Immobilien- und Mietrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
16160 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2022
IMRRS 2022, 1061
AG Wiesbaden, Urteil vom 02.10.2020 - 92 C 4393/19
1. Nach Einreichung der Anfechtungsklage darf der Anfechtungskläger zwar die Kostenvorschussanforderung abwarten, muss jedoch, wenn diese ausbleibt, spätestens nach 6 Wochen beim Gericht nachfragen. *)
2. Dieselbe prozessuale Obliegenheit trifft den Anfechtungskläger, in dessen Verfahren überhaupt nichts passiert, obwohl er den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hat. Bleibt der Kläger in einem solchen Fall fast 6 Monate lang untätig, so hat er die Verzögerung zu vertreten und die Zustellung der Anfechtungsklage erfolgt nicht mehr demnächst i.S.d. § 167 ZPO, mit der Folge, dass die Anfechtungsfrist nicht gewahrt wird.*)

IMRRS 2022, 1696

BGH, Beschluss vom 26.07.2022 - II ZB 20/21
Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt. (Rn. 8 - 16)*)

IMRRS 2022, 1063

OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.08.2022 - 23 W 18/21
Zur Besorgnis der Befangenheit bei einem Richter, der im Ablehnungsverfahren seine dienstliche Äußerung viele Monate später unaufgefordert mit einer Stellungnahme zu einem die Besorgnis seiner Befangenheit in einem Parallelverfahren mit einem gleichgelagerten Befangenheitsgesuch für begründet erklärenden Beschluss ergänzt, dabei eine als Grundlage für die Entscheidung ersichtlich nicht geeignete Tatsache mitteilt und sich zur Ordnungsgemäßheit der Prüfung des beschiedenen Befangenheitsgesuchs äußert.*)

IMRRS 2022, 1053

BGH, Beschluss vom 05.07.2022 - VIII ZR 137/21
1. Eine Berufungsbegründung muss geeignet sein, die erstinstanzliche Entscheidung im Umfang der Anfechtung in Frage zu stellen. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand hat sie sich daher grundsätzlich auf alle Teile des Urteils zu erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (im Anschluss an BGH, Urteile vom 23.06.2015 - II ZR 166/14, Rz. 11, IBRRS 2015, 3570 = NJW 2015, 3040; vom 14.03.2017 - VI ZR 605/15, Rz. 14, IBRRS 2017, 4329 = VersR 2017, 822; vom 07.01.2021 - III ZR 127/19, Rz. 12, IBRRS 2021, 0689 = BGHZ 228, 115; Beschlüsse vom 29.11.2017 - XII ZB 414/17, Rz. 9, IBRRS 2018, 0071 = NJW-RR 2018, 3869; vom 15.03.2022 - VIII ZB 43/21, Rz. 13, IBRRS 2022, 1267).*)
2. Hat ein Rechtsmittelführer einen - erstinstanzlich zu seinem Nachteil entschiedenen - Streitgegenstand mit seiner Berufungsbegründung nicht angegriffen und ist dieser damit nicht zur Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt worden, kann das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) des Rechtsmittelgegners verletzt sein, wenn das Berufungsgericht, ohne hierauf hinzuweisen (§ 139 ZPO), dennoch in der Sache - zum Nachteil des Rechtsmittelgegners - über diesen Streitgegenstand entscheidet.*)

IMRRS 2022, 1003

AG Stuttgart, Beschluss vom 12.07.2022 - 64 C 757/21 WEG
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die Teilnahme des Verwalters an Gerichtsterminen entstandenen Kosten. Diese sind aber auf den Höchstsatz des § 22 Satz 1 JVEG (25 Euro pro Stunde) begrenzt, insoweit Abweichung von BGH, Beschluss vom 07.05.2014 - V ZB 102/13, IMRRS 2014, 0979.

IMRRS 2022, 1027

KG, Beschluss vom 08.08.2022 - 21 W 11/22
1. Will der Hauptschuldner mit seiner Klage auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde die Inanspruchnahme des Bürgen verhindern, ist der Streitwert mit dem Bürgschaftsbetrag anzusetzen.
2. Wird in einem Verfahren auf Herausgabe einer Bürgschaft widerklagend vom Bürgschaftsgläubiger die gesicherte Forderung geltend gemacht, erhöht sich wegen wirtschaftlicher Gleichwertigkeit gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG der Streitwert nicht.

