstellenden Charakter hat, ist sie im Rahmen der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.*)

IMRRS 2019, 0979

OVG Saarland, Beschluss vom 16.08.2019 - 2 B 250/19
1. Rechtsanwälte sind grundsätzlich verpflichtet, Fristsachen mit größter Genauigkeit zu behandeln.*)
2. Der Antragsteller muss sich das Versäumnis seiner (früheren) Prozessbevollmächtigten, ihn auf ihre fehlende Absicht, Beschwerde einzulegen, hinzuweisen, zurechnen lassen.*)

IMRRS 2019, 0538

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.03.2019 - 2-13 T 16/19
Ist das WEG-Konzentrationsberufungsgericht (§ 72 Abs. 2 GVG) als Berufungsgericht im Erkenntnisverfahren auch für den als Streitgenossen in Anspruch genommen Mieter zuständig, bleibt diese Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren auch für nur gegen den Mieter gerichtete Vollstreckungsmaßnahmen bestehen.*)

IMRRS 2019, 0973

BGH, Beschluss vom 06.08.2019 - X ARZ 317/19
Für Ansprüche aus § 130a Abs. 1, 2 Satz 1 HGB ist gemäß § 29 Abs. 1 ZPO ein Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft begründet.*)

IMRRS 2019, 0922

OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2019 - 2 U 11/19
1. Es kann durchaus plausibel sein, dass der Zeuge, der als Hausmeister üblicherweise auch mit der Zustellung von Schriftstücken befasst ist, sich nicht an jeden konkreten Einzelfall erinnert. Wenn er sich an den Einzelfall nicht erinnert, können von ihm weder eine "Detailqualität" noch "Realkennzeichen" noch eine "Tatsachenfundierung" erwartet werden.
2. Es kann ohne Weiteres ausreichend sein, aus einem allgemein geübten Verhalten eines Zeugen auf die gleiche Handhabung im konkreten Fall zu schließen.
3. Selbst wenn der Zeuge im Nachhinein versuchen sollte, sich konkrete Kenntnis zu verschaffen, so folgt hieraus nicht, dass er sich hierüber bei seiner Vernehmung nicht sicher gewesen ist.
4. Die für das Strafrecht entwickelte sog. "Nullhypothese" ist nicht geeignet, die dem Richter in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO übertragene Freiheit der Beweiswürdigung im Sinne von festen Beweisregeln einzuschränken

IMRRS 2019, 0519

OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.02.2019 - 13 U 206/18
Ist bei einer Teilungsversteigerung zum Zeitpunkt der Erhebung einer unechten Drittwiderspruchsklage der Zuschlag bereits erteilt, fehlt von vorneherein das Rechtsschutzbedürfnis, da die analog § 771 ZPO erhobene Klage die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses nicht beseitigen und die Vollstreckung aus diesem nicht verhindern kann.

IMRRS 2019, 0948

OVG Saarland, Beschluss vom 28.06.2019 - 2 A 219/19
Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung dar.*)

IMRRS 2019, 0960

BGH, Beschluss vom 18.07.2019 - I ZB 104/18
Wird der Versuch einer gütlichen Erledigung nicht als isolierte Vollstreckungs-maßnahme in einem gesonderten Vollstreckungsauftrag beantragt, stellt er kei-ne besondere Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG zu-steht (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 20. September 2018 I ZB 120/17, WM 2019, 33 Rn. 14 Gebühr für Drittauskunft).*)

IMRRS 2019, 0947

OVG Saarland, Beschluss vom 24.06.2019 - 2 A 140/19
1. Die Zulassungsbegründungsfrist läuft mit der Zustellung des vollständigen, mit Gründen versehenen Urteils. Geringfügige Fehler stellen die Vollständigkeit der Ausfertigung nicht in Frage. Entscheidend ist, ob der Beteiligte den wesentlichen Inhalt des Urteils, insbesondere den Umfang der Beschwer, erkennen kann.*)
2. Da die Zulässigkeit der Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung in einer höheren Instanz von der gewissenhaften Einhaltung der Rechtsmittelfristen abhängt, ist jeder Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet, Fristsachen mit größter Genauigkeit zu behandeln.*)
3. Es ist nicht erkennbar, inwieweit das Fehlen eines Dienstsiegels einen Rechtsanwalt an der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gehindert haben soll.*)
4. Auch bei Übersendung einer word-Datei (statt einer pdf-Datei) hätte der Prozessbevollmächtigte den wesentlichen Inhalt des Urteils erkennen und den Zulassungsantrag fristgemäß begründen können.*)

