Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
496 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IMRRS 2023, 0098AG Singen, Urteil vom 29.04.2022 - 1 C 235/21
1. Dem Mitbewohner eines Mehrfamilienhauses ist erlaubt, im Rahmen des Sozialadäquaten in der von ihm bewohnten Wohnung auch solche Geräusche zu verursachen, die andere Hausmitbewohner wie die Beklagte als ruhestörend empfinden mögen, sei es beim Auf- und Abbau sowie Umstellen von Möbeln, beim Anbringen von Befestigungen (Bildernagel), beim Aufräumen und Putzen usw.*)
2. Mit dem Schließen von Fenstern und Türen ist regelmäßig eine punktuelle Geräuschentwicklung verbunden, die zum Alltagsleben dazugehört und hinzunehmen ist. Dies gilt erst recht, wenn dies deutlich nach Ende der Nachtruhe (6.00 Uhr) geschieht.*)
3. Auch kann unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit von dem Mitbewohner eines Mehrfamilienhauses nicht erwartet werden, nach Ende der Nachtruhe sich ganz zaghaft tastend und behutsam schleichend zu verhalten sowie zwanghaft darauf achtzuhaben, nur ja keinen Laut von sich zu geben und mucksmäuschenstill zu sein.*)
VolltextIMRRS 2023, 0009
LG Saarbrücken, Urteil vom 11.11.2022 - 13 S 51/21
Zur Frage der Duldungspflicht eines Überbaus bei einem vermeintlich grenzständig errichteten Anbau an ein Nachbargebäude.*)
VolltextIMRRS 2023, 0001
AG Hamburg-Altona, Urteil vom 22.07.2022 - 317 C 18/22
1. Der Nachbar hat grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass überhängende Zweige von Bäumen den Grundstückseigentümer nicht beeinträchtigen.
2. Beruft sich der Nachbar darauf, dass der Beseitigung öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall seiner Störereigenschaft, da naturschutzrechtliche Verbote betreffend den Rückschnitt eines Baums nicht grundsätzlich zum Ausschluss der Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers führen. Erst wenn eine Befreiungsmöglichkeit von derartigen Verboten nicht besteht, entfällt auch die Störereigenschaft.
3. Die Ausnahmegenehmigung nach § 4 HmbBaumSchVO setzt eine Fallgestaltung voraus, in der nicht lediglich typische, von jedem Baum ausgehende Beeinträchtigungen und Nachteile, die den üblichen Umfang nicht überschreiten, in Rede stehen.
4. Auch überirdisches Wurzelwachstum stellt eine typische Begleiterscheinung eines Baums dar, die im Regelfall hinzunehmen ist.
VolltextIMRRS 2023, 0008
OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.11.2022 - 12 U 286/21
1. Für den nach Erhöhung eines Nachbargrundstücks bestehenden, auf Errichtung und Unterhaltung einer Vorkehrung zum Schutz vor Absturz gerichtete Anspruch aus § 9 Abs. 1, § 10 NRG-BW gilt nicht die Verjährungsfrist des § 26 NRG-BW. Es gilt stattdessen die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB.*)
2. Sofern der Schwerpunkt der Störung darin liegt, dass der Nachbar es seit der Aufschüttung seines Grundstücks dauernd unterlässt, auf seinem Grundstück Vorkehrungen zu treffen und zu unterhalten, dass eine Schädigung des Nachbargrundstücks durch Absturz des Bodens ausgeschlossen ist, kommt eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs nicht in Betracht.*)
VolltextOnline seit 2022
IMRRS 2022, 1464OLG Rostock, Urteil vom 28.10.2022 - 3 U 13/21
1. Befindet sich eine Reihenhausanlage im Inneren einer privaten Ringstraße, hat der Eigentümer eines Reihenhauses Anspruch auf ein Notwegerecht an dem Schenkel der Ringstraße, über welches er auf kürzesten Weg seinen Hauseingang erreichen kann.*)
2. Der Eigentümer eines solchen Reihenhauses muss sich nicht darauf verweisen lassen, den anderen Schenkel der Ringstraße bis zu seinem Grundstück zu nutzen und sodann sein Haus durch den Garten, über die Terrasse und durch das Wohnzimmer zu betreten.*)
VolltextIMRRS 2022, 1463
OLG Schleswig, Urteil vom 22.09.2022 - 5 U 210/21
1. Ein auf die Betriebseinstellung einer Windkraftanlage gerichteter grundstücksbezogener privatrechtlicher Abwehranspruch eines Klägers ist gem. § 14 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG bei Vorliegen einer bestandskräftigen Genehmigung der Anlage ausgeschlossen.*)
2. Der Ausschluss gem. § 14 Satz 1 Halbsatz 1 BImSchG gilt auch für einen Abwehranspruch gemäß §§ 1004, 906, 823 BGB aufgrund behaupteter Gesundheitsbeeinträchtigung durch den Betrieb der Anlagen. Auch beim Anspruch gem. §§ 1004, 906, 823 BGB handelt es sich um einen privatrechtlichen, nicht auf einem besonderen Titel beruhenden Anspruch zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück.*)
VolltextIMRRS 2022, 1409
LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 09.06.2022 - 16 S 231/21
Das Interesse des Berechtigten einer Dienstbarkeit an einer völlig ungehinderten Zufahrts- oder Zugangsmöglichkeit hat regelmäßig zurückzustehen gegenüber dem berechtigten Interesse des Belasteten, sein Grundstück gegenüber unberechtigten Eindringlingen in üblicher Weise zu schützen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.1990 - 6 U 178/89).