IMRRS 2022, 1001

LG Hanau, Urteil vom 25.05.2022 - 2 S 134/20
1. Vor der Geltendmachung nachbarrechtlicher Ansprüche ist nach § 15a EGZPO und § 1 HSchlG ein Schlichtungsverfahren erfolglos durchzuführen.
2. Dem ist Genüge getan, wenn das Schlichtungsverfahren vom Kläger des anschließenden Gerichtsverfahrens eingeleitet wird, auch wenn dieser seine Aktivlegitimation erst im Gerichtsverfahren durch Vorlage einer Abtretungserklärung offenlegt.

IMRRS 2022, 1046

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.08.2022 - 23 W 42/21
1. Ein Beschluss, mit dem ein Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt werden, ist nicht anfechtbar.*)
2. Ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Aufhebung einer solchen Aussetzung abgelehnt wird, ist jedenfalls dann ebenfalls nicht anfechtbar, wenn sich der Antrag gegen die grundsätzliche Entscheidung richtet, dem EuGH die gestellten Fragen im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen, und nicht etwa z. B. die Fortsetzung des Verfahrens verlangt wird, weil das Vorabentscheidungsverfahren abgeschlossen sei oder um den Rechtsstreit durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder vereinbarten Vergleich zu erledigen.*)
3. Eine Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses besteht auch nicht dann, wenn ein Einzelrichter beim Landgericht ihn erlassen hat, ohne das Verfahren der Kammer zur Übernahme vorzulegen.*)

IMRRS 2022, 1041

OLG München, Beschluss vom 26.07.2022 - 9 W 810/22 Bau
1. Die Aussetzung eines Hauptsacheverfahrens im Hinblick auf ein anderweitig anhängiges selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich zulässig. Sie setzt eine fehlerfreie Ermessensausübung des Gerichts der Hauptsache voraus.
2. Das Gericht der Hauptsache muss neben dem Grundsatz der Prozessökonomie, nach dem mehrfache Beweiserhebungen wegen desselben Gegenstands mit möglicherweise unterschiedlichen Ergebnissen zu vermeiden sind, auch berücksichtigen, ob die gebotene Förderung und Beschleunigung des Prozesses auf andere Weise besser zu erreichen ist. Die Aussetzungsentscheidung kann nur auf Ermessensfehler überprüft werden.
3. Maßgeblich für den Streitwert der sofortigen Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss ist das Interesse an der (Nicht-) Aussetzung, das mit einem Fünftel des Werts der Hauptsache bewertet wird.

IMRRS 2022, 0962

KG, Beschluss vom 06.08.2021 - 21 U 59/21
1. In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen.
2. Zwingende Voraussetzung für eine Bestellung ist, dass dem Gericht Mitteilung von einem Vertretungsverhältnis gemacht wurde. Eine nur außergerichtliche Anzeige eines Vertretungsverhältnisses gegenüber dem Prozessgegner genügt nicht.
3. Der Kläger ist nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Passivrubrum der Klageschrift als Prozessbevollmächtigten aufzuführen.

IMRRS 2022, 0961

KG, Beschluss vom 08.10.2021 - 21 U 59/21
1. In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen.
2. Zwingende Voraussetzung für eine Bestellung ist, dass dem Gericht Mitteilung von einem Vertretungsverhältnis gemacht wurde. Eine nur außergerichtliche Anzeige eines Vertretungsverhältnisses gegenüber dem Prozessgegner genügt nicht.
3. Der Kläger ist nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Passivrubrum der Klageschrift als Prozessbevollmächtigten aufzuführen.

IMRRS 2022, 1029

OVG Hamburg, Beschluss vom 21.04.2022 - 2 So 29/22
1. Eine Beschwerde ist gem. § 146 Abs. 2 VwGO unstatthaft, wenn sie sich gegen eine prozessleitende Verfügung des Kammervorsitzenden richtet. Um eine solche Verfügung handelt es sich, wenn diese lediglich die Form der Gewährung der Akteneinsicht nach § 100 VwGO betrifft.*)
2. Die Erteilung einer Abschrift der in Papierform geführten Akte gem. § 100 Abs. 1 Satz 2 VwGO umfasst nicht die Herstellung einer elektronischen Akte und deren Übermittlung in das besondere Anwaltspostfach. Insoweit handelt es sich um einen Fall nach § 100 Abs. 3 Satz 2 VwGO.*)

IMRRS 2022, 1028

BGH, Urteil vom 07.07.2022 - IX ZR 144/20
Ein Abstehen vom Urkundenprozess ist im Berufungsverfahren auch nach Erteilung eines gerichtlichen Hinweises auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung durch Beschluss zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht es für sachdienlich hält.*)

IMRRS 2022, 1025

OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.07.2022 - 6 U 332/21
1. Die Abänderung des Streitwerts aufgrund einer Gegenvorstellung kommt nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Erledigung des Verfahrens in Betracht.*)
2. Erledigt sich das Verfahren durch Prozessvergleich im schriftlichen Verfahren kommt der Vergleich bereits mit der letzten Annahmeerklärung der Parteien gegenüber dem Gericht zustande und nicht erst mit Bekanntgabe des gerichtlichen Beschlusses, mit dem das Zustandekommen des Vergleichs nur festgestellt wird.*)

IMRRS 2022, 0999

AG Wuppertal, Beschluss vom 11.07.2022 - 43 M 1395/22
1. Mit der Vollstreckbarkeitserklärung übernimmt die antragstellende Behörde die Verantwortung für das Bestehen und die Vollstreckbarkeit der Forderung.*)

IMRRS 2022, 1023

BayObLG, Beschluss vom 20.07.2022 - 102 AR 56/22
Zur gesetzlichen Spezialzuständigkeit „Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen“ des § 119a Abs. 1 Nr. 4 GVG.*)

IMRRS 2022, 1021

BAG, Beschluss vom 21.07.2022 - 2 AZN 801/21
1. Eine Verletzung des Antragsgrundsatzes nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegt nicht nur dann vor, wenn einer Partei ohne ihren Antrag etwas zugesprochen wird, sondern auch, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat.*)
2. Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO stellt zugleich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zum Nachteil der hiervon betroffenen Partei dar.*)
3. Eine Zurückverweisung gem. § 72a Abs 7 ArbGG kommt ausnahmsweise nicht in Betracht, wenn keine weitere Entscheidung in der Hauptsache mehr notwendig wird.*)

IMRRS 2022, 0998

OVG Saarland, Beschluss vom 17.01.2022 - 2 A 281/21
1. Bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung eines Baugrundstücks in nicht beplanter Ortslage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wie auch bei der Beurteilung des Gebietscharakters oder faktischer Baugebiete auf dieser Grundlage rechtfertigt der Umstand, dass die Abgrenzung wie auch die Einordnung der maßgeblichen Umgebungsbebauung nach ihrer Nutzungsart in aller Regel die Verschaffung eines eigenen Eindrucks von den örtlichen Gegebenheiten voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht regelmäßig nicht abschließend nur auf Grund der Aktenlage vorgenommen werden kann, nicht bereits die Annahme, das auf einer Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis einer solchen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).*)
2. Hat sich das Verwaltungsgericht einen eigenen Eindruck von den baulichen Gegebenheiten vor Ort verschafft und eine nach den Maßstäben der Rechtsprechung nachvollziehbare Bewertung vorgenommen, so kommt eine Zulassung der Berufung nur in Betracht, wenn das Antragsvorbringen besondere Aspekte des Falles aufzeigt, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses rechtfertigen können. Auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten keine abweichende Interpretation des Zulassungstatbestands im § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, insbesondere keine Beweisaufnahme im Rahmen eines Zulassungsverfahrens (vgl. dazu etwa OVG Saarland, Beschlüsse vom 12.05.2021 - 2 A 107/20 -, IBRRS 2021, 1576; vom 18.09.2020 - 2 A 228/20 -, IBRRS 2020, 2966, oder vom 20.06.2012 - 2 A 411/11 -, BeckRS 2013, 47378).*)
3. ...

IMRRS 2022, 1004

VGH Bayern, Beschluss vom 03.02.2022 - 4 ZB 21.966
Einem Vermieter fehlt für eine Klage gegen einen Mietspiegel das Rechtsschutzbedürfnis, wenn dieser Mietspiegel wegen eines neu anerkannten Mietspiegels keine Rechtswirkungen mehr für seine Immobilie haben kann.

IMRRS 2022, 0983

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.06.2022 - 20 U 51/22
Wird in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eine mündliche Verhandlung anberaumt, kann der Antragsgegner die Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit erheben. Über diese Einrede ist im gewöhnlichen Verfahren zu entscheiden.*)

IMRRS 2022, 0980

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2021 - OVG 2 S 46/20
(ohne amtliche Leitsätze)

IMRRS 2022, 0991

BGH, Beschluss vom 24.02.2022 - V ZB 59/21
1. Bei Vorliegen einer Streitigkeit i.S.v. § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG a.F. (vgl. jetzt § 43 Abs. 2 WEG) kann die Berufung fristwahrend grundsätzlich nur bei dem von der Regelung des § 72 Abs. 2 GVG a.F. (vgl. jetzt § 72 Abs. 2 GVG) vorgegebenen Berufungsgericht eingelegt werden. Eine beim falschen Berufungsgericht eingelegte Berufung, die nicht rechtzeitig in die Verfügungsgewalt des richtigen Berufungsgerichts gelangt, kann daher auch nicht in entsprechender Anwendung von § 281 ZPO an dieses Gericht verwiesen werden. Vielmehr ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
2. Legt der Rechtsanwalt die Berufung in einer Wohnungseigentumssache aufgrund einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung nicht beim zuständigen Berufungsgericht, sondern bei dem für allgemeine Zivilsachen zuständigen Berufungsgericht ein, unterliegt er in aller Regel einem unverschuldeten Rechtsirrtum.
3. Dem unverschuldeten Rechtsirrtum wird dadurch Rechnung getragen, dass die Fristversäumnis durch erneute Berufungseinlegung beim zuständigen Gericht verbunden mit einem Antrag gem. § 233 ZPO auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behoben werden kann.
4. Werden Schadensersatzansprüche einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den ehemaligen Verwalter geltend gemacht, handelt es sich um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 3 WEG a.F.

IMRRS 2022, 0981

BayObLG, Beschluss vom 25.07.2022 - 101 AR 36/22
An der früheren Praxis des BayObLG, das sich bei Gelegenheit einer Entscheidung zur Bestimmung des für den Rechtsstreit gegen mehrere Streitgenossen gemeinsam (örtlich) zuständigen Gerichts auch mit der funktionellen Zuständigkeit befasst hat, wird angesichts der eindeutigen gesetzlichen Zuständigkeitsregelung in § 36 Abs. 1 ZPO nicht festgehalten.*)

IMRRS 2022, 0982

OLG Köln, Beschluss vom 29.04.2022 - 22 W 16/22
Ist nach einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits über die Kosten der Nebenintervention zu entscheiden, betrifft dies nur die durch den in diesem Zeitpunkt wirksamen Beitritt verursachten Kosten. Hat der Nebenintervenient vorher seinen Beitritt zurückgenommen, sind ihm entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die durch diese Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen. Tritt der Nebenintervenient daher im weiteren Verlauf des Verfahrens der anderen Partei dem Rechtsstreit bei, ist eine Kostenentscheidung nach § 101 Abs. 1 ZPO nur hinsichtlich der durch den weiteren Beitritt verursachten Kosten veranlasst.*)

IMRRS 2022, 0948

OVG Saarland, Beschluss vom 18.07.2022 - 1 B 108/22
Eine den Anforderungen des § 146 Abs 4 Satz 3 VwGO genügende Auseinandersetzung liegt vor, wenn sich die Beschwerdebegründung mit den entscheidungstragenden Rechtssätzen und Annahmen des Verwaltungsgerichts im erstinstanzlichen Beschluss in sachlich substantiierter Weise auseinandersetzt und sie mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt.*)

IMRRS 2022, 0947

OVG Saarland, Beschluss vom 20.07.2022 - 2 E 129/22
Die zwingende Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, kann bei einheitlichem Streitgegenstand nicht durch eine Abtrennung bezüglich einer Anspruchsgrundlage und eine diesbezügliche Verweisung umgangen werden.*)

IMRRS 2022, 0905

LG Rottweil, Beschluss vom 05.04.2022 - 1 T 10/21
Der Regelung des § 727 ZPO liegt die Überlegung zu Grunde, dass nach § 750 ZPO nur der aus dem Titel ersichtliche Gläubiger vollstrecken kann. Ist der Gläubiger mit dem Titelgläubiger identisch, ist eine Rechtsnachfolgeklausel nicht erforderlich.

IMRRS 2022, 0963

LG Berlin, Gerichtlicher Hinweis vom 14.04.2022 - 19 OH 14/18
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2022, 0979

BGH, Beschluss vom 06.07.2022 - XII ZB 551/21
1. Das Beschwerdegericht darf nicht von der erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren absehen, wenn von dieser neue Erkenntnisse zu erwarten sind, was etwa dann der Fall ist, wenn das Beschwerdegericht für seine Entscheidung eine neue Tatsachengrundlage wie ein neues Sachverständigengutachten heranzieht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12.05.2021 - XII ZB 427/20, IBRRS 2021, 1977 = FamRZ 2021, 1312).*)
2. Bei der Frage, ob die gem. § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG zu Gebote stehende Vorführung des Betroffenen und deren zwangsweise Vollziehung ausnahmsweise unverhältnismäßig sind, ist insbesondere die Bedeutung des Verfahrensgegenstands in den Blick zu nehmen (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 03.11.2021 - XII ZB 215/21, IBRRS 2022, 0329 = FamRZ 2022, 379).*)

IMRRS 2022, 0954

LG Berlin, Beschluss vom 21.06.2022 - 19 OH 14/18
Stellt keine der Parteien innerhalb einer durch das Gericht gesetzten bzw. verlängerten Nachfrist Ergänzungsfragen oder erhebt Einwendungen gegen ein gerichtlich eingeholtes Gutachten, so ist das Verfahren beendet. Ein nicht auf dem Weg nach § 130a ZPO eingereichter Schriftsatz gilt als nicht zugegangen und ist unbeachtlich.

IMRRS 2022, 0921

AG Bad Iburg, Beschluss vom 01.03.2022 - 3 M 58/22
Bei Prozessvergleichen müssen sich Inhalt, Art und Umfang der Vollstreckung grundsätzlich aus dem Vergleichstext selbst ergeben. Ein Rückgriff auf Umstände außerhalb des Titels ist grundsätzlich unzulässig. Sinn und Zweck dieser strengen Anforderungen ist es, im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit zu gewährleisten, dass ein Vollstreckungsorgan aus dem Titel selbst ersehen kann, was genau zu tun ist und nicht etwa auf die Interpretation zusätzlicher, ihr möglicherweise unzugänglicher, weiterer Informationen angewiesen ist.

IMRRS 2022, 0750

LG Itzehoe, Urteil vom 04.03.2022 - 11 S 40/21
1. Für eine Auslegung der Parteibezeichnung im Sinne der Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft ist kein Raum, wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine mehrdeutige oder falsche Bezeichnung vorliegen.
2. Richtet sich die Klage gegen "die übrigen Eigentümer ... gem. beigefügter Liste", so ist nach dieser Maßgabe nicht die Gemeinschaft als Verband beklagte Partei. Unter Beibehaltung der Parteiidentität ist eine vorgezogene Parteiberichtigung nicht möglich.
3. Da nach dem neuen Recht der Verwalter nur noch den Verband, nicht aber die Eigentümer vertritt und die fehlerhafte Zustellung einer Klage gegen die Eigentümer für ihn keinerlei Rechtspflichten auslöst, kommt eine Wahrung der Anfechtungsfrist im Sinne eines privilegierten Parteiwechsels nicht mehr in Betracht.

IMRRS 2022, 0960

BGH, Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZB 46/21
1. Ein Beweisbeschluss ist grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar.*)
2. Ausnahmsweise ist eine sofortige Beschwerde statthaft, wenn bereits der Beweisbeschluss eine Verletzung von Grundrechten einer Partei zur Folge hätte, die sich im weiteren Verfahren nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr vollständig beheben ließe (Fortführung von BGH, IBR 2009, 356).*)

IMRRS 2022, 0958

LG Karlsruhe, Beschluss vom 08.07.2022 - 11 T 42/22
Der Streitwert für eine Klage auf Zahlung künftiger WEG-Hausgelder (§ 258 ZPO) richtet sich nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 9 ZPO, wenn der zu Grunde liegende Wirtschaftsplan (wie üblich) eine Fortgeltungsklausel enthält.*)

IMRRS 2022, 0959

BGH, Beschluss vom 21.06.2022 - VI ZB 87/21
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen.*)

IMRRS 2022, 0946

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28.06.2022 - 7 KS 2/22
Einigen sich die Beteiligten außergerichtlich auf eine Klagerücknahme und über die Kostentragung und teilen dem Gericht diese Einigung übereinstimmend mit, ist die Vereinbarung über die Kostentragung für die gerichtliche Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 160 VwGO trotz der grundsätzlich zwingenden Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO verbindlich.*)

IMRRS 2022, 0944

BGH, Beschluss vom 28.06.2022 - II ZR 50/20
1. Bei schriftlich begründeten Entscheidungen fällt der Zeitpunkt der Kenntniserlangung mit dem der Zustellung der Entscheidung zusammen.
2. Sollte ausnahmsweise von einer späteren Kenntniserlangung auszugehen sein, muss ein entsprechender Grund dargelegt werden.

IMRRS 2022, 0934

OLG Schleswig, Urteil vom 08.07.2022 - 1 U 68/21
1. Gegen ein nach § 319 ZPO berichtigungsfähiges Rechtsmittel ist regelmäßig neben dem Antrag auf Berichtigung nach § 319 ZPO auch die Berufung zulässig (h. M.).*)
2. Nach erfolgter Berichtigung kann der Berufungsführer die Berufung für erledigt erklären. Die Berufung hat nicht als von Anfang an unzulässig zu gelten (str.; entgegen BGH, Urteil vom 14.07.1994 - IX ZR 193/93, IBRRS 1994, 0423).*)

IMRRS 2022, 0941

BGH, Beschluss vom 21.06.2022 - VIII ZR 285/21
Auch in einem vorausgegangenen Vortrag der Partei kann ein Bestreiten nachfolgender Behauptungen der Gegenseite liegen, wenn jener Vortrag diesen Behauptungen widerspricht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 15.05.2001 - VI ZR 55/00, unter II 1, IBRRS 2004, 3280 = NJW-RR 2001, 1294).*)

IMRRS 2022, 0937

LG Berlin, Urteil vom 22.03.2022 - 55 S 144/21 WEG
ohne amtlichen Leitsatz

IMRRS 2022, 0931

OLG Koblenz, Beschluss vom 11.07.2022 - 6 U 119/22
1. Ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens ist nicht zugleich als Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist aufzufassen.
2. Die Absicht der Parteien, Vergleichsverhandlungen ohne den Druck der auf beiden Seiten laufenden Rechtsmittelbegründungsfristen führen zu können, rechtfertigt es nicht, einen nach dem Wortlaut eindeutig nicht gestellten Antrag (auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist) in den nach dem Wortlaut allein gestellten Antrag auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens "hineinzulesen".

IMRRS 2022, 0495

LG Berlin, Urteil vom 08.02.2022 - 63 S 7/21
Für eine Klage auf Auskunft zur Überschreitung der Mietpeisbremse wegen höherer Vormiete, Modernisierungsmaßnahmen oder Neubau besteht jedenfalls bei nach dem 31.12.2018 abgeschlossenen Mietverträgen kein Rechtsschutzbedürfnis.

IMRRS 2022, 0924

OLG Hamburg, Beschluss vom 10.02.2021 - 4 U 53/20
1. Maßgebend für die Streitwertfestsetzung ist das wirtschaftliche Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels. Hierfür kommt es wiederum darauf an, welcher Ansprüche sich der Kläger berühmt.
2. Das Berufungsgericht kann im Rahmen einer Streitwertfestsetzung nicht überprüfen, ob es sich bei der von der Kläger mit seinem Auftraggeber getroffenen Vertragsstrafenvereinbarung um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt und ob sie dann eine unangemessene Benachteiligung für die Auftragnehmerin darstellen würde.
3. Im Rahmen der Streitwertfestsetzung ist es auch nicht erforderlich, dass der Klägerin die Mehrkosten für die Ersatzbeauftragung anderer Planer und Bauunternehmen im Rahmen eines abzugrenzenden Vergleichs zwischen dem bei der Beklagten beauftragten Leistungsumfangs einerseits und dem letztlich nach eigener weiterer Mängelbeseitigung der auftraggeberseitigen mangelhaften Planung geänderten tatsächlich beauftragten Leistung substantiiert darlegt. Gleiches gilt für die Schätzung der bauzeitbedingten Mehrkosten.

IMRRS 2022, 0909

OLG Rostock, Beschluss vom 20.05.2022 - 3 W 125/21
Jedenfalls dann, wenn das persönliche Erscheinen der Partei vom Gericht zum Termin angeordnet ist, liegt in der corona-bedingten Isolation der Partei zum Zeitpunkt des Termins zur mündlichen Verhandlung ein wichtiger Grund i.S.d. § 227 ZPO, der auf Antrag die Verlegung des Verhandlungstermins erfordert.*)

IMRRS 2022, 0786

LG München I, Beschluss vom 09.09.2021 - 36 T 6514/21
1. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll.
2. Eine Rubrumsberichtigung kommt gerade in der Übergangszeit in Betracht.
3. Richtet sich die Klage nur gegen einige bzw. einen Wohnungseigentümer, ist aber erkennbar, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt werden soll, so ist das Rubrum von Amts wegen entsprechend zu berichtigen.

IMRRS 2022, 0920

BGH, Beschluss vom 14.06.2022 - VI ZB 26/21
Die Erhebung einer Anhörungsrüge hat keinen Einfluss auf den Ablauf prozessualer Fristen und hindert den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht (hier: Frist zur Einlegung der Berufung).*)

IMRRS 2022, 0919

BVerwG, Beschluss vom 12.05.2022 - 1 B 14.22
1. Bei mehreren Prozessbevollmächtigten genügt die Zustellung an einen von ihnen. Bei Zustellungen an mehrere Prozessbevollmächtigte ist für den Beginn der Rechtsmittelfrist die zeitlich erste Zustellung maßgeblich.*)
2. Die Mandatskündigung eines Prozessbevollmächtigten erlangt erst mit Anzeige gegenüber dem Gericht rechtliche Wirksamkeit.*)

IMRRS 2022, 0907

AG Fulda, Beschluss vom 07.07.2022 - 3180 E1
Ist die Ladungsfrist nicht eingehalten, so darf das Schiedsamt kein Ordnungsgeld festsetzen.*)

IMRRS 2022, 0890

OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.06.2022 - 5 KS 27/19
1. Geben nur die Kläger eine Erledigungserklärung ab, so hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob die behauptete Erledigung tatsächlich eingetreten ist.*)
2. § 155 Abs. 4 VwGO räumt dem Gericht ein Ermessen ein, ob es schuldhaft verursachte Kosten von den sonstigen Kosten abgetrennt dem Veranlasser auferlegt.*)

IMRRS 2022, 0901

BGH, Urteil vom 02.06.2022 - III ZR 216/20
Zum Verhältnis von § 314 ZPO und § 283 ZPO.*)