IMRRS 2019, 0951

KG, Beschluss vom 31.07.2019 - 24 W 38/19
1. Stützt der Kläger eine Anfechtungsklage auf Einwendungen gegen die Abrechnung insgesamt, bemisst sich das Interesse der Parteien gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG grundsätzlich nach dem hälftigen Nennbetrag der Abrechnung.*)
2. Wendet sich der Kläger gegen eine streitige Kostenposition in den Einzelabrechnungen, ist für die Ermittlung des Interesses des Klägers gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG der Wert dieser Kostenposition maßgeblich. Wendet sich der Kläger allerdings nicht gegen die Pflicht, Kosten für eine Kostenposition tragen zu müssen, sondern hält er nur einen oder mehrere Berechnungsfaktoren oder den Umlageschlüssel für unzutreffend und meint, auf ihn seien für die Kostenposition bei einer ordnungsmäßigen Berechnung weniger Kosten umzulegen gewesen, ist das Interesses des Klägers gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG nach dem angenommenen Unterschiedsbetrag bei Anwendung des von ihm für richtig erachteten Umlageschlüssels bzw. der von ihm für richtig erachteten Berechnungsfaktoren zu berechnen.*)
3. Greift ein Wohnungseigentümer den Beschluss an, mit dem die Abrechnung und die Einzelabrechnungen nach § 28 Abs. 5 WEG genehmigt worden sind, richtet sich die Festsetzung des Streitwerts gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG in der Regel am Fünffachen Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen aus.*)

IMRRS 2019, 0946

BGH, Beschluss vom 09.07.2019 - VII ZR 86/17
Der im Berufungsverfahren mit einer Klageerweiterung geltend gemachte Betrag bleibt bei der Ermittlung des Werts der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer außer Betracht, wenn die Klageerweiterung entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren hat, weil das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat.*)

IMRRS 2019, 0929

BayObLG, Beschluss vom 18.07.2019 - 1 AR 54/19
1. Auch für ein selbständiges Beweisverfahren kann eine Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgenommen werden. Dies gilt selbst dann, wenn die Antragsgegner bereits verklagt wurden und einzelne von ihnen die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend gemacht haben.
2. Einer - ggfls. abweichenden - Bestimmung durch gerichtliche Entscheidung steht die Ausübung des Wahlrechts nach § 35 ZPO nur dann entgegen, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand bestand, dieser jedoch durch die bindende Zuständigkeitswahl eines anderen Gerichts verloren gegangen ist.

IMRRS 2019, 0930

BayObLG, Beschluss vom 18.07.2019 - 1 AR 66/19
1. Das übergeordnete Gericht hat im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht die Parteifähigkeit der Parteien des beabsichtigten oder bereits eingeleiteten Verfahrens nachzuprüfen.
2. Die Auswahl unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und der Prozessökonomie. Auszuwählen ist grundsätzlich eines der Gerichte, an denen die Antragsgegner ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) haben.

IMRRS 2019, 0932

VG Sigmaringen, Beschluss vom 29.07.2019 - 10 K 2416/19
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 und 2 VwGO ist, dass der Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts die der Sache nach erforderlichen Angaben und Unterlagen enthält, welche die Behörde für eine Sachentscheidung über den Antrag benötigt. Einem Bauantrag i.S.d. § 53 LBO-BW müssen deshalb die in der Verfahrensordnung zur Landesbauordnung - LBOVVO-BW - genannten Bauvorlagen beigefügt sein. Ist der Antrag unvollständig, wird die Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO nicht ausgelöst (Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2003 - 5 S 1279/01, IBRRS 2003, 2666). Dies gilt auch dann, wenn die Behörde weder eine Mitteilung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO-BW noch nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 LBO-BW versandt hat.*)

IMRRS 2019, 0933

KG, Urteil vom 26.07.2019 - 21 U 3/19
1. Macht ein Bauunternehmer mit einer einheitlichen Klage sowohl seinen Sicherungsanspruch aus § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. als auch den zu besichernden Vergütungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB geltend, kann das Gericht über den Sicherungsanspruch isoliert durch stattgebendes Teilurteil entscheiden.*)
2. Ist der Bauvertrag gekündigt, reduziert sich der Sicherungsanspruch auf die Kündigungsvergütung.*)
3. Ist die Höhe des Sicherungsanspruchs zwischen den Parteien umstritten, so ist sie durch das Gericht ohne Beweisaufnahme nach freier Überzeugung festzusetzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Dabei kann das Gericht auf einen Betrag erkennen, der unterhalb der vom Unternehmer schlüssig dargelegten Höhe der zu sichernden Vergütungsforderung liegt.*)
4. Im Regelfall ist bei der Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung vom Fehlen eines wichtigen Kündigungsgrunds auszugehen.*)
5. Liegt einem Pauschalpreisvertrag ein bepreistes und nachträglich pauschaliertes Leistungsverzeichnis zu Grunde, so genügt der Unternehmer seiner Erstdarlegungslast für die Kündigungsvergütung, wenn er die Preise für die nicht erbrachten Leistungen aus dem Leistungsverzeichnis von der Gesamtvergütung abzieht.*)

IMRRS 2019, 0906

OLG München, Beschluss vom 11.06.2019 - 9 W 635/19 Bau
1. Tritt ein Streithelfer einer Partei unbeschränkt bei, unterstützt deren Anträge unbeschränkt und ist auch sonst keine evidente Beschränkung seines Beitritts ersichtlich, ist für den Streithelfer der Wert der Hauptsache maßgeblich (ebenso BGH, Beschluss vom 12.01.2016 - X ZR 109/12, IBRRS 2016, 3483 = IMRRS 2016, 1939).
2. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den Streitwert für den Streithelfer in "Abgrenzung" zum Streitwert der Hauptsache zu ermitteln.
3. Der Streitwert des Streithelfers kann nicht schätzweise anhand des sein Gewerk betreffenden Sanierungsaufwands im Verhältnis zum begutachteten Gesamtsanierungsaufwand bestimmt werden.

IMRRS 2019, 1541

BGH, Beschluss vom 16.07.2019 - XI ZR 538/18
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2019, 0748

KG, Beschluss vom 18.06.2019 - 2 AR 22/19
1. Klagen, die auf Schadensersatz wegen Vergaberechtsverstößen gerichtet sind, sind keine Bausachen, selbst wenn Bauleistungen i.S.d. § 100 Abs. 3 GWB vergeben werden.
2. Fehlt eine Zuständigkeitsbestimmung im Geschäftsverteilungsplan für solche Streitigkeiten, ist die allgemeine Zivilkammer funktional zuständig.

IMRRS 2019, 0894

VG Trier, Urteil vom 05.07.2019 - 7 K 6404/18
1. Bei einem Rechtsstreit über die Vergütung eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs handelt es sich um eine Streitigkeit auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (Anschluss an VG Neustadt, Urteil vom 19.08.2014 – 5 K 1017/13, BeckRS 2015, 40439; VG Neustadt, Urteil vom 24.07.2006 – 5 K 529/06).*)
2. Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren fehlt die Befugnis, ihren Vergütungsanspruch mittels Verwaltungsakt geltend zu machen. Statthafte Klageart ist daher eine allgemeine Leistungsklage (Anschluss an VG Neustadt, Urteil vom 29.08.2017 – 5 K 365/17, BeckRS 2017, 128473).*)
3. Das Landesgebührengesetz (GebG-RP) findet auf den Vergütungsanspruch eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs keine Anwendung.*)
4. Die Verjährung des Vergütungsanspruchs eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs richtet sich nach den §§ 194 ff. BGB.*)

IMRRS 2019, 0886

BGH, Beschluss vom 12.06.2019 - XII ZB 432/18
Ein Wiedereinsetzungsantrag braucht nicht ausdrücklich gestellt zu werden; er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein, wobei es ausreicht, dass in diesem Schriftsatz konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmitteleinlegungs- oder Rechtsmittelbegründungsschrift fortsetzen zu wollen (im Anschluss an BGHZ 63, 389 = NJW 1975, 928).*)

IMRRS 2019, 0887

LG Itzehoe, Beschluss vom 07.01.2019 - 11 T 46/18
(ohne amtliche Leitsätze)

IMRRS 2019, 0880

BGH, Beschluss vom 03.07.2019 - XII ZB 62/19
Hält das Rechtsmittelgericht das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten für unverwertbar oder gelangt es zu der Auffassung, dass das Gutachten keine ausreichende Grundlage für die zu treffende Entscheidung bietet, hat es zur Vorbereitung seiner Entscheidung ein weiteres oder - sofern dies ausreichend ist - ein ergänzendes Sachverständigengutachten einzuholen.

IMRRS 2019, 0882

KG, Beschluss vom 17.04.2019 - 24 W 20/19
Wird ein Negativbeschluss angefochten und gleichzeitig die Verpflichtung zur Vornahme der abgelehnten Maßnahme verlangt, handelt es sich um eine wirtschaftliche Identität, die eine Zusammenrechnung der Streitwerte nicht rechtfertigt.*)

IMRRS 2019, 0878

BFH, Beschluss vom 05.06.2019 - IX B 121/18
1. Wird ein aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) versandter fristwahrender Schriftsatz vom Intermediär-Server nicht an den BFH weitergeleitet, weil die Dateibezeichnung unzulässige Zeichen enthält, kommt Wiedereinsetzung von Amts wegen in Betracht, wenn der Absender nicht eindeutig darauf hingewiesen worden ist, dass entsprechende Zeichen nicht verwendet werden dürfen und wenn er nach dem Versenden an Stelle einer Fehlermeldung eine Mitteilung über die erfolgreiche Versendung des Schriftsatzes erhalten hat.*)
2. Die Mitwirkung des abgelehnten Richters bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist schon dann willkürlich, wenn die Ablehnung des Gesuchs ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand, den Verfahrensstand oder den Akteninhalt erfordert.*)
IMRRS 2019, 0877

KG, Beschluss vom 22.07.2019 - 2 W 1/19
Im einstweiligen Verfügungsverfahren kommt eine Aussetzung des Anordnungsverfahrens einschließlich eines etwaigen Widerspruchsverfahrens nach § 148 ZPO im Hinblick auf ein Hauptsacheverfahren aus grundsätzlichen Überlegungen nicht in Betracht, da dies mit der besonderen Eilbedürftigkeit des Verfahrens nicht vereinbar ist.*)

IMRRS 2019, 0850

BGH, Urteil vom 04.07.2019 - III ZR 202/18
Mit dem tatsächlichen Hauptvorbringen unvereinbares Hilfsvorbringen einer Partei ist unbeachtlich, wenn das Gericht das Hauptvorbringen seiner Entscheidung zu Grunde legt, dieses jedoch rechtlich nicht zum angestrebten Erfolg führt.*)

IMRRS 2019, 0845

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 07.05.2019 - 2-13 S 184/18
Auch eine Zustellung vier Monate nach Klageeinreichung kann noch "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt sein, wenn die Summe der Verzögerungen, die der Partei zur Last fallen, 14 Tage nicht übersteigen.*)

IMRRS 2019, 0841

BGH, Beschluss vom 11.07.2019 - IX ZR 345/18
Wird dem Antragsgegner ein Mahnbescheid zugestellt, bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass während einer Abwesenheit durch eine Zustellung des Vollstreckungsbescheids Fristen in Lauf gesetzt werden, so dass es ihm obliegt, auch bei vorübergehender Abwesenheit Vorkehrungen hinsichtlich möglicher Zustellungen zu treffen.

IMRRS 2019, 0854

BGH, Urteil vom 06.06.2019 - VII ZR 103/16
Nimmt ein Besteller einen Unternehmer auf Schadensersatz wegen Mängeln des Bauwerks in Anspruch, so darf ein Grundurteil nur ergehen, wenn grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind. An dieser Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils fehlt es, wenn das Gericht keine Feststellungen zu Mängeln des Bauwerks getroffen hat (Anschluss an BGH, IBR 2016, 740).*)

IMRRS 2019, 0849

BGH, Urteil vom 09.05.2019 - VII ZR 154/18
Die Frage, ob eine Abnahmeerklärung nicht erfolgt ist und deshalb die Abnahmewirkungen nicht eingetreten sind, kann gem. § 256 Abs. 1 ZPO Gegenstand einer negativen Feststellungsklage sein. Gleiches gilt für die Frage, ob die Abnahmewirkungen gem. § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. nicht eingetreten sind, weil keine Verpflichtung zur Abnahme besteht (Fortführung von BGH, IBR 1996, 316).*)

IMRRS 2019, 0840

BayObLG, Beschluss vom 18.07.2019 - 1 AR 37/19
Für die Gerichtsstandsbestimmung muss ein schutzwürdiges rechtliches Interesse vorliegen. Daran fehlt es, wenn der Antragsteller erklärt, dass eine Entscheidung vorerst nicht (mehr) erforderlich ist.

IMRRS 2019, 0836

OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.07.2019 - 1 W 15/19
1. Ein Richter kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
2. Die konkrete Ausgestaltung einer Beweisanordnung ist als Ausfluss der Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der materiellen Prozessleitung zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit nicht geeignet.
3. Die Äußerung einer Rechtsauffassung ist ebenfalls grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen.

IMRRS 2019, 0801

OLG Hamm, Beschluss vom 12.01.2018 - 32 SA 68/17
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass nur in eng zu fassenden Ausnahmefällen gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein Gericht bestimmt werden kann, bei dem keiner der in Anspruch genommenen Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Eine derartige Ausnahme ist denkbar, wenn die Wahl des durch den Standort des Bauwerks gemäß § 29 ZPO begründeten besonderen Gerichtsstand eine Beweisaufnahme durch die örtliche Nähe zum Objekt der Beweiserhebung spürbar erleichtern würde. Ein derartiger Ausnahmefall kann demgegenüber zu verneinen sein, wenn ein allgemeiner Gerichtsstand eines Verfahrensbeteiligten eine örtliche Nähe zum Bauwerk aufweist und als Gerichtsstand gleichermaßen zweckmäßig und prozessökonomisch ist.*)

IMRRS 2019, 0829

BGH, Beschluss vom 26.06.2019 - VII ZB 61/18
Für die Erklärung, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden, bedarf es keiner ausdrücklichen Stellung eines Sachantrags; es reicht aus, wenn die Begründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29.03.2012 - V ZB 176/11, IBRRS 2012, 2023 = IMRRS 2012, 1490).*)

IMRRS 2019, 0831

AG Brandenburg, Beschluss vom 26.02.2019 - 31 C 250/18
(Ohne amtlichen Leitsatz)

IMRRS 2019, 0822

EuGH, Urteil vom 08.05.2019 - Rs. C-25/18
1. Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass ein Rechtsstreit über eine Zahlungsverpflichtung, die sich aus einer Entscheidung ergibt, die von der Hauptversammlung der Miteigentümer eines Wohngebäudes, die keine Rechtspersönlichkeit besitzt und kraft Gesetzes aufgrund der besonderen Inhaberschaft eines Rechts entsteht, mit der Mehrheit ihrer Mitglieder getroffen wird, aber alle ihre Mitglieder bindet, einen "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne dieser Bestimmung betrifft.*)
2. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 ist dahin auszulegen, dass ein Rechtsstreit wie der des Ausgangsverfahrens, der eine Zahlungsverpflichtung betrifft, die sich aus einer Entscheidung der Hauptversammlung der Miteigentümer eines Wohngebäudes ergibt und auf die Ausgaben für die Instandhaltung der gemeinschaftlichen Bereiche dieses Gebäudes bezieht, als ein Rechtsstreit über einen Dienstleistungsvertrag im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist.*)

IMRRS 2019, 0821

OLG Dresden, Beschluss vom 03.06.2019 - 4 W 443/19
1. War eine Rechtsbehelfsbelehrung für eine dem Anwaltszwang unterliegende Beschwerde nicht erforderlich, wird sie aber gleichwohl erteilt, muss sie einen Hinweis auf den Anwaltszwang enthalten. Ist dies nicht der Fall, ist regelmäßig von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen (Festhaltung Senat, Beschlüsse vom 01.11.2018 - 4 W 983/18, und vom 11.02.2019 - 4 W 128/19, IBRRS 2019, 0775 = IMRRS 2019, 0295).*)
2. Auf die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung kann sich der Beschwerdeführer aber nicht berufen, wenn ihm diese aus einem vorausgegangenen Verfahren hätte bekannt sein müssen.*)

IMRRS 2019, 0813

BGH, Beschluss vom 27.06.2019 - IX ZB 5/19
Eine Aussetzung des Rechtsstreits kommt bei der getrennten Geltendmachung von Teilen einer einheitlichen Forderung nicht in Betracht, auch wenn sie auf demselben Klagegrund beruhen.*)

IMRRS 2019, 0811

LG München I, Urteil vom 26.06.2019 - 1 S 5268/18 WEG
Soll durch einen gerichtlichen Vergleich die notarielle Beurkundung gem. § 127a BGB ersetzt werden, ist es erforderlich, die der notariellen Beurkundungspflicht unterliegenden Erklärungen in das gerichtliche Protokoll aufzunehmen. Die Aufnahme in das Protokoll kann dabei gem. § 160 Abs. 5 ZPO auch in der Weise erfolgen, dass die der Beurkundungspflicht unterliegenden Erklärungen in eine Schrift aufgenommen werden, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet wird.

IMRRS 2019, 0814

OLG München, Beschluss vom 30.10.2018 - 9 U 2021/18 Bau
1. Die Klage ist nicht nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, wenn der Sachvortrag zwar sehr unsubstantiiert, aber eine Identifizierung des Streitgegenstandes eindeutig vorgenommen und auch für den Gegner verständlich ist.
2. Wenn ein umfangreicher Schriftsatz eingereicht wird, darf der Gegner in der mündlichen Verhandlung pauschal bestreiten und das Gericht aufgrund dieses Bestreitens den Vortrag als verspätet zurückweisen.

IMRRS 2019, 1536

BGH, Urteil vom 03.07.2019 - IV ZR 111/18
Auch im Passivprozess des Versicherungsnehmers einer Rechtsschutzversicherung ist bei der zeitlichen Festlegung des Rechtsschutzfalles (hier nach § 14 (3) ARB 1975/95) nur auf denjenigen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften abzustellen, den der Versicherungsnehmer seinem Gegner im Ausgangsrechtsstreit anlastet (Fortführung des Senatsurteils vom 30. April 2014 - IV ZR 47/13, BGHZ 201, 73, 77 Rn. 15 ff.). (Rn. 26 - 31)*)

IMRRS 2019, 0808

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.06.2019 - 8 A 11392/18
Die Rechtsmittelbelehrung in einem Widerspruchsbescheid, die auf die Möglichkeit der Klageerhebung „schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle“ hinweist, ist nicht deshalb unrichtig, weil sie die E-Mail-Adresse des Verwaltungsgerichts nicht benennt.*)

IMRRS 2019, 0807

BGH, Urteil vom 17.05.2019 - V ZR 34/18
Auch für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ist bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abzustellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.

IMRRS 2019, 0802

BGH, Beschluss vom 23.05.2019 - V ZB 196/17
1. Die der beklagten Partei durch die Einreichung einer Anwaltsbestellung nach Klagerücknahme entstandenen Kosten sind erstattungsfähig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wenn sie sich bei der Einreichung in nicht vorwerfbarer Unkenntnis von der Rücknahme der Klage befunden hat (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 07.02.2018 - XII ZB 112/17, NJW 2018, 1403 = IBRRS 2018, 0938 = IMRRS 2018, 0308; Beschluss vom 18.12.2018 - VI ZB 2/18, NJW-RR 2019, 381 = IBRRS 2019, 0473).*)
2. Vertritt der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Personen und berechnet sich seine Vergütung nach Wertgebühren, erfolgt die Deckelung der Erhöhung durch eine Begrenzung auf einen Gebührensatz von 2,0; dass die Erhöhung das Doppelte der Ausgangsgebühr übersteigt, ist unschädlich.*)
