Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15968 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2021
IMRRS 2021, 0673OLG Hamm, Beschluss vom 07.05.2021 - 9 U 62/18
1. Macht eine Partei geltend, der geschlossene Prozessvergleich sei (materiell-rechtlich) nichtig oder anfechtbar, so ist der ursprüngliche Rechtsstreit auf Antrag der Partei, die sich auf die Unwirksamkeit des Vergleichs beruft, fortzusetzen.*)
2. Der mit einem anwaltlich vertretenen und inzwischen unbemerkt geschäftsunfähig gewordenen Geschädigten im Anwaltsprozess geschlossene Vergleich ist wirksam, wenn er von einem Vertreter geschlossen worden ist, dem noch vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit Vollmacht erteilt worden ist.*)
VolltextIMRRS 2021, 0667
LG Berlin, Urteil vom 29.04.2021 - 19 O 118/20
ohne amtliche Leitsätze
VolltextIMRRS 2021, 0672
OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.04.2021 - 8 W 435/20
Macht eine Mehrheit von Wohnungseigentumserwerbern gerichtlich Ansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums gegen den Veräußerer geltend, ist der auf Seiten des Prozessbevollmächtigten der Kläger angefallene Mehrvertretungszuschlag grundsätzlich nicht mehr erstattungsfähig.*)
VolltextIMRRS 2021, 0666
OLG Hamm, Beschluss vom 18.05.2021 - I-9 W 14/21
ohne amtliche Leitsätze
VolltextIMRRS 2021, 0656
OLG Rostock, Beschluss vom 17.05.2021 - 2 UH 1/21
Zum (Nicht-) Vorliegen einer Bausache i.S.d. § 72a Satz 1 Nr. 2 GVG (für Streit um Wettbewerbsklausel zwischen Haupt- und Nachunternehmer verneint).*)
VolltextIMRRS 2021, 0669
BGH, Urteil vom 28.04.2021 - VIII ZR 6/19
1. Auch wenn ein Mieter seine Behauptung, ihm sei ein Umzug wegen einer bestehenden Erkrankung nicht zuzumuten, unter Vorlage bestätigender ärztlicher Atteste geltend macht, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Falle des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich (Bestätigung von Senatsurteil, IMR 2019, 310).*)
2. An der für die Anschlussrevision erforderlichen Beschwer des Anschlussrevisionsklägers fehlt es, wenn das Berufungsgericht von der Wirksamkeit einer diesem gegenüber ausgesprochenen Kündigung (hier: wegen Eigenbedarfs) ausgegangen ist und dessen Klageabweisungsbegehren allein deshalb entsprochen hat, weil es eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu den bisherigen Vertragsbedingungen nach §§ 574, 574a BGB bestimmt hat.*)
IMRRS 2021, 0654
OLG Köln, Beschluss vom 22.03.2021 - 12 W 50/20
1. Der Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens richtet sich nach dem Hauptsachewert. Für die Bestimmung des Hauptsachewertes ist der Antrag auf Durchführung des Beweisverfahrens maßgeblich. Dazu gehören in aller Regel die Kosten für die Beseitigung eines nach den gestellten Anträgen sachverständig festzustellenden Mangels. Mangelfolgeschäden sind dann mit einzubeziehen, wenn auch sie zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind, z. B. in der Antragsschrift ausdrücklich erwähnte Schadensersatzansprüche Dritter gegen den Antragsteller als Mangelfolgeschaden.*)
2. Fehlt es an der notwendigen Klarheit, haben die Gerichte eine Auslegung vorzunehmen, inwieweit der Antragsteller eine verbindliche Klärung von Fragestellungen verfolgt hat. Auch die Berücksichtigung von Hinweisen auf einen möglichen Verjährungseintritt ist in Betracht zu nehmen. Hierbei kann auch eine Berücksichtigung von bereits bei Antragstellung verdeckt bestehenden Interessen erfolgen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0634
