Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15968 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IMRRS 2023, 0414OLG Koblenz, Beschluss vom 08.12.2022 - 8 W 416/22
1. Beruht das Nichterscheinen eines Zeugen, dem die Teilnahme an der Beweisaufnahme im Wege einer Videokonferenz gestattet worden war, auf einem Fehler im Umgang mit IT-Systemen, ist dieser Fehler ggf. nicht so gravierend, dass er ein Ordnungsgeld rechtfertigen würde.*)
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeführers werden als notwendige Auslagen nach § 19 JVEG ersetzt, die die später unterliegende Partei als Teil der Prozesskosten zu tragen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12.06.2007, VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 = IBRRS 2007, 3611 = IMRRS 2007, 1585).*)
VolltextIMRRS 2023, 0397
AG Donaueschingen, Urteil vom 27.01.2023 - 1 C 54/22
Die Zustellung eines Versäumnisurteils ist nicht deshalb unwirksam, weil der Zusteller auf dem Umschlag weder Datum noch Uhrzeit der Zustellung vermerkt. Dem Zustellungsadressaten obliegt es bei Zweifeln die Frist gegebenenfalls bei Gericht zu erfragen. Berechnet der Adressat die Frist anhand seiner Briefkastenleerung zu seinen Ungunsten falsch, begeht er ein Verschulden gegen sich selbst, weshalb auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren ist.
VolltextIMRRS 2023, 0413
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 27.02.2023 - 5 W 15/23
Ein Ablehnungsgesuch kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn dessen Begründung ausnahmslos auf schon länger bekannte (vermeintliche) Verfahrensfehler abstellt und auch das weitere prozessuale Verhalten der Partei - hier: Anbringen des Gesuchs erst am Morgen des seit langem bestimmten Verhandlungstermins über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, keinerlei inhaltliche Förderung des Verfahrens und mehrfache, nach Aktenlage nicht nachvollziehbare Verweigerung der Entgegennahme von Zustellungen - auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Gesuchs schließen lässt.*)
VolltextIMRRS 2023, 0286
LG Berlin, Beschluss vom 15.02.2023 - 65 T 15/23
1. Der Gebührenstreitwert einer auf Feststellung der nach § 556d BGB höchst zulässigen Miete bei Mietbeginn gerichteten Klage bestimmt sich nach § 48 Abs. 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO.
2. § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG ist auf diesen Fall weder unmittelbar noch analog anwendbar.
VolltextIMRRS 2023, 0254
LG Berlin, Beschluss vom 20.12.2022 - 67 T 77/22
Der Gebührenstreitwert einer auf die Feststellung der preisrechtlich zulässigen Miete gerichteten Klage bemisst sich auch im Falle einer nach dem 31.12.2020 erfolgten Klageerhebung nach dem 3-1/2-fachen Jahresbetrag des zwischen den Mietvertragsparteien streitigen Differenzbetrags.*)
VolltextIMRRS 2023, 0410
BGH, Beschluss vom 14.12.2022 - VII ZR 271/19
1. Das Gericht ist verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dazu gehört es, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des Verfahrens betrifft - zu bescheiden.
2. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
3. Zur Schlüssigkeit der Höhe eines Vergütungsanspruchs für geänderte Leistungen aus § 2 Abs. 5 VOB/B.
VolltextIMRRS 2023, 0405
LG Karlsruhe, Beschluss vom 17.03.2023 - 11 T 59/23
1. Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung der Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass die Teileigentumseinheit des Klägers auch zu Wohnzwecken genutzt werden darf, bestimmt sich nach dem Angreiferinteresse und berechnet sich nach § 9 Satz 1 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Wert der jährlichen Mieteinnahmen bei einer Nutzung als Wohnung.