VolltextIMRRS 2022, 1331
OLG Braunschweig, Urteil vom 14.07.2022 - 8 U 166/21
1. Ein Grundstückseigentümer kann nur dann gegen störende Lichtreflexionen einer Solaranlage auf dem Dach des Nachbarn vorgehen, wenn er dadurch "wesentlich" beeinträchtigt ist.
2. Dabei ist auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" abzustellen.
3. Sind die Reflexionen an nur 60 Tagen und für weniger als 20 Stunden pro Jahr wahrnerhmbar, liegt jedenfalls keine wesentliche Beeinträchtigung vor.
VolltextIMRRS 2022, 1296
LG Freiburg, Urteil vom 05.05.2020 - 9 S 46/19
1. Der Eigentümer einer Eigentumswohnung ist zur Duldung der von einer Mastleuchte auf dem Parkplatz vor dem Balkon der Wohnung ausgehenden Lichteinwirkung gem. § 1004 Abs. 2 BGB nur verpflichtet, wenn es sich lediglich um unwesentliche Beeinträchtigungen i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB handelt.*)
2. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit sind die Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz als Orientierungshilfe geeignet.*)
VolltextIMRRS 2022, 1288
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2022 - 17 W 17/22
1. Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Grundstückseigentümers, einen untergeordneten Zuweg zu der Terrasse seines Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer auszugestalten.*)
2. Kann der Nutzer dieses Zuwegs bei zweckgerichteter Benutzung unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt etwaige Sturzgefahren abwenden, bestehen für den Grundstückseigentümer keine weitergehenden Pflichten.*)
VolltextIMRRS 2022, 1293
VGH Bayern, Beschluss vom 02.09.2021 - 4 ZB 21.1199
1. Das zweifelsfreie Bestehen eines Notleitungsrechts entsprechend § 917 Abs. 1 BGB berechtigt den Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks nicht zur eigenmächtigen Benutzung des fremden Grundstücks im Wege der Selbsthilfe. Er kann seinen Anspruch nur in einer Vereinbarung mit dem Nachbarn regeln oder klageweise durchsetzen.*)
2. Bei der Ausübung eines Notleitungsrechts ist stets derjenige Verlauf zu wählen, der für den Duldungspflichtigen die geringstmögliche Belastung darstellt. Die Inanspruchnahme von Gebäuden zum Zweck der Verlegung von Versorgungsleitungen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine Verbindung zum öffentlichen Leitungsnetz anders nicht hergestellt werden kann.*)
3. Die kommunalrechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 2 Satz 3 BayGO zielt nicht auf das nachbarrechtliche Verhältnis zwischen Vorder- und Hinterliegergrundstück, sondern soll es dem öffentlichen Versorgungsträger ermöglichen, sein Leitungsnetz unter bestimmten (engen) Voraussetzungen auch über Privatgrundstücke hinweg auszubauen.*)
VolltextIMRRS 2022, 1150
LG Baden-Baden, Urteil vom 11.04.2022 - 4 O 19/21
1. Auch der Besitzer einer Sache, die wegen ihrer Lage oder ihrer Beschaffenheit störend ausstrahlt, ist grundsätzlich Zustandsstörer.
2. Eine Beseitigungspflicht des (Mit-)Besitzers besteht allerdings nicht, wenn ein Eingriff in die Sachsubstanz des störenden Eigentümers erforderlich ist, hier muss der Besitzer die Störungsbeseitigung nur dulden.
VolltextIMRRS 2022, 1241
OLG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2022 - 4 U 74/22
Das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Baukrans - mit oder ohne Lasten - muss der Bauherr dem Nachbarn zwei Wochen vor der Benutzung anzeigen, sonst kann er sich nicht auf das sog. Hammerschlags- und Leiterrecht berufen.
VolltextIMRRS 2022, 1230
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.03.2022 - 13 U 2076/17
1. Das Verlangen eines Nachbarn, ein unter Verletzung von Abstandsflächen errichtetes Gebäude zu beseitigen, wird nicht schon dadurch treuwidrig, dass es beim Anspruchsgegner zur Vernichtung erheblicher Vermögenswerte führt. Wer trotz erhobener (berechtigter) Einwände des Nachbarn seine Bautätigkeit fortsetzt, kann nicht erwarten, nach Fertigstellung den nun mit der Baubeseitigung verbundenen Aufwand der Rechtsdurchsetzung des Nachbarn entgegenhalten zu können. Andernfalls würde man ermöglichen, durch das bewusste Schaffen „vollendeter Tatsachen“ die Durchsetzbarkeit fremder Rechte zu verhindern. Gleiches gilt für die Auslegung der Einrede nach § 275 Abs. 2 BGB (Einwand des groben Missverhältnisses zwischen dem für die Leistung erforderlichen Aufwand des Schuldners und dem Leistungsinteresse des Gläubigers).*)
2. Ein Aufenthaltsraum i.S.v. Art. 2 Abs. 5 BayBO ist gegeben, wenn er nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet ist. Entscheidend ist die objektive Eignung des Raums, nicht die tatsächliche Zweckbestimmung (hier: objektiv zum Aufenthalt geeigneter Raum wird tatsächlich nur für die Lagerung von Gartengeräten und die Überwinterung von Pflanzen genutzt). Ausreichend für die Eignung für einen mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt ist, wenn der Raum objektiv für einen nicht nur ganz kurzen Aufenthalt, sei es auch nur tagsüber oder in der warmen Jahreszeit, geeignet ist. Ein in einem Garten aufgestelltes Gebäude mit 18 m² Innenfläche, errichtet auf einer betonierten Bodenplatte mit Gründung auf Streifenfundamenten, ausgestattet mit hochwertigen Isolierglasfenstern (4 m² Fensterfläche) in zwei Himmelsrichtungen, Stromanschluss und Elektroinstallation sowie Dämmung des Bodens, der Wände und der Decke ist damit ein Aufenthaltsraum i.S.v. Art. 2 Abs. 5 BayBO.*)
3. Wird gemäß der Bewilligungsurkunde für eine Grunddienstbarkeit ein Leitungsrecht für einen zu diesem Zeitpunkt bereits verlegten Abwasserkanal eingeräumt, so besteht das Recht für den Kanal räumlich so, wie dieser tatsächlich liegt, und nicht nur für eine Positionierung, die – geringfügig von der tatsächlichen Lage abweichend – einer Einzeichnung (von Hand ohne Maßangaben vorgenommen, mit unregelmäßiger Breite) in einem im beigefügten Lageplan entspricht.*)
VolltextIMRRS 2022, 1170
AG Ahrensburg, Urteil vom 15.06.2022 - 49b C 505/21
Zustandsstörer ist der Eigentümer/Besitzer/Verfügungsbefugte einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, die er adäquat mittelbar verursacht hat, und von dessen Willen die Beseitigung der Beeinträchtigung oder ihre künftige Unterlassung abhängt; die Verantwortlichkeit kann auch ein Tier i.S.v § 90a BGB betreffen (so z. B. OLG Hamm, Urteil vom 29.05.2017 - 5 U 156/15, Rz. 69; BeckOK BGB/Fritzsche, 62. Ed., 01.05.2022, BGB § 1004. Rz. 19).
VolltextIMRRS 2022, 1093
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2022 - 3 S 138/22
1. Ist ein Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig, darf das dem Gesetzmäßigkeitsprinzip verpflichtete Gericht dessen sofortige Vollziehung unabhängig von den Erfolgsaussichten eines hiergegen gerichteten Nachbarrechtsbehelfs nicht auf Antrag des Begünstigten gem. § 80a Abs. 3 Satz 1 2. Alternative VwGO anordnen (hier: wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 5 WHG).*)
2. § 78 Abs. 4 und 5 WHG haben drittschützende Wirkung nach Maßgabe des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots.*)
3. Ist ein im Innenbereich vorhandener Altbestand in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang mit einem Neubauvorhaben beseitigt worden, darf das Volumen, das der Altbestand im Hochwasserfall verdrängt hätte, bei der nach § 78 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 WHG gebotenen Bilanzierung grundsätzlich berücksichtigt werden.*)
4. Stehen hochwasserrechtliche Bedenken einem Bauvorhaben im konkreten Fall nicht entgegen, erfordern mithin weder das Wohl der Allgemeinheit noch schützenswerte Belange der Nachbarschaft die einstweilige Aufrechterhaltung des Bauverbots nach § 78 Abs. 4 WHG, kommt der grundrechtlich garantierten Baufreiheit im Rahmen der nach § 80a Abs. 3 Satz 1 2. Alternative VwGO gebotenen Abwägung ein höheres Gewicht als dem privaten Aufschubinteresse zu.*)
VolltextIMRRS 2022, 1084
OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.2022 - 12 U 364/21
1. Wer ein Grundstück vertieft, hat für eine genügende anderweitige Befestigung zu sorgen. Die Befestigung muss so geartet sein, dass das Nachbargrundstück auch eine Belastung mit solchen weiteren Anlagen verträgt, mit deren Errichtung nach den gesamten Umständen, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, vernünftigerweise zu rechnen ist.*)
2. Soweit eine Aufschüttung des höher gelegenen Grundstücks sich innerhalb dieses Rahmens hält, hat für die Absicherung des tiefer gelegenen Grundstücks nur dessen Eigentümer zu sorgen. Soweit weiterer Geländedruck durch eine darüber hinausgehende Aufschüttung des höher liegenden Grundstücks verursacht wurde, hat der Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks einen Anspruch auf Beseitigung der Störung.*)
VolltextIMRRS 2022, 0984
BGH, Urteil vom 20.05.2022 - V ZR 199/21
1. Die in § 919 Abs. 1 BGB geregelte Mitwirkungspflicht des Nachbarn bei der Abmarkung setzt voraus, dass der Grenzverlauf festgestellt ist.*)
2. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis kann sich ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Duldung einer für die Grenzfeststellung erforderlichen Vermessung in der Wohnung des Nachbarn ergeben; der Umstand, dass Wohnungen für die amtliche Vermessung nach den Bestimmungen des einschlägigen Landesvermessungsgesetzes nur mit Einwilligung des Wohnungsinhabers betreten werden dürfen, schließt dies nicht aus.*)
VolltextIMRRS 2022, 0943
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15.07.2022 - 1 MN 132/21
1. In innerörtlichen Lagen besteht grundsätzlich nicht die berechtigte Erwartung, die Nachbargrundstücke würden in einer Weise bebaut, die Einsichtsmöglichkeiten möglichst gering hält; im Gegenteil sind Einsichtsmöglichkeiten bei heute gängigen Grundstücksgrößen üblich und als sozial adäquat hinzunehmen.*)
2. Abwägungsfehlerhaft aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist eine Planung erst dann, wenn die Nutzung einzelner Grundstücke empfindlich beschnitten wird, ohne dass es dafür einen sachlich einleuchtenden Grund gibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01, IBRRS 2003, 1958; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 19.04.2000 - 4 BN 16.00).*)
VolltextIMRRS 2022, 0927
BGH, Urteil vom 01.07.2022 - V ZR 23/21
1. Der gegen den Nachbarn gerichtete Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbG-BE auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt. Einschränkungen des Duldungsanspruchs, wie sie die Nachbarrechtsgesetze anderer Bundesländer enthalten, können der Regelung nicht unter Rückgriff auf "allgemeine Rechtsgrundsätze" oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung entnommen werden.*)
2. Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbG-BE.*)
VolltextIMRRS 2022, 0881
BGH, Urteil vom 06.05.2022 - V ZR 50/21
Ein Notwegrecht kann sich weder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis noch aus dem Schikaneverbot des § 226 BGB, sondern nur unter den Voraussetzungen von § 917 Abs. 1 BGB ergeben; danach richtet sich auch, ob der Nachbar Hindernisse beseitigen muss, die er auf seinem Grundstück errichtet hat, um die Nutzung des Wegs zu unterbinden.*)
VolltextIMRRS 2022, 0866
OLG Celle, Urteil vom 02.02.2022 - 16 U 36/18
Auch teilweise unentgeltliche Leistungen sind anfechtbar. Allerdings gilt dies nur, soweit die Beteiligten den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten haben. Dabei entscheidet zwar grundsätzlich die objektive Sach- und Rechtslage darüber, ob eine Gegenleistung vereinbart wurde und ob sie die Leistung des Schuldners wertmäßig ausgleicht. Allerdings sind auch die Vorstellungen der Beteiligten bei der Beurteilung mit zu berücksichtigen, ob eine Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht, denen hinsichtlich dieser Einschätzung ein angemessener Bewertungsspielraum zusteht.
VolltextIMRRS 2022, 0760
OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 97/21
1. Ein durch Abgrabungen des Nachbarn zur Errichtung einer Grenzwand geschädigter Grundstückseigentümer, der als Schadensersatz zunächst die Wiederherstellung in Natur begehrt hatte, kann sein Interesse an der Wiederherstellung in Form von Geldersatz nur nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geltend machen.*)
2. Sein diesbezügliches Anliegen erweist sich aber als treuwidrig, solange er daneben zugleich, auch im Rahmen eines anderen Klageverfahrens, weiterhin auf Beseitigung der Mauer anträgt.*)
VolltextIMRRS 2022, 0681
AG Nürnberg, Urteil vom 03.12.2021 - 23 C 3805/21
1. Das Verbringen von Laub in den Randbereich eines fremden Grundstücks (Zwischenraum zwischen Sichtschutz und Maschendrahtzaun) stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung dar.
2. Eine Besorgnis weiterer Störungen und damit eine Wiederholungsgefahr besteht nicht, wenn ein Nachbar zunächst ein angrenzendes Grundstück mit Laub verschmutzt, dieses dann aber selbständig wieder entfernt.
VolltextIMRRS 2022, 0687
BGH, Urteil vom 28.01.2022 - V ZR 99/21
1. Ein quasinegatorischer Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch, der auf die Verletzung einer nachbarschützenden Norm des öffentlichen Rechts als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB gestützt wird, ist ausgeschlossen, wenn und soweit die Grundstücksnutzung öffentlich-rechtlich bestandskräftig genehmigt wurde, die Genehmigung nach wie vor wirksam ist und die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der nachbarschützenden Norm, auf die sich der Kläger stützt, Teil des vorgeschriebenen Prüfprogramms im (vereinfachten) Genehmigungsverfahren war (Bestätigung von Senat, Urteil vom 21.01.2022 - V ZR 76/20, IBRRS 2022, 1335).*)
2. Die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung hat keinen Einfluss auf das Bestehen von Ansprüchen aus § 1004 Abs. 1 i.V.m. § 906 BGB (Bestätigung von Senat, IBR 1993, 314).*)
3. Es ist grundsätzlich zulässig, einen Hauptantrag durch Teilurteil abzuweisen und die Entscheidung über den Hilfsantrag zurückzustellen. Weiter erforderlich ist aber, dass auch im Übrigen die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen ein Teilurteil ergehen kann; insbesondere muss die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen sein (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13, Rz. 14, IBRRS 2014, 1135 = VPRRS 2014, 0283, WM 2014, 1409; teilweise Aufgabe von Senat, Urteil vom 12.05.1995 - V ZR 34/94, IBRRS 1995, 0678 = NJW 1995, 2361).*)
VolltextIMRRS 2022, 0643
AG Seligenstadt, Urteil vom 20.04.2022 - 1 C 622/20
1. Verlangt der Kläger, der Nachbar möge Kameras entfernen, bedarf es nach dem Hessischen Schlichtungsgesetz keines Schlichtungsverfahrens.
2. Bei der Installation der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden.
3. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter liegt nicht nur dann vor, wenn diese durch die Überwachung tatsächlich betroffen sind, sondern bereits dann, wenn Dritte eine Überwachung durch Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen (sog. Überwachungsdruck).
4. Dieser Überwachungsdruck muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls ermittelt werden und sowohl objektiv nachvollziehbar als auch verständlich erscheinen. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheinen. Dies ist etwa bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit oder weiteren objektiv Verdacht erregenden Umständen der Fall.
5. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. Deshalb ist die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden.
VolltextIMRRS 2022, 0538
OLG München, Urteil vom 02.03.2022 - 7 U 7015/20
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIMRRS 2022, 0525
OLG Schleswig, Urteil vom 01.04.2022 - 1 U 71/21
1. Der Eigentümer eines Grundstücks, das an keiner Stelle eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg hat, kann von einem Nachbarn die Einräumung eines Notwegerechts verlangen, das auch ein Fahrrecht mit Kraftfahrzeugen umfasst. In diesem Fall dürfen auch Kraftfahrzeuge auf dem gefangenen Grundstück abgestellt werden.*)
2. Bei der Entscheidung, von welchem Nachbarn der Eigentümer des gefangenen Grundstücks die Einräumung eines Notwegerechts verlangen kann, kommt es nicht in erster Linie auf die Entfernung zu einem öffentlichen Weg an.*)
VolltextIMRRS 2022, 1702
BGH, Urteil vom 21.01.2022 - V ZR 76/20
1. Die mit einer bestandskräftigen Baugenehmigung verbundene umfassende Feststellung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit dem einschlägigen öffentlichen Recht (Legalisierungswirkung) schließt einen auf die Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts gestützten Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB aus.*)
2. Die Verletzung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Wahrung der im Bebauungsplan festgesetzten Gebietsart (Gebietserhaltungsanspruch) kann einen (quasinegatorischen) verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i. V.m. § 823 Abs. 2 BGB begründen. Dieser Anspruch ist streng akzessorisch zum öffentlichen Recht; er kommt daher nicht in Betracht, wenn und soweit die Grundstücksnutzung von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckt ist.*)
VolltextIMRRS 2022, 0417
OLG Schleswig, Urteil vom 22.03.2022 - 7 U 75/21
1. Die Verjährung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs aus einer Grunddienstbarkeit (hier Bebauungsverbot) führt hier dazu, dass die Dienstbarkeit nach § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB insgesamt erlischt.*)
2. Für den Umfang des Erlöschens eines eingetragenen Bauverbots nach § 1028 BGB ist nicht auf die vorhandene Bebauung abzustellen, sondern auf Art und Umfang der eingetragenen Grunddienstbarkeit.*)
3. Bei einem zugunsten des herrschenden Grundstücks eingetragenen Bebauungsverbot für das Nachbargrundstück kann aus § 1028 Abs. 1 Satz 2, Hs.2 BGB (..."soweit" die Bestandsanlage mit der Dienstbarkeit im Widerspruch steht) nicht gefolgert werden, das Erlöschen sei lediglich auf die Dimensionen des Bestandsbaus beschränkt. Bei einem eingetragenen Bauverbot gibt es nämlich (im Unterschied z.B. zu einem Wasserbezugsrecht oder Wegerecht) keinen abgrenzbaren Teil der eingetragenen Grunddienstbarkeit, der im Hinblick auf die Bebauung bei einer solchen Grunddienstbarkeit nicht zur Geltung kommen könnte.*)
4. Wenn die Grundakte fehlt und für Auslegungszwecke nicht (mehr) zur Verfügung steht, kann der Zweck einer im Jahr 1889 eingetragenen Grunddienstbarkeit (hier Bebauungsverbot) nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden. Dies geht zu Lasten desjenigen, der sich auf einen bestimmten Zweck beruft (hier "Sicherung des freien Blicks nach Osten").*)
5. Das Beschwerderecht zur Wiederherstellung von zerstörten oder abhanden gekommenen Urkunden kann gegenüber dem Grundbuchamt nach § 14 Satz 2 GBWiederhV nur mit dem Ziel geltend gemacht werden, einen Widerspruch gegen den Inhalt des Grundbuchs einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.*)
VolltextIMRRS 2022, 0328
BGH, Urteil vom 10.12.2021 - V ZR 121/20
Befindet sich auf einem Grundstück ein Abwasserkanal und nimmt das Nachbargrundstück durch aus dem Kanal austretendes Wasser Schaden, scheidet eine Haftung des Grundstückseigentümers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 33 NbG-SA aus, wenn der Kanal zu einer öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage gehört.*)
VolltextIMRRS 2020, 1438
OLG Hamburg, Urteil vom 20.11.2020 - 6 U 106/14
Wenn auch eine Baulast nicht die Rechtswirkung einer Grunddienstbