Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16160 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2020
IMRRS 2020, 0886
VGH Hessen, Beschluss vom 12.02.2020 - 9 B 3008/19
Da das Rechtsschutzinteresse eines Antragstellers bis zur Entscheidung im Eilverfahren schon dadurch vereitelt werden kann, dass der Vorhabenträger von einer sofort vollziehbaren immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch vorbereitende Arbeiten Gebrauch macht, wirkt sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen Antrag auf Zwischenverfügung regelmäßig auf den Inhalt des Verfahrens aus. Aus diesen Gründen steht § 146 Abs. 2 VwGO der Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen die eine Zwischenverfügung ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht entgegen.*)

IMRRS 2020, 0880

OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.05.2020 - 1 W 20/20
Weist der Einzelrichter auf die Möglichkeit der Verjährung hin, ohne dass die Erhebung dieser Einrede im Vorbringen der Beklagten auch nur angedeutet wurde, rechtfertigt dies die Besorgnis der Befangenheit.

IMRRS 2020, 0883

BGH, Beschluss vom 17.06.2020 - VII ZR 111/19
1. Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung, wenn der im Mahnbescheid bezeichnete Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen unterschieden und abgegrenzt werden kann.
2. Der geltend gemachte Anspruch muss Grundlage eines Vollstreckungstitels sein können und dem Schuldner die Beurteilung ermöglichen, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht.
3. Kann der auf Auftraggeberseite zuständige Sachbearbeiter aufgrund des vor Zustellung des Mahnbescheids geführten Schriftverkehrs und den Angaben im Mahnbescheid die geltend gemachte Forderung einem Bauvorhaben zuzuordnen, reicht dies für die Hemmung der Verjährung aus.

IMRRS 2020, 0877

BGH, Urteil vom 26.06.2020 - V ZR 106/19
1. Der Streithelfer kann für die Hauptpartei ungeachtet der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 ZPO wirksam Berufung einlegen, solange die Nebenintervention nicht rechtskräftig für unzulässig erklärt worden ist.*)
2. Die von einem Streithelfer bis zur (rechtskräftigen) Zurückweisung seines Beitritts (§ 71 Abs. 1 ZPO) wirksam vorgenommenen Prozesshandlungen (hier: Einlegung und Begründung einer Berufung) behalten auch nach Rechtskraft der Zurückweisungsentscheidung ihre Wirksamkeit (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 14.05.2013 - II ZB 1/11, WM 2013, 1220 Rn. 19 = IBRRS 2013, 2401 = IMRRS 2013, 1335).*)

IMRRS 2020, 0867

LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.2020 - L 11 R 3926/19
Das Eintippen einer falschen, aber tatsächlich vergebenen Faxnummer rechtfertigt bei einer Berufungseinlegung kurz vor Ablauf der Berufungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. In einem solchen Fall kann sich der Prozessbevollmächtigte nicht auf den "OK"-Vermerk des Sendeprotokolls berufen.*)

IMRRS 2020, 0869

KG, Beschluss vom 29.01.2019 - 5 W 167/18
(kein amtlicher Leitsatz)

IMRRS 2020, 0846

OLG Stuttgart, Beschluss vom 01.07.2020 - 16a W 3/20
1. Stellt ein Richter eine von ihm vertretene Mindermeinung als die nach deutschem Recht allein existierende dar, obwohl ihm die überwiegend vertretene Gegenansicht bekannt ist, stellt er die Rechtslage wissentlich falsch als unumstritten und einhellig dar. Hierdurch verletzt er das Gebot der Sachlichkeit und Fairness. Dies begründet aus Sicht einer vernünftigen Partei einen Umstand i.S.v. § 42 Abs. 2 ZPO, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.*)
2. Eine Spruchkörper übergreifende Verfahrensverbindung ist nach § 147 ZPO gegen den Willen der Parteien nicht möglich, wenn es hierfür keine Grundlage im Geschäftsverteilungsplan gibt. Setzt sich ein Richter hierüber wissentlich hinweg, so begründet dies einen groben Verfahrensfehler, der eine Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 42 Abs. 2 ZPO begründen kann.*)
3. Beabsichtigt ein Einzelrichter ein Verfahren dem EuGH vorzulegen, so bringt er hierdurch zum Ausdruck, dass er von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO ausgeht. Dies löst eine Pflicht aus, den Rechtsstreit der Kammer zur Entscheidung vorzulegen, ob der Rechtsstreit übernommen wird. Verstößt der Einzelrichter hiergegen erkennbar bewusst, so begründet dies einen groben Verfahrensfehler, der eine Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 42 Abs. 2 ZPO begründen kann.*)

IMRRS 2020, 0843

OLG München, Beschluss vom 26.03.2020 - 9 W 230/20
1. Wird aus einem Beweisbeschluss deutlich, dass der erkennende Richter den übereinstimmenden Vortrag beider Parteien überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat, weil er einen Beweisbeschluss ausschließlich zu unstreitigen Tatsachen erlassen hat, kann dies die Besorgnis der Befangenheit begründen.
2. Stellt der Erlass des Beweisbeschlusses und die Versendung der Akten an den Sachverständigen einen offensichtlichen schweren Fehler des Gerichts dar, kommt eine Niederschlagung der hieraus resultierenden Kosten in Betracht.

IMRRS 2020, 0838

OLG Frankfurt, Urteil vom 05.12.2019 - 22 U 15/18
Ein Grundurteil, das nicht zugleich abschließend auch über einen gestellten Feststellungsantrag entscheidet, stellt ein unzulässiges Teilurteil dar.*)

IMRRS 2020, 0834

OLG Nürnberg, Beschluss vom 02.07.2020 - 13 W 2128/20
Die Klausel in einem Vergleich, das Gericht solle über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO entscheiden, ist regelmäßig lediglich als Auftrag an das Gericht zu verstehen, anhand dieses Maßstabs eine Kostenregelung zu treffen; die implizite Vorgabe, die Kosten der Nebenintervention dabei auszuschließen, enthält sie nicht.*)

IMRRS 2020, 0751

LG Wuppertal, Beschluss vom 15.04.2020 - 16 T 124/19
1. Die Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten sind nur ausnahmsweise Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO.
2. Dies gilt auch für Privatgutachten, die im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens eingeholt werden.
3. Dienen diese lediglich der besseren Beurteilung der eigenen Erfolgsaussichten eines erwarteten gerichtlichen Verfahrens und/oder zur Minimierung anderer Risiken (hier hinsichtlich einer von der Mietwohnung angeblich ausgehenden Gesundheitsgefährdung), liegt eine solche Ausnahme nicht vor.

IMRRS 2020, 0844

LG Regensburg, Urteil vom 07.04.2020 - 62 O 806/19
Ist Vermieterin laut Mietvertrag explizit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, so muss auch diese klagen. Deren Gesellschafter haben keine Prozessführungsbefugnis.

IMRRS 2020, 0818

OLG Brandenburg, Beschluss vom 01.04.2020 - 11 W 3/20
Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Ergänzung des erstatteten Gutachtens ist (auch) im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben (Anschluss an BGH, IBR 2010, 729).

IMRRS 2020, 0595

OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.04.2020 - 22 W 1/20
Der Gegenstandswert eines Verfahrens auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde ist auf einen Wert deutlich unter dem Nennbetrag der Bürgschaft festzusetzen, wenn das Herausgabeverlangen allein oder zumindest ganz überwiegend dem Zweck dient, Bürgschaftskosten durch Vermeidung weiterer Avalgebühren zu reduzieren und die Kreditwürdigkeit für anderweitige Verpflichtungen zu erweitern.

IMRRS 2020, 0836

BVerfG, Beschluss vom 17.06.2020 - 1 BvR 1380/20
Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit gebietet im Verfahren der einstweiligen Verfügung eine Einbeziehung der Gegenseite. Das gilt auch dann, wenn eine Verfügung wegen besonderer Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung ergehen darf.

IMRRS 2020, 0837

BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - VI ZR 171/19
1. Im ersten Rechtszug nicht zurückgewiesenes Vorbringen wird ohne Weiteres Prozessstoff der zweiten Instanz, eines erneuten Vorbringens bedarf es insoweit grundsätzlich nicht (vgl. Senatsurteil vom 24.09.2019 - VI ZR 517/18, VersR 2020, 379 = IBRRS 2019, 3774 = IMRRS 2020, 0687).*)
2. Bleibt ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei unberücksichtigt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung der Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist zugleich das rechtliche Gehör der Partei verletzt (vgl. Senatsurteil vom 24.09.2019 - VI ZR 517/18, VersR 2020, 379 = IBRRS 2019, 3774 = IMRRS 2020, 0687).*)

IMRRS 2020, 0819

OLG Hamm, Beschluss vom 14.11.2019 - 24 W 4/19
Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens können auch die auf ein Grundstück einwirkenden Geräuschimmissionen sein.*)

IMRRS 2020, 0824

BGH, Beschluss vom 16.06.2020 - VIII ZR 300/18
1. Eine Anhörungsrüge ist nur dann zulässig, wenn sie konkrete Ausführungen dazu enthält, aus welchen Gründen sich eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Gericht ergibt.
2. Auch die Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Gehörsverletzung hat die Partei substanziiert darzulegen.

IMRRS 2020, 0816

LSG Hessen, Beschluss vom 05.05.2020 - L 6 AS 164/20
1. Über in der Prozessordnung nicht vorgesehene oder sonst offensichtlich unzulässige Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch entscheidet das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters.*)
2. Zu den Voraussetzungen des Selbstentscheidungsrechts über ein Befangenheitsgesuch.*)

IMRRS 2020, 0693

LG Stuttgart, Beschluss vom 26.11.2019 - 19 S 8/19
Ist in einer Beschlussersetzungsklage ein wirtschaftliches Interesse nicht feststellbar oder nicht bezifferbar, weil genügende Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts fehlen, ist eine Wertfestsetzung in Anlehnung an § 23 Abs. 3 RVG, § 36 Abs. 3 GNotKG auf 5.000 Euro sachgerecht.

IMRRS 2020, 0813

OLG Dresden, Beschluss vom 29.05.2020 - 8 W 350/20
1. Die Bestellung eines Prozesspflegers nach § 57 Abs. 1 ZPO kann regelmäßig nicht unter Verweis auf eine mögliche Notgeschäftsführerbestellung analog § 29 BGB abgelehnt werden.*)
2. Zu den Anforderungen an eine Gefahr im Verzug im Sinne des § 57 Abs. 1 ZPO.*)

IMRRS 2020, 0810

BGH, Beschluss vom 27.05.2020 - VII ZR 192/18
Im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige Anschlussrevision sind die Kosten der gemäß § 554 Abs. 4 ZPO nach Rücknahme der Revision wirkungslos gewordenen Anschlussrevision dem Revisionskläger aufzuerlegen (Anschluss an BGH, IBR 2013, 1065 - nur online; Beschluss vom 08.05.2012 - XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446 = IBRRS 2012, 2374 = IMRRS 2012, 1736).*)

IMRRS 2020, 0794

OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.06.2020 - 1 AR 12/20
1. Die Bindungswirkung einer Verweisung nach § 281 Abs. 2 ZPO kann nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen (Verfassungs-)Rechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfallen.
2. Im Interesse einer baldigen Klärung und Vermeidung wechselseitiger (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle hoch anzusetzen. Die Verweisung muss offenbar gesetzwidrig oder grob rechtsfehlerhaft sein, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehren.

IMRRS 2020, 0803

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.06.2020 - 17 U 96/20
Wird in einem Vergleich ein nicht rechtshängiger Anspruch zwischen zwei Parteien des Rechtsstreits oder einer Partei und einem Dritten mit geregelt, kann dies den Vergleichswert für die von diesem Anspruch Betroffenen nur dann erhöhen, wenn der mitgeregelte Anspruch zwischen Gläubiger und Schuldner streitig war.

IMRRS 2020, 0796

BGH, Beschluss vom 27.05.2020 - VII ZB 33/18
Zur Unzulässigkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung.*)

IMRRS 2020, 0792

BayObLG, Beschluss vom 10.06.2020 - 1 AR 39/20
1. Im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt es nicht darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Antragstellers zum Vorliegen einer Streitgenossenschaft zutreffen. Dies gilt für das selbständige Beweisverfahren erst recht wegen § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der für die Zuständigkeit, wenn Klage noch nicht erhoben ist, den Vortrag des Antragstellers für allein maßgebend erklärt.*)
2. Entscheidend für die Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 486 Abs. 3 ZPO zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist, ob die verlangte und sofort notwendige Beweiserhebung vor dem an sich zuständigen Hauptsachegericht nicht mehr rechtzeitig durchführbar wäre. Dagegen genügt die Besorgnis, dass der Verlust des Beweismittels drohe, für die Annahme einer Zuständigkeit nach dieser Vorschrift nicht.*)

IMRRS 2020, 0788

BGH, Beschluss vom 13.05.2020 - VII ZB 41/19
Eine nachträgliche, isolierte Zulassung der Rechtsbeschwerde aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt hat oder wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 09.06.2016 - IX ZB 92/15, NJW-RR 2016, 955 = IBRRS 2016, 1801 = IMRRS 2016, 1094; BGH, IBR 2012, 1040 - nur online).*)

IMRRS 2020, 0785

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.06.2020 - 1 ME 144/19
Für baurechtliche Nachbarklagen, in denen die Beeinträchtigung von Wohnungen eines Mehrfamilienhauses geltend gemacht wird, beträgt der Streitwert grundsätzlich 7.500,00 EUR pro betroffene Wohnung.*)

IMRRS 2020, 1557

BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - VI ZB 51/19
Beweisfragen zu Inhalt und Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht kommen als Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO in Betracht (Fortführung Senatsbeschlüsse vom 24.09.2013 - VI ZB 12/13, BGHZ 198, 237; vom 21.01.2003 - VI ZB 51/02, BGHZ 153, 302).*)

IMRRS 2020, 0771

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.05.2020 - 1 L 50/20
Bei der Frist des § 124a As. 4 Satz 4 VwGO, wonach innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen sind, aus denen die Berufung zuzulassen ist, handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die einer Verlängerung durch das Gericht nicht zugänglich ist.*)

IMRRS 2020, 0774

LG Limburg, Beschluss vom 21.04.2020 - 4 O 267/19
Für eine Klage des Bauträgers auf Abnahme (auch) des gemeinschaftlichen Eigentums gegen den einzelnen Erwerber ist das Gericht am Ort der Belegenheit des Grundstücks örtlich ausschließlich zuständig.

IMRRS 2020, 0767

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.06.2020 - 3 M 89/20
1. Ein trotz übereinstimmender Erledigungserklärungen in der Sache ergangener Beschluss des Verwaltungsgerichts ist von Anfang an wirkungslos.*)
2. Das Verwaltungsgericht bleibt für die deklaratorische Einstellung des (erstinstanzlichen) Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO und die nach § 161 Abs. 2 VwGO zu treffende Kostenentscheidung zuständig.*)
3. Mangels gesetzlicher Grundlage kommt es nicht in Betracht, der Staatskasse die durch eine unrichtige gerichtliche Sachbehandlung entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten aufzuerlegen.*)

IMRRS 2020, 0763

OLG München, Urteil vom 14.03.2017 - 9 U 2296/16 Bau
1. Die Abstandnahme vom Urkundenprozess im Berufungsverfahren ist als Klageänderungsantrag zu qualifizieren. Die Klageänderung ist nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht die Klageänderung für sachdienlich hält.
2. Eine Klageänderung ist nicht sachdienlich, wenn ein völlig neuer Streitstoff zur Beurteilung und Entscheidung gestellt wird, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden kann.
3. Im Urkundenprozess sind Zahlungsansprüche geltend zu machen. Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen durch Urkunden zu belegen sein. Das bedeutet, dass rechtsbegründende Tatsachen, Eintritt einer mitvereinbarten Bedingung, wie auch die Fälligkeit einer Forderung durch Urkunden zu belegen sind. Nur unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen bedürfen des Urkundenbeweises nicht.
4. Haben die Parteien für die Beilegung etwaiger Streitigkeiten über die Anpassung des Kaufpreises wegen Änderungen der Wohnfläche die Einholung eines Schiedsgutachtens vereinbart, ist das Schiedsgutachten Anspruchsvoraussetzung.

IMRRS 2020, 0750

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.05.2020 - 2 S 2882/19
Die Rechtsbehelfsbelehrung eines Streitwertbeschlusses muss nach § 5b GKG für den Empfänger laienhaft verständlich sein; ein bloßer Verweis auf § 68 Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 GKG genügt nicht. Ein nicht anwaltlich vertretener Beteiligter muss in den Stand gesetzt werden, allein anhand der Rechtsbehelfsbelehrung ohne Mandatierung eines Rechtsanwalts eine formrichtige Beschwerde einzulegen.*)

IMRRS 2020, 0736

OLG Celle, Urteil vom 26.02.2020 - 3 U 157/19
1. Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 Abs. 1 ZPO ist auch bei negativen Feststellungsklagen anwendbar, mit denen die Feststellung begehrt wird, dass aus einem Darlehensverhältnis keine Zins- und Tilgungsleistungen aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB mehr geschuldet werden.*)
2. Bei der negativen Feststellungsklage ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes im Rahmen des § 29 Abs. 1 ZPO die Verpflichtung des Klägers maßgeblich, deren Nichtbestehen er richterlich festgestellt wissen will.*)

IMRRS 2020, 0742

LG München II, Beschluss vom 12.03.2020 - 12 T 812/20 Miet
Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung einer einstweiligen Verfügung im Wege des Beschlusses ist nur zulässig, wenn der Streitwert 600,00 Euro übersteigt.

IMRRS 2020, 0729

OLG Rostock, Beschluss vom 08.01.2020 - 4 W 25/19
Die Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG setzt nicht voraus, dass die mehreren Streitgegenstände gleichzeitig nebeneinander geltend gemacht werden; dies gilt nicht nur für den Fall einer teilweisen Rücknahme der Klage bezüglich einzelner Streitgegenstände und deren Ersetzung durch neue Streitgegenstände im Wege einer Klageänderung, sondern auch für denjenigen einer teilweisen Klagerücknahme hinsichtlich eines Teils mehrerer anhängiger Streitgegenstände in Verbindung mit einer gleichzeitigen Klageerweiterung bezüglich der danach noch anhängig bleibenden Streitgegenstände.*)

IMRRS 2020, 0741

BGH, Beschluss vom 12.05.2020 - VIII ZR 171/19
Zum Vorliegen einer gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßenden Überraschungsentscheidung, wenn das Gericht bewusst von einer ihm zur Kenntnis gebrachten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (hier: Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung bezüglich der Rückforderung von Umsatzsteuer, die für die Lieferung patientenindividuell von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika berechnet wurde) abweicht, ohne den Parteien hierzu einen konkreten Hinweis zu erteilen und ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.*)

IMRRS 2020, 0714

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.04.2020 - 1 OA 32/20
Im Klageverfahren gegen die Ablehnung der weiteren Bearbeitung eines Bauantrags nach § 69 Abs. 2 Satz 2 NBauO wegen fehlender Bauvorlagen richtet sich der Streitwert grundsätzlich nach den Kosten für die Erstellung dieser Bauvorlagen.*)

IMRRS 2020, 0712

BayObLG, Beschluss vom 10.06.2020 - 1 AR 45/20
1. Eine Verweisung des Rechtsstreits nach § 281 ZPO nur hinsichtlich eines Streitgenossen führt nicht dazu, dass eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO generell ausscheidet, sie schränkt jedoch das Auswahlermessen ein.*)
2. Zum Erfordernis der Streitgenossenschaft bei der Gerichtsstandsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für ein selbständiges Beweisverfahren.*)

IMRRS 2020, 0725

BGH, Beschluss vom 07.05.2020 - IX ZB 62/18
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung.*)

IMRRS 2020, 0723

OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.05.2020 - 2 W 1728/20
Die Kosten, die eine Partei zur Schaffung der Voraussetzungen für die Begutachtung durch einen gerichtlichen Sachverständigen, entstanden sind, stellen jedenfalls dann keine Gerichtskosten dar, wenn der Beweisbeschluss vorsieht, dass erforderliche Bauteilöffnungen von der beweisbelastenden Partei auf deren Kosten vorzunehmen sind.*)

IMRRS 2020, 0708

OLG Celle, Urteil vom 20.05.2020 - 14 U 3/20
1. War eine richterlich gesetzte Frist bereits versäumt, so kann die säumig gewordene Partei durch Hinnahme eines Versäumnisurteils die Rechtsfolge des § 296 ZPO faktisch unterlaufen (Flucht in die Säumnis), wenn sie nur die „Gnadenfrist“ des § 340 Abs. 3 ZPO zur Nachholung des zunächst versäumten Vorbringens nutzt.*)
2. Das Gericht hat im Rahmen der Vorbereitung des Einspruchstermins alles Zumutbare zu unternehmen, um eine verzögerungsfreie Berücksichtigung des neuen Vortrags zu ermöglichen.*)
3. Der Prozessvortrag einer Partei kann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn auch bei fristgerechtem Vortrag der Rechtsstreit nicht früher beendet werden kann als bei Berücksichtigung des verspäteten Vortrags.*)
4. Verspätetes Vorbringen darf nicht ausgeschlossen werden, wenn offenkundig ist, dass dieselbe Verzögerung auch bei rechtzeitigem Vortrag eingetreten wäre.*)
5. Im Einzelfall kann eine Verzögerung von zwei Monaten bezogen auf die zu erwartende Gesamtdauer des Verfahrens bei Zulassung des verspäteten Vorbringens keine erhebliche Verzögerung darstellen.*)

IMRRS 2020, 0710

BGH, Beschluss vom 17.03.2020 - VIII ZR 115/19
Die Beschwer des Mieters im Falle der Abweisung einer Klage auf Feststellung einer Mietminderung oder der Beseitigung von Mängeln bemisst sich nach dem 3,5fachen Jahresbetrag der Minderung.

IMRRS 2020, 0703

BGH, Beschluss vom 13.05.2020 - VIII ZR 222/18
1. Eine Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch - mit der hierfür erforderlichen Klarheit - aus den Urteilsgründen ergeben. Das ist regelmäßig etwa dann anzunehmen, wenn die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant bezeichnete Frage lediglich einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs betrifft (im Anschluss an BGH, Urteile vom 24.10.2017 - II ZR 16/16, Rz. 9, NJW-RR 2018, 39; vom 05.12.2018 - VIII ZR 67/18, Rz. 17; vom 16.01.2019 - VIII ZR 173/17, Rz. 11, NJW-RR 2019, 787; vom 11.12.2019 - VIII ZR 361/18, Rz. 24, WM 2020, 469; vom 29.04.2020 - VIII ZR 355/18, unter B I 2 a, zur Veröffentlichung bestimmt; jeweils m.w.N.).*)
2. Aus den Entscheidungsgründen eines Berufungsurteils kann sich auch mit der gebotenen Deutlichkeit ergeben, dass die Revision nur bezüglich der Partei zugelassen worden ist, zu deren Nachteil das Berufungsgericht die von ihm als klärungsbedürftig empfundene Rechtsfrage entschieden hat. Die Zulassung der Revision wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der Partei, zu deren Gunsten die Rechtsfrage entschieden worden ist und die das Urteil aus gänzlich anderen Gründen angreift (im Anschluss an BGH, Urteil vom 05.11.2003 - VIII ZR 320/02, unter II, NJW-RR 2004, 426; Beschlüsse vom 08.05.2012 - XI ZR 261/10, Rz. 6, NJW 2012, 2446; vom 27.03.2014 - III ZR 387/13, Rz. 5; vom 13.05.2014 - VIII ZR 264/13, Rz. 8 f.; vom 10.04.2018 - VIII ZR 247/17, Rz. 11, NJW 2018, 1880; jeweils m.w.N.).*)
3. Ist nach Vorstehendem die Revision nur bezüglich einer abgrenzbaren Frage und nur zugunsten der insoweit unterlegenen Partei zugelassen, kann aus dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (hier: Nichtanwendung von § 713 ZPO) regelmäßig nicht gefolgert werden, das Berufungsgericht habe die Revision auch zu Gunsten der anderen Prozesspartei - und damit vorliegend unbeschränkt - zulassen wollen.*)

IMRRS 2020, 0672

OLG Hamm, Beschluss vom 11.06.2019 - 32 SA 32/19
Werden Gesellschafter einer Baufirma aus Gewährleistung auf Schadensersatz und ihr privater Haftpflichtversicherer aus einem konstitutiven, zu dem Schadensfall abgegebenen Schuldanerkenntnis in Anspruch genommen, kommt eine Gerichtsstandbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Betracht, weil kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand vorliegt. Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) am Ort des Bauvorhabens gilt nicht für den mit dem Schuldanerkenntnis begründeten Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer.*)

IMRRS 2020, 0638

BayObLG, Beschluss vom 04.05.2020 - 1 VA 21/20
Wird ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG wegen Vollmachtsmangels verworfen, ist über die Tragung der Gerichtskosten nach dem Veranlassungsprinzip zu entscheiden.*)

IMRRS 2020, 0049

LG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2019 - 7 O 72/17
Zur Substanziierung des Prozessvortrags hat der Werkunternehmer bei einer Restwerklohnklage sich aus den Anlagen zur Klage ergebende Massen und Mengen aus Liefer- und Wiegescheinen schriftsätzlich mit den jeweiligen Rechnungspositionen in Zusammenhang zu bringen und den jeweiligen Positionen zuzuordnen; eine bloße Bezugnahme auf diese Anlagen zur Klage ist nicht ausreichend.

IMRRS 2020, 0683

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.03.2020 - 6 Sa 102/20
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2020, 0685

BGH, Beschluss vom 28.04.2020 - VI ZR 347/19
Ist die Berufung zulässig, so wird im ersten Rechtszug nicht zurückgewiesenes Vorbringen ohne weiteres Prozessstoff der zweiten Instanz; eines erneuten Vorbringens bedarf es insoweit grundsätzlich nicht (Senatsbeschluss vom 24.09.2019 - VI ZR 517/18, Rz. 8 m.w.N., IBRRS 2019, 3774 = IMRRS 2020, 0687 = VersR 2020, 379). Die Zurückweisung eines in der Berufungsinstanz wiederholten Beweisangebots mit der Begründung, die Nichterhebung des Beweises sei nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist beanstandet worden, verletzt daher den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.*)