2. Der Streitwert ist im Hinblick auf das Additionsverbot nicht mit der Anzahl der Beklagten zu multiplizieren.
VolltextIMRRS 2023, 0403
OLG Bamberg, Beschluss vom 20.03.2023 - 2 W 13/23
1. Zur Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Ausbleiben eines geladenen Zeugen im Termin trotz Vorlage eines ärztlichen Attestes mit Bescheinigung einer Reiseunfähigkeit.*)
2. Ein ärztliches Attest, das einem Zeugen aus Gesundheitsgründen die Fähigkeit abspricht, den Vernehmungstermin wahrzunehmen, erfordert, dass das Gericht aus der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen und so die Frage einer etwaigen Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann.*)
3. Die Diagnose einer „chronischen Erkrankung“ ist vollkommen unbestimmt und hierfür nicht geeignet.*)
4. Die attestierte Angabe, dass der Patient „nicht lange sitzen“ könne, kann eine Reiseunfähigkeit bei geplanter Anreise mit der Bahn nicht begründen, zumal wenn der Zeuge fortwährend mit zeitaufwändigen Notariatsvertretungen betraut ist und diese auch wahrnimmt.*)
5. Die Anordnung der persönlichen Zeugeneinvernahme nach einer vorausgegangenen schriftlichen Aussage steht im Ermessen des Gerichts und ist vom Beschwerdegericht im Ordnungsgeldverfahren nicht zu überprüfen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0396
OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.03.2023 - 2 W 3/23
1. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die einem Nebenintervenienten zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren gem. § 89a Abs. 3 GWB ist mit der Beschwerde anfechtbar.*)
2. Die formlose Bekanntgabe eines Beschlusses zur Festsetzung des Gegenstandswertes gem. § 33 Abs. 1 RVG setzt die Beschwerdefrist nicht in Gang.*)
3. Wirkt § 89a Abs. 3 Satz 2 GWB bei der Festsetzung der Gegenstandswerte der Nebeninterventionen begrenzend, muss die Summe der festgesetzten Gegenstandswerte den gesetzlich zulässigen Höchstwert auch tatsächlich erreichen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0394
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2023 - 11 SV 1/23
Die Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Nr. 4 ZPO greift nicht ein, wenn ein nach geltendem Recht unzweifelhaft zuständiges Gericht den Rechtsstreit verweist, ohne die seine Zuständigkeit begründende Gesetzesnorm - hier § 44 BDSG - beachtet oder zur Kenntnis genommen zu haben, vorausgesetzt, diese Vorschrift ist seit geraumer Zeit in Kraft (Anschluss an BayObLG, NJW-RR 2002, 1295).*)
VolltextIMRRS 2023, 0393
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.02.2023 - 11 UH 1/23
Die Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Nr. 4 ZPO greift nicht ein, wenn ein nach geltendem Recht unzweifelhaft zuständiges Gericht den Rechtsstreit verweist, ohne die seine Zuständigkeit begründende Gesetzesnorm - hier § 44 BDSG - beachtet oder zur Kenntnis genommen zu haben, vorausgesetzt, diese Vorschrift ist seit geraumer Zeit in Kraft (Anschluss an BayObLG, NJW-RR 2002, 1295).*)
VolltextIMRRS 2023, 0365
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.02.2023 - 4 W 4/23
Die 6-Monatsfrist für die Änderung der Streitwertfestsetzung wird im selbstständigen Beweisverfahren nicht erst durch Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung im Hauptsachenprozess in Lauf gesetzt, sondern durch die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens.*)
VolltextIMRRS 2023, 0372
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 17.02.2023 - 2-04 O 81/23
§ 940a Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass der titulierte Anspruch ein Wohnraummietverhältnis i.S.v. § 549 BGB betrifft. Die Norm ist auf einen Gewerberaummietvertrag, der Wohnraum zum Gegenstand hat, nicht anwendbar.*)
VolltextIMRRS 2023, 0371
KG, Urteil vom 23.02.2023 - 8 U 39/21
1. Ein Bestreiten mit Nichtwissen kann erfolglose Nachforschungen bei einem früheren gesetzlichen Vertreter voraussetzen (wie BGH, Urteil vom 19.04.2001 - I ZR 238/98, IBRRS 2001, 0205 = IMRRS 2001, 0141).*)
2. Eine zweitinstanzlich vorgetragene Tatsache, die zur Überzeugung des Berufungsgerichts urkundlich belegt ist, ist ebenso wie eine unstreitige Tatsache über die Fallgruppen des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinaus zu berücksichtigen.*)
3. § 9 Abs. 1 Nr. 4 BKleingG berechtigt nicht zu Vorratskündigungen.*)
VolltextIMRRS 2023, 1662
BGH, Beschluss vom 15.12.2022 - I ZB 35/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIMRRS 2023, 0379
OLG Dresden, Beschluss vom 13.02.2023 - 4 U 146/23
Handelt im Anwaltsprozess die nicht postulationsfähige Partei selbst, ist ihre Prozesshandlung unwirksam.*)
VolltextIMRRS 2023, 0369
OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.01.2023 - 8 W 3449/22
1. Ein Antrag nach § 78b Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass der Antragsteller einen hinreichend substantiierten Sachverhalt geordnet vorträgt, der es dem Gericht erlaubt, die Erfolgsaussichten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht summarisch zu beurteilen.*)
2. Die konkrete Anzahl der darüber hinaus anzugebenden erfolglos kontaktierenden Rechtsanwälte richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In einem großstädtischen Gerichtsbezirk und ohne Vorliegen besonderer Eilbedürftigkeit erscheint es unbedenklich, die Benennung von mindestens zehn Rechtsanwälten zu verlangen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0364
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.02.2023 - 4 U 125/22
1. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt.
2. Die Berufung muss die tragenden Erwägungen des Erstgerichts aufgreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel, weil nicht ordnungsgemäß begründet, unzulässig.
VolltextIMRRS 2023, 0353
OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.03.2022 - 3 UF 215/21
1. Ein abgelehnter Richter hat vor der Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die wegen ihrer Dringlichkeit keinen Aufschub gestatten. Hierzu gehören Terminsaufhebungen, nicht hingegen Terminsbestimmungen.
2. Eilentscheidungen im Wege einstweiliger Verfügung können unaufschiebbar sein, allerdings nur unter der - grundsätzlich im Rahmen des § 47 ZPO erforderlichen - zusätzlichen Voraussetzung, dass die gerichtliche Handlung einer Partei/einem Beteiligten wesentliche Nachteile erspart oder dass bei ihrer Unterlassung Gefahr im Verzug ist.
3. Es kann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn das Gericht nach seiner Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegen die aus § 47 Abs. 1 ZPO folgende Wartepflicht verstößt und dadurch zu erkennen gibt, dass es die Ablehnung für unbeachtlich hält.
VolltextIMRRS 2022, 0753
LG Berlin, Urteil vom 18.06.2021 - 65 S 340/20
Die Zustellung einer nicht ordnungsgemäß beglaubigten Abschrift kann nach § 189 ZPO geheilt werden, sofern die zugestellte Abschrift mit der Urschrift übereinstimmt.
VolltextIMRRS 2023, 0351
OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.02.2023 - 13 W 44/23
Die Zustellung unter einer c/o-Adresse durch Einlegen in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten stellt keine wirksame Ersatzzustellung i. S.v. § 178 Abs. 1 Nr. 1, § 180 ZPO dar, wenn nicht feststeht, dass der Beklagte unter der c/o-Anschrift (zu diesem Zeitpunkt) tatsächlich wohnhaft war.*)
VolltextIMRRS 2023, 0307
AG Schwerin, Urteil vom 07.10.2022 - 14 C 299/22
Beantragt ein Wohnungseigentümer weniger als 3 Wochen vor der angesetzten Eigentümer-Versammlung bei Gericht, der Eigentümergemeinschaft aufzugeben, in die Tagesordnung der Eigentümerversammlung bereits Monate vorher dem Verwalter mitgeteilte TOPs (u. a. Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags) aufzunehmen, so fehlt es schon am Verfügungsanspruch, da die Ladungsfrist von 3 Wochen nicht mehr eingehalten werden kann.
VolltextIMRRS 2023, 0220
LG Berlin, Urteil vom 03.08.2022 - 33 O 170/21
1. Die rechtskräftige Entscheidung der Strafgerichtsbarkeit über einen Antrag des Zwangsverwalters über die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Beschlagnahme und Pfändung von Mietforderungen steht der Zulässigkeit einer vom Zwangsverwalter wegen der Mieten beim Zivilgericht erhobenen Feststellungsklage entgegen.
2. Zur Entscheidung über eine strafprozessuale Beschlagnahme von Vermögen ist ausschließlich die Strafgerichtsbarkeit berufen.
VolltextIMRRS 2023, 0349
OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.02.2023 - 3 W 290/23
Legt der Antragsteller in einem Verfügungsverfahren gegen einen zurückweisenden Beschluss sofortige Beschwerde ein, ohne diese entgegen seiner Ankündigung zu begründen, ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau der maßgeblichen Umstände der Verfügungsgrund regelmäßig zu verneinen, weil der Antragsteller dadurch zu erkennen gibt, dass es ihm mit der Durchsetzung seiner Ansprüche nicht eilig ist.*)
VolltextIMRRS 2023, 0343
BGH, Beschluss vom 09.02.2023 - I ZR 142/22
Die Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn der abgelehnte Richter als Mitglied des Revisionsgerichts im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss zu entscheiden hat, mit dem das Berufungsgericht die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen hat, und an diesem Beschluss die Ehefrau des abgelehnten Richters als Berufungsrichterin mitgewirkt hat.*)
VolltextIMRRS 2023, 0342
BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - XII ZB 472/22
Die Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 10.02.2021 - XII ZB 376/20, IBRRS 2021, 0892 = FamRZ 2021, 770).*)
VolltextIMRRS 2023, 0339
OLG Rostock, Beschluss vom 22.02.2023 - 7 W 7/23
1. Verfügt ein bundesweit tätiger Versicherer über sog. „Hausanwälte“ an verschiedenen Orten, denen er im Wege des Outsourcing die weitere Bearbeitung von Leistungsfällen im Zusammenhang mit gerichtlichen Streitigkeiten überlässt, muss er diese organisatorischen Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Kostenminderung in Ausrichtung an dem konkreten Streitfall sachorientiert und effizient nutzen.*)
2. Dies bedingt die Mandatierung eines gerichtsansässigen „Hausanwalts“, wenn die Erforderlichkeit einer besonderen Spezialisierung eines Rechtsanwalts am dritten Ort nicht ersichtlich ist.*)
VolltextIMRRS 2023, 0338
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2023 - 16 U 154/21
1. Gerichte sind nicht dazu nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung im Wege einer Videokonferenz stattfinden zu lassen, wenn der Sitzungsaal, in dem die Verhandlung stattfinden soll, die Möglichkeit für eine Videokonferenz nicht vorsieht.
2. Wegen der Corona-Pandemie muss auf die mündliche Verhandlung nicht verzichtet werden, wenn nach dem Hygienekonzept des Gerichts und den örtlichen Gegebenheiten in dem Sitzungssaal eine Ansteckungsgefahr nicht zu befürchten ist.
VolltextIMRRS 2023, 0337
OLG München, Urteil vom 01.03.2023 - 28 W 32/23 Bau e
1. Eine Ausnahme von dem in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung gilt für einen rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsantrag, der offensichtlich und ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt wird.
2. Ein rechtsmissbräuchlicher Ablehnungsantrag kann ausnahmsweise durch den Spruchkörper in seiner ursprünglichen Besetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters bzw. allein durch den abgelehnten Einzelrichter als unzulässig verworfen werden.
VolltextIMRRS 2023, 0336
BGH, Beschluss vom 24.11.2022 - I ZR 25/22
Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Angebot des Beschwerdeführers auf Vernehmung eines Zeugen zur Glaubhaftmachung der Beschwer gem. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht geeignet (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29.10.2020 - V ZR 273/19, IBRRS 2020, 3802).*)
VolltextIMRRS 2023, 0334
BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - VII ZR 882/21
1. Der Unternehmer muss zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind.
2. Die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags setzt grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Sie muss vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung vertraglich vereinbart haben.
3. Es ist Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Auch soweit in Frage steht, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, obliegt es dem Besteller, diese Umstände darzulegen.
4. ...
VolltextIMRRS 2023, 0327
AG Erfurt, Urteil vom 06.07.2022 - 5 C 807/21
Die Frage, ob ein Deliktsgrund durch Anerkenntnisurteil bindend festgestellt werden kann, wird uneinheitlich beurteilt. Vom Ausgangspunkt her besteht Einigkeit, dass eine solche Bindungswirkung nicht gegeben ist und eine nochmalige Klage erforderlich ist, soweit über die deliktische Forderung lediglich ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist (vgl. hierzu insbes. BGH NJW 2006, S. 2922).
VolltextIMRRS 2023, 0188
OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2022 - 2 OLG 53 Ss 86/22
Erfasst werden von der Wahrheitspflicht i.S.d. § 156 StGB nur die Angaben, zu denen der Schuldner im Rahmen der zivilrechtlichen Auskunftspflicht nach § 802c ZPO gesetzlich verpflichtet ist, dagegen nicht darüber hinausgehende Angaben in dem von dem Gerichtsvollzieher verwendeten Formular oder sonstige Angaben des Schuldners. Ob ein Grundstück im (Mit-)Eigentum der Angeklagten der Zwangsverwaltung unterlag oder ob aktuell ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig war, ist keine Angabe, die im Rahmen der Vermögensauskunft von der Angeklagten verlangt werden kann.
VolltextIMRRS 2023, 0332
LG Hanau, Beschluss vom 18.10.2022 - 2 S 45/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIMRRS 2023, 0324
OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2023 - 6 W 14/23
Ist eine Partei eines selbständigen Beweisverfahrens aus eigener Sachkunde nicht in der Lage, sich sachgerecht mit einem gerichtlich eingeholten oder von der Gegenseite vorgelegten Gutachten auseinanderzusetzen, insbesondere weil ihr aufgrund einer komplizierten und fremden Materie das erforderliche Spezialwissen fehlt, sind die Kosten für ein verfahrensbegleitendes Privatgutachten in aller Regel zur Ermöglichung eines substantiierten Sachvortrags notwendig (Anschluss an BGH, IBR 2013, 252).
VolltextIMRRS 2023, 0319
OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2023 - 6 W 74/22
1. Eine nicht existente Partei ist in einem gegen sie angestrengten Prozess insoweit als parteifähig zu behandeln, als sie ihre Nichtexistenz geltend macht.
2. Eine im Rechtsstreit als parteifähig fingierte Partei gilt auch im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren als parteifähig. Die Existenz der Partei ist im Kostenfestsetzungsverfahren insoweit zu fingieren, als in einem Rechtsstreit, in dem der nicht existenten Partei selbst oder einem für sie handelnden Dritten ein Kostenerstattungsanspruch zuerkannt wurde.
3. Es kommt nicht darauf an, ob die nichtexistente Partei eine juristische Person oder eine natürliche Person war.
VolltextIMRRS 2023, 0318
BGH, Beschluss vom 30.01.2023 - VIa ZB 15/22
Wer nachweist, dass der Gegner in eine weitere Fristverlängerung der Berufungsbegründung eingewilligt hat, kann regelmäßig darauf vertrauen, dass dem Verlängerungsantrag stattgegeben wird.
VolltextIMRRS 2023, 0313
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.02.2023 - 4 LA 127/22
1. Die zulässige Rüge einer fehlerhaften Besetzung des Gerichts (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO) erfordert eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der einschlägigen Geschäftsverteilung sowie gegebenenfalls die Einholung von Erkundigungen und die Vornahme eigener Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts Aufklärung zu verschaffen.*)
2. Eine vorschriftswidrige Besetzung im Sinne des § 138 Nr. 1 VwGO ist nur dann gegeben, wenn in dem behaupteten Verstoß gegen die Vorschriften zur Geschäftsverteilung nach § 4 VwGO i.V.m. § 21e GVG zugleich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt. Mängel bei der Auslegung und Anwendung eines Geschäftsverteilungsplans im Einzelfall begründen einen solchen Verfassungsverstoß nur, wenn sie auf unvertretbaren, mithin sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0255
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.11.2022 - 24 U 119/21
1. Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe im Innenverhältnis der Parteien eine hälftige Mietteilung zugesagt, ist regelmäßig keinem Anscheinsbeweis zugänglich.*)
2. Bestreit der Gegner, dass sich eine bestimmte Urkunde in seinem Besitz befinde, ist er zwar grundsätzlich über ihren Verbleib zu vernehmen (§ 426 Satz 1 ZPO). Jedoch kommt eine Vorlegungsanordnung gem. § 421 ZPO nicht in Betracht, wenn zweifelhaft ist, ob die Urkunde überhaupt je errichtet worden ist; dann ist auch für ein Vorgehen nach § 426 ZPO kein Raum.*)
VolltextIMRRS 2023, 0293
BGH, Beschluss vom 11.01.2023 - XII ZB 538/21
1. Gerichtliche Entscheidungen, die während einer Aussetzung der Verhandlung nach § 149 ZPO ergehen, sind nicht nichtig, sondern können mit den gegebenen Rechtsmitteln angefochten werden (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 17.12.2008 - XII ZB 125/06 - MDR 2009, 1000 = IBRRS 2009, 2165, und vom 31.03.2004 - XII ZR 167/00 - FamRZ 2004, 867 = IBRRS 2004, 0966).*)
2. Mit Beendigung der Aussetzung durch Erledigung des Strafverfahrens beginnt grundsätzlich die volle gesetzliche Frist zur Begründung eines Rechtsmittels von neuem zu laufen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 24.09.2020 - IX ZB 22/19 - ZInsO 2020, 2470 = IBRRS 2020, 3060; BGH, Beschluss vom 28.07.2016 - III ZR 70/16 - WM 2016, 1747 = IBRRS 2016, 3732; BGHZ 64, 1 = NJW 1975, 692).*)
3. Verwirft das Rechtsmittelgericht bereits vor Ablauf der Begründungsfrist das Rechtsmittel, ist der Rechtsmittelführer nicht von der fristgerechten Begründung seines Rechtsmittels befreit, wenn der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist und er gegen die verwerfende Entscheidung mit dem Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde vorgeht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 12.12.1990 - XII ZB 64/90 - FamRZ 1991, 548).*)
VolltextIMRRS 2023, 0294
BGH, Urteil vom 09.12.2022 - V ZR 72/21
Die Rechtskraft eines Urteils, mit dem eine Klage wegen des fehlenden Eintritts von aufschiebenden Bedingungen als derzeit unbegründet abgewiesen wird, umfasst auch die Gründe des Urteils, wenn in ihnen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen positiv festgestellt bzw. bejaht worden sind. Ist dies der Fall, kann die Klage im Folgeprozess nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der Anspruch habe bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess aus anderen Gründen als denen des fehlenden Eintritts der aufschiebenden Bedingungen nicht bestanden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 09.06.2022 - III ZR 24/21, Rz. 17 ff. = IBRRS 2022, 2270 = IMRRS 2022, 0950 = NJW 2022, 2754).*)
VolltextIMRRS 2023, 0288
BGH, Beschluss vom 06.12.2022 - VIII ZR 33/22
Wehren sich Mieter gegen umfangreiche Bauarbeiten in ihrer Wohnung, fließen in die Beschwer nur diejenigen Kosten ein, die auf die Miete umgelegt werden können.
VolltextIMRRS 2023, 0270
KG, Beschluss vom 15.02.2023 - 10 W 22/23
Der Streithelfer ist nicht befugt, einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit gegen den Widerspruch der Hauptpartei abzulehnen.*)
VolltextIMRRS 2023, 0268
OLG Rostock, Beschluss vom 15.11.2022 - 7 W 55/22
Eine eigene Zuständigkeit des Amtes im Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben seiner amtsangehörigen Gemeinden und damit seine Prozessführungsbefugnis und Parteifähigkeit in einem zivilprozessualen Verfahren ist begründet, wenn eine Gemeinde dem Amt eine solche Aufgabe durch einen entsprechenden Willensakt übertragen hat (Fortführung von OLG Rostock, Urteil vom 21.05.2010 - 5 U 145/09, IBRRS 2010, 5184).*)
VolltextIMRRS 2023, 0264
OLG Schleswig, Beschluss vom 30.01.2023 - 16 U 47/22
1. Ein Rechtsstreit, in dem die Klage in erster Instanz wegen (vermeintlich) fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen wurde, kann - wenn die internationale Zuständigkeit tatsächlich doch besteht -, in zweiter Instanz an das örtlich zuständige Landgericht verwiesen werden.*)
2. Eine Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 25 EuGVVO setzt die Feststellbarkeit eines insoweit übereinstimmenden Willens voraus, der sich nicht ohne weiteres schon daraus ergibt, dass eine nahezu wortgleiche Gerichtsstandsvereinbarung in wechselseitigen Vertragsentwürfen enthalten ist, über die keine Einigung erzielt wurde.*)
VolltextIMRRS 2023, 0279
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.02.2023 - 2-13 S 39/22
1. Der Klageantrag auf Einsichtgewährung in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) muss die begehrten Unterlagen hinreichend vollstreckungsfähig bezeichnen, da die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher gem. § 883 ZPO erfolgt.*)
2. Besteht Streit über die Existenz von Unterlagen, kommt der Wohnungseigentümergemeinschaft eine sekundäre Darlegungslast zu, wenn der Kläger hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Unterlagen vorträgt.*)
VolltextIMRRS 2023, 0280
BGH, Beschluss vom 19.01.2023 - V ZB 28/22
1. Die qualifizierte elektronische Signatur der als Anlage zur Berufungsschrift übersandten Abschrift des angefochtenen Urteils ersetzt nicht die qualifizierte elektronische Signatur der über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach übersandten Berufungsschrift.*)
2. Ist eine nicht auf dem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereichte Berufung nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, ist das Berufungsgericht - entsprechend den Grundsätzen über das Fehlen der Unterschrift - lediglich im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs verpflichtet, die Partei darauf hinzuweisen und ihr gegebenenfalls Gelegenheit zu geben, den Fehler vor Ablauf der Berufungsfrist zu beheben. § 130a Abs. 6 ZPO gilt für Signaturfehler nicht.*)
VolltextIMRRS 2023, 0265
BGH, Urteil vom 13.01.2023 - V ZR 43/22
1. Auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 01.12.2020 haben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage denselben Streitgegenstand; einzelne Beschlussmängel sind nur Teile des einheitlichen Streitgegenstands.*)
2. Eine auf einzelne Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe beschränkte Rechtsmittelzulassung kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die geltend gemachten Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander trennen lassen.*)
3. Werden in einer nach dem 30.11.2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung.*)
4. Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30.11.2020 eingeht und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, wahrt die Klagefrist gem. § 45 Satz 1 WEG nicht; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 45 Satz 2 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO kommt bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht in Betracht (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 06.11.2009 - V ZR 73/09, IMRRS 2009, 2188 = NJW 2010, 446).*)
IMRRS 2023, 0261
BGH, Urteil vom 17.01.2023 - VI ZR 203/22
Wird das Klagebegehren auf ein undifferenziertes Gemenge von Ansprüchen sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht ohne Angabe einer Prüfungsreihenfolge gestützt, liegt eine alternative Klagehäufung vor, die wegen des Verstoßes gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, unzulässig ist.*)
VolltextIMRRS 2023, 0259
BGH, Beschluss vom 18.01.2023 - VII ZR 881/21
1. Die Zulassung der Revision kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte.
2. Eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Revision kann sich unbeschadet uneingeschränkter Zulassung im Tenor aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben.
3. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen Teil der entschiedenen Ansprüche von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung ergeben, dass in der Angabe dieses Zulassungsgrunds die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Ansprüche zu sehen ist.
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