AG Haldensleben, Beschluss vom 22.01.2021 - 13 L 27/04
ohne amtliche Leitsätze
VolltextIMRRS 2021, 0644
BFH, Urteil vom 18.02.2021 - III R 5/19
Die Klageerhebung unter Verwendung eines Falschnamens ist unzulässig, da die Identität des Klägers nicht feststeht. Es genügt nicht, dass sich eine Klage, die von einer Person unter einem Falschnamen erhoben worden ist, zweifelsfrei der Person zuordnen lässt, die den Falschnamen benutzt und dass gerichtliche Schreiben der mit dem Falschnamen bezeichneten Person tatsächlich zugehen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0643
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 20.04.2021 - 2-13 S 133/20
1. Beschlussersetzungsklagen, die bereits vor dem 01.12.2020 anhängig waren, sind entsprechend § 48 Abs. 5 WEG gegen die übrigen Eigentümer fortzuführen, materiell ist allerdings das seit dem 01.12.2020 geltende Recht anzuwenden.*)
2. Die in § 20 Abs. 2 WEG aufgeführten privilegierten Maßnahmen sind abschließend, ein Split-Klimagerät fällt nicht darunter. Im Regelfall ist die Installation eines derartigen Gerätes mit einem Nachteil i.S.v. § 20 Abs. 3 WEG verbunden, wobei insoweit die bisherigen Maßstäbe zur Auslegung des Nachteilsbegriffs weiter anzuwenden sind.*)
VolltextIMRRS 2021, 0613
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2018 - 21 U 85/17
1. Während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
2. Der Einwand der Rechtshängigkeit setzt voraus, dass das neue Verfahren nach Rechtsschutzziel und Klagegrund denselben Streitgegenstand betrifft.
3. Die objektive Reichweite der Rechtshängigkeitssperre hängt von dem allgemeinen Streitgegenstandsbegriff ab.
4. Der Streitgegenstand ist ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet.
VolltextIMRRS 2021, 0622
OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.04.2021 - 14 U 225/20
In der von einem Prozessbevollmächtigten ohne Angabe von Gründen erklärten „Rücknahme“ der Verjährungseinrede in erster Instanz liegt regelmäßig kein materieller Verzicht auf die Einrede.*)
VolltextIMRRS 2021, 0621
OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.03.2021 - 12 U 3/21
Eine Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, wenn der Prozessbevollmächtigte des Berufungsführers das Empfangsbekenntnis bzgl. des auf elektronischem Weg zugestellten Urteils nicht zurücksendet und die Berufungsbegrünung jedenfalls zwei Monate nach Einlegung der Berufung nicht eingeht.
VolltextIMRRS 2021, 0617
BGH, Beschluss vom 21.04.2021 - VII ZR 39/20
1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist danach u. a. verpflichtet, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.
2. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht.
VolltextIMRRS 2021, 0616
BGH, Beschluss vom 08.04.2021 - VII ZB 21/20
Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung von Handwerkern zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit dem gerichtlichen Sachverständigen entstanden sind, sind außergerichtliche Kosten der Partei. Sie sind daher - sofern nichts anderes vereinbart wird - bei einer durch Prozessvergleich vereinbarten Kostenaufhebung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu erstatten (Bestätigung von BGH, IBR 2021, 276).
VolltextIMRRS 2021, 0599
BGH, Beschluss vom 27.04.2021 - VIII ZB 44/20
1. Gegen eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO darf die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zugelassen werden, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Lässt das Beschwerdegericht unter Missachtung dieses Grundsatzes die Rechtsbeschwerde gleichwohl zu, ist das Rechtsbeschwerdegericht daran nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gebunden (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 09.01.2019 - VIII ZB 26/17, Rz. 7 m.w.N., IMRRS 2019, 0143 = NJW-RR 2019, 332).*)
2. Einen Anlass zur Erhebung einer Klage auf Duldung von Baumaßnahmen (§ 555a Abs. 1, § 555d Abs. 1 BGB) gibt der Mieter in der Regel (noch) nicht, wenn er die mit der Ankündigung der geplanten Baumaßnahmen verknüpfte Aufforderung des Vermieters zur Abgabe einer Duldungserklärung unbeachtet lässt. Die Bejahung eines Klageanlasses i.S.v. § 93 ZPO kommt erst in Betracht, wenn der Vermieter den Mieter nach Ablauf einer angemessenen Frist im Anschluss an die Ankündigung (erneut) vergeblich zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hat.*)
VolltextIMRRS 2021, 0591
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.04.2021 - 7 KS 88/20
Hinsichtlich der Frage, ob eine die Kostenerstattung gebietende Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO vorliegt, ist ein Kostenrisiko des Beigeladenen nicht das Risiko, durch eigenen Aufwand entstandene Kosten nicht erstattet zu erhalten, sondern das Risiko, einem anderen Beteiligten dessen Kosten ersetzen zu müssen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0587
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 27.04.2021 - 9 W 24/20
Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der im Rahmen einer (Dritt-) Widerklage gesamtschuldnerisch mit dem Kläger in Anspruch genommene Haftpflichtversicherer einen gemeinsamen Anwalt mit der Verteidigung gegen die Widerklage beauftragt, während der Kläger bei der Geltendmachung des Klageanspruchs durch einen eigenen Anwalt vertreten wird, sind regelmäßig notwendig und erstattungsfähig.*)
VolltextIMRRS 2021, 0585
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2021 - 5 S 3134/20
1. Das Gericht darf nur solches Vorbringen in nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsätzen berücksichtigen, das sich im Rahmen des gewährten Nachschubrechts hält. Der Schriftsatznachlass berechtigt nicht zur Nachholung in der mündlichen Verhandlung versäumter Klageanträge.*)
2. Der Versagungsgrund des § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 LLG ist auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 27a Abs. 1 LLG nicht dahingehend auszulegen, dass ein „automatisches Hineinwachsen“ von Dauergrünland in naturschutzfachlich hochwertiges Dauergrünland seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr möglich wäre.*)
VolltextIMRRS 2021, 0589
AG Konstanz, Urteil vom 06.05.2021 - 4 C 525/20 WEG
1. Die verwalterlose Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist prozessunfähig.
2. Eine Klageänderung von den Wohnungseigentümern auf die verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht sachdienlich, da die Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, der das vertretungsberechtigte Organ fehlt, unzulässig wäre.
3. Gegen die Sachdienlichkeit spricht, dass dann zusätzlich Kosten für einen bei einer zerstrittenen WEG hierzu bereiten Prozesspfleger i.S.v. § 57 ZPO anfallen.
VolltextIMRRS 2021, 0583
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.04.2021 - 2 S 379/21
Der Streitwert für eine Klage auf zinslose Stundung von Wasserversorgungsbeiträgen beträgt 21 Prozent des zu stundenden Betrags. Das errechnet sich aus dem Jahreszins von 6 Prozent aus § 238 Abs. 1 AO, multipliziert nach Maßgabe von § 9 ZPO mit dem Dreieinhalbfachen des Jahresbetrags.*)
VolltextIMRRS 2021, 0579
OLG Celle, Beschluss vom 05.05.2021 - 9 W 58/21
1. Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist – insbesondere im Beschwerdeverfahren wegen Richterablehnung – nicht Verfahrensvoraussetzung für die Beschwerdeentscheidung. Daher stehen auch grobe Verfahrensverstöße oder ein völliges Fehlen des Abhilfeverfahrens der Durchführung des Beschwerdeverfahrens und einer Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht stets entgegen (Anschluss BGH, Beschluss vom 15.02.2017 – XII ZB 462/16 –, IBRRS 2017, 0996).*)
2. Ein gerichtlicher Hinweis auf möglicherweise lückenhaften Vortrag des Klägers zu seiner Aktivlegitimation und/oder Prozessführungsbefugnis ist grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit auf Seiten des Klägers zu begründen.*)
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren im Falle der Richterablehnung entspricht grundsätzlich dem Wert der Hauptsache.*)
VolltextIMRRS 2021, 0575
BGH, Beschluss vom 20.04.2021 - X ARZ 562/20
1. Ein nach § 17a GVG ergangener Beschluss, mit dem ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Gericht eines anderen Rechtswegs verwiesen hat, ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist.
2. Ist das zulässige Rechtsmittel nicht eingelegt worden oder ist es erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden, ist die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs bindend.
3. Eine Durchbrechung der Bindungswirkung kommt allenfalls bei „extremen Verstößen“ gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht.
VolltextIMRRS 2021, 0573
OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.04.2021 - 3 W 39/21
1. Gegen einen ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, wird ein Ordnungsgeld festgesetzt. Das Festsetzen eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird.
2. Die rein subjektive Angst, sich in einem Gerichtstermin oder auf der Fahrt dorthin mit einer Infektionskrankheit anzustecken, genügt für eine Entschuldigung grundsätzlich nicht.
3. Wird das Risiko einer Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung vom RKI insgesamt als "sehr hoch" eingeschätzt, genügt die allgemeine Angst des geladenen Zeugen, im Gerichtsgebäude der - wenn auch geringen - Gefahr ausgesetzt zu sein, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, den Anforderungen an eine Entschuldigung.
VolltextIMRRS 2021, 0563
OLG Hamm, Beschluss vom 29.04.2021 - 18 W 4/20
Einigen sich die Parteien im Vergleich darauf, dass das Gericht über die Kosten gem. § 91a ZPO entscheiden soll, ist es nicht ermessensfehlerhaft, dem Gegner der unterstützten Hauptpartei die Kosten des Streithelfers entsprechend § 101 Abs. 1 ZPO gemäß der Kostenverteilung zwischen den Hauptparteien aufzuerlegen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0565
BGH, Beschluss vom 25.03.2021 - V ZR 136/20
Strebt der Rechtsmittelführer neben der Abberufung des bisherigen Verwalters die Bestellung eines neuen Verwalters an, bestimmt sich seine Beschwer nach seinem Anteil an dem Resthonorar des bisherigen Verwalters und nach dem Honorar des neuen Verwalters, wobei in sich überschneidenden Zeiträumen nur das höhere Honorar maßgeblich ist.
VolltextIMRRS 2021, 0560
BGH, Beschluss vom 13.04.2021 - VI ZR 493/19
Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (hier: Vortrag und Beweisantritt zu einer illegalen Abschalteinrichtung in einem Fahrzeug mit Dieselmotor EA189).*)
VolltextIMRRS 2021, 0558
OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2021 - 2 U 3607/20
Eine Partei, die einen Schriftsatz gem. § 130a ZPO formwirksam als elektronisches Dokument einreicht, ist nicht gehalten, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften in Papierform nachzureichen. Aus diesem Grund kann die zusätzliche Übermittlung per Telefax einer erforderlichen Anfertigung einer Mehrfertigung nicht gleichstehen und deshalb den Anfall einer Dokumentpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1 b Hs. 2 KV-GKG nicht begründen. Einer entsprechenden Anwendung dieser Kostenvorschrift steht das kostenrechtliche Analogieverbot entgegen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0556
AG Oberhausen, Urteil vom 09.03.2021 - 37 C 1585/20
1. Nach neuem Recht ist nur noch der Verband bei Störungen des Gemeinschaftseigentums klagebefugt. Dies gilt auch für bereits laufende Verfahren.
2. Der Verband kann den klagenden Eigentümer jedoch rückermächtigen. Eine solche Rückermächtigung setzt eine wirksame Ermächtigung und ein schutzwürdiges Interesse voraus, zudem darf der Prozessgegner nicht benachteiligt werden.
3. Für die Rückermächtigung einzelner Wohnungseigentümer ist ein entsprechender Beschluss der Eigentümer grundsätzlich notwendig. Ausnahmsweise kann auch der Verwalter eine solche Rückermächtigung erteilen, etwa wenn der einzelne Eigentümer bereits zum alten Recht Klage erhoben hat und nun diesem ein Prozessverlust droht.
4. Ohne Erlaubnis darf ein Eigentümer eines Restaurants bzw. dessen Mieter keine Tische auf der Gemeinschaftsfläche vor dem Restaurant aufstellen.
VolltextIMRRS 2021, 0555
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.04.2021 - 6 S 10/21
Wenn der anwaltliche Prozessbevollmächtigte eines Rechtsmittelführers trotz mehrmaliger Aufforderung weder das Empfangsbekenntnis zu der erstinstanzlichen Entscheidung vollzieht noch sonst eine Erklärung zum Zugangszeitpunkt abgibt, geht die Nichterweislichkeit der Fristwahrung zu Lasten des Rechtsmittelführers.*)
VolltextIMRRS 2021, 0553
LG Berlin, Beschluss vom 22.04.2021 - 67 S 49/21
In Fällen einer zwischen den Mietvertragsparteien streitigen Auskunftsverpflichtung des Vermieters gem. § 556g Abs. 3 BGB liegt dessen Beschwer im Verurteilungsfalle grundsätzlich nicht über 600 Euro.*)
VolltextIMRRS 2021, 0542
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 06.04.2021 - 1 ME 58/20
Im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist derselbe Streitwert wie im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zugrunde zu legen (Anschluss an OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.11.2019 - 12 ME 197/19 = IBRRS 2021, 1411; vom 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, ZNER 2021, 100, unter Aufgabe der bisherigen gegenteiligen Senatsrechtsprechung).*)
VolltextIMRRS 2021, 0549
BayObLG, Beschluss vom 21.04.2021 - 102 AR 63/21
Erhebt ein anwaltlich beratener Kläger gegen einen Beklagten an dessen allgemeinen Gerichtsstand Klage, obwohl er bereits ankündigt, noch einen weiteren Schuldner gerichtlich in Anspruch nehmen zu wollen, und ist für beide potentielle Beklagte ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand (hier: Ort der unerlaubten Handlung) unschwer feststellbar, kommt eine nachträgliche Gerichtsstandsbestimmung nicht mehr in Betracht; mit der Klage übt der Kläger bindend sein Wahlrecht aus, auch wenn er den Namen und die Anschrift des weiteren Schuldners noch nicht kennt.*)
VolltextIMRRS 2021, 0543
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.11.2019 - 12 ME 197/19
1. Ein erfolgreicher Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO setzt voraus, dass der nunmehr geltend gemachte veränderte Umstand für die vorangehende Entscheidung entscheidungserheblich gewesen ist. Ist die aufschiebende Wirkung einer Klage eines Umweltverbands wegen Mängel bei der UVP wiederhergestellt worden, reicht es daher nicht aus, wenn ein Vorhabenträger geltend macht, es werde - etwa wegen der Jahreszeit - (derzeit) nicht gegen materielles Umweltrecht verstoßen.*)
2. Der Senat geht bei Beschwerden in Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO von demselben Streitwert aus wie im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO.*)
VolltextIMRRS 2021, 0545
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.03.2021 - 8 B 10170/21
1. Dem Inhaber des Urheberrechts an einem denkmalgeschützten Werk der Baukunst steht keine Widerspruchs- und Klagebefugnis gegen die denkmalschutzrechtliche Genehmigung zum Umbau und zur Umnutzung des Bauwerks zu (hier: Umbau einer denkmalgeschützten ehemaligen Kirche).*)
2. Ein mangels Widerspruchsbefugnis offensichtlich unzulässiger Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung.*)
VolltextIMRRS 2021, 0541
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.03.2021 - 12 LB 148/20
Setzt das Verwaltungsgericht auf die Drittanfechtung einer Genehmigung - statt über deren Aufhebung sowie ggf. deren Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zu entscheiden - ohne Prüfung weiterer Anfechtungsgründe den Vollzug der Genehmigung durch Urteil bis zur Heilung eines vereinzelt festgestellten Verfahrensfehlers aus, so kommt im Berufungsverfahren eine Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung in Betracht.*)
VolltextIMRRS 2021, 0534
OLG Köln, Beschluss vom 21.04.2021 - 8 AR 11/21
1. Ein Verweisungsbeschluss ist nicht bereits dann willkürlich, wenn ein Gericht von einer Rechtsauffassung abweicht, die sowohl von der obergerichtlichen Rechtsprechung als auch von der Literatur überwiegend vertreten wird.*)
2. Es ist daher nicht willkürlich, wenn ein Gericht seine örtliche Zuständigkeit verneint, weil es ausführlich begründet annimmt, dass im Falle des mangelbedingten Rücktritts vom Kaufvertrag Erfüllungsort i.S.d. § 29 ZPO für die Rückzahlung des Kaufpreises nicht der Ort der belegenen Kaufsache, sondern der Wohnsitz des Verkäufers ist.*)
VolltextIMRRS 2021, 0520
OVG Saarland, Beschluss vom 26.04.2021 - 2 B 77/21
1. Die im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbare "Prüfungssperre" des § 17a Abs. 5 GVG hinsichtlich des Rechtswegs greift nur dann, wenn die Entscheidung der ersten Instanz unter Beachtung des § 17a GVG erlassen worden ist.*)
2. Ist eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG in der ersten Instanz unterblieben, hat das Rechtsmittelgericht die Rechtswegfrage inhaltlich zu prüfen.*)
3. Der Anspruch auf Grundstücksübertragung ist grundsätzlich privatrechtlicher Natur. Dies gilt auch dann, wenn die öffentliche Hand der Veräußerer ist.*)
4. Ausnahmen sind möglich, wenn das Rechtsverhältnis öffentlich rechtlich überlagert ist (z. B. wenn die Vergabekriterien öffentlichen Zwecken dienen).*)
5. Hat der Antragsteller sich nicht im öffentlich-rechtlichen Vergabeverfahren beworben, sondern macht seinen Anspruch auf Grundstücksübertragung außerhalb dieses Verfahrens auf vertraglicher Grundlage geltend, ist der Zivilrechtsweg gegeben.*)
VolltextIMRRS 2021, 0506
BGH, Beschluss vom 29.01.2021 - AnwSt (B) 4/20
1. Liegt aus Sicht eines Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände ein Anlass vor, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln, besteht die Besorgnis der Befangenheit.
2. Dies ist bei allen Mitgliedern des Senats der Fall, wenn ein Rechtsanwalt mehrfach auf sein offenes Akteneinsichtsgesuch hinweist und der Senat dieses dennoch übergeht und einstimmig die Zurückweisung einer Beschwerde beschließt.
VolltextIMRRS 2021, 0519
OLG Celle, Beschluss vom 15.04.2021 - 3 Ws 91/21
1. Eine auf § 176 GVG gestützte Anordnung, zum Schutz vor einer Covid19-Infektion in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, ist regelmäßig nicht zu beanstanden.*)
2. Eine grundlose Weigerung des Verteidigers, dieser Anordnung zu folgen, kann eine Aussetzung des Verfahrens und hiernach eine Kostentragungspflicht nach § 145 Abs. 4 StPO zur Folge haben.*)
VolltextIMRRS 2021, 0505
BGH, Beschluss vom 04.11.2020 - VII ZB 37/18
Wird die in einem erstinstanzlichen Urteil getroffene Kostengrundentscheidung durch eine im zweiten Rechtszug im Wege des Prozessvergleichs getroffene Kostenregelung ersetzt, kann, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, eine Verzinsung zu erstattender Kosten nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst von einem Antragszeitpunkt nach dem Vergleichsschluss verlangt werden; maßgeblich ist das Eingangsdatum des auf den Prozessvergleich bezogenen Kostenfestsetzungsantrags (Abgrenzung von BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - X ZB 2/15, NJW 2016, 165 = IBRRS 2015, 3126 = IMRRS 2015, 1410).*)
VolltextIMRRS 2021, 0486
AG Viersen, Urteil vom 16.04.2021 - 32 C 159/18
Die materiell-rechtliche Wirksamkeit einer Aufrechnung kann erst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beurteilt werden. Das gilt nicht nur für die Hilfsaufrechnung, sondern auch für die Primäraufrechnung.
VolltextIMRRS 2021, 0502
BFH, Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19
1. Sog. Von-bis-Werten in der Zulassungsbescheinigung Teil I kommt nur insoweit Bindungswirkung für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zu, als die vorgegebenen Mindestwerte nicht unterschritten bzw. die Höchstwerte nicht überschritten werden dürfen.*)
2. Zur Zulässigkeit von Entscheidungen aufgrund einer Beratung im Rahmen einer Videokonferenz.*)
IMRRS 2021, 0481
AG Wiesbaden, Urteil vom 11.09.2020 - 92 C 4398/14
Hat das Gericht über gesamten Kosten des Rechtsstreits vollständig entschieden, so wurde der Kostenpunkt nicht i.S.d. § 321 ZPO übergangen, auch wenn über die Kosten sachlich falsch entschieden worden sein sollte.
VolltextIMRRS 2021, 0494
AG Frankenthal, Urteil vom 26.02.2021 - 3c C 59/20
1a. Der Nachweis des Eingangs eines Schriftstücks auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts im Sinne des § 130a Abs. 5 ZPO obliegt auch bei Übersendung eines elektronischen Dokuments derjenigen Partei, die sich darauf beruft, bei einer Klageschrift, mit deren Eingang die Verjährung gehemmt werden soll, also der Klagepartei.*)
1b. Zum Nachweis des Eingangs reicht ein Transfervermerk, aus dem hervorgeht, dass ein Dokument zu einem bestimmten Zeitpunkt an das Gericht übermittelt wurde, nicht aus, weil aus ihm der Eingang bei Gericht gerade nicht entnommen werden kann; insbesondere ist ein derartiger, softwaregenerierter Vermerk nicht geeignet, die automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu ersetzen.*)
2a. Bleibt eine automatisierte Empfangsbestätigung bzgl. einer auf elektronischem Weg versandten Akte aus und kommt es in der Folge auch nicht zu einer Anforderung des Gerichtskostenvorschusses durch das Gericht, trifft die Klagepartei eine Nachfrageobliegenheit, nach der sie den Gründen dafür innerhalb eines angemessenen Zeitraums nachzugehen hat.*)
2b. Ein Zeitraum von über neun Wochen nach Fristablauf/Verjährungseintritt ist dabei jedenfalls deutlich zu lange, als dass eine anschließende Zustellung der Klage noch als „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO angesehen werden könnte.*)
VolltextIMRRS 2021, 0290
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.02.2021 - 5 W 3/21
1. Wurde ein Architektenvertrag vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) geschlossen und macht der Architekt den Mindestsatz abweichend von einer diesen unterschreitenden Honorarvereinbarung geltend, ist zweifelhaft, ob die Klage analog § 148 ZPO im Hinblick auf das Vorabentscheidungsersuchen des BGH (IBR 2020, 352) an den EuGH ausgesetzt werden kann.
2. Eine Aussetzung ist jedenfalls unzulässig, soweit der Mindestsatz nach § 4 Abs. 4 HOAI 1996/2002 mit der Begründung geltend gemacht wird, eine Honorarvereinbarung sei nicht schriftlich oder nicht bei Auftragserteilung getroffen worden.
VolltextIMRRS 2021, 0498
OLG München, Beschluss vom 26.04.2021 - 34 AR 26/21
Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfällt, wenn sich ein nach geltendem Recht unzweifelhaft zuständiges Gericht gleichwohl über seine Zuständigkeit hinwegsetzt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweist, ohne sich mit den maßgeblichen zuständigkeitsbegründenden Voraussetzungen auseinanderzusetzen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0492
BGH, Beschluss vom 24.03.2021 - LwZR 4/20
Ist die Klage auf den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags gerichtet, bemisst sich das Interesse der klagenden Partei gemäß § 3 ZPO im Grundsatz nach der in der Vertragszeit zu entrichtenden Miete bzw. Pacht; es wird aber nach der Wertung des § 9 ZPO regelmäßig auf die dreieinhalbfache Jahresmiete bzw. -pacht begrenzt.*)
VolltextIMRRS 2021, 0485
OLG Hamm, Urteil vom 26.02.2021 - 9 U 5/20
1. Ist der Kläger mangels unmittelbarer Beweismittel auf die Führung eines Indizienbeweises angewiesen, kann er alle verbleibenden Beweismöglichkeiten ausschöpfen, um den notwendigen Beweis durch den Nachweis von Hilfstatsachen zu führen.*)
2. Auch wenn der Richter bei der Behandlung von Beweisanträgen zu Indiztatsachen freier gestellt ist als bei sonstigen Beweisanträgen, müssen die wesentlichen Gesichtspunkte für die Überzeugungsbildung, dass der in Rede stehende Beweisantrag, der eine Hilfstatsache betrifft, an der Überzeugung des Richters nichts ändern würde, im Urteil nachvollziehbar dargelegt werden.*)
VolltextIMRRS 2021, 0466
OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.04.2021 - 19 W 11/21
Das Akteneinsichtsrecht der Prozessparteien gemäß § 299 Abs. 1 ZPO umfasst auch das Recht auf Abhören der vorläufigen Protokollaufzeichnung (§ 160a Abs. 1, 3 Satz 1 ZPO) bis zu deren Löschung (§ 160a Abs. 3 Satz 2 ZPO).*)
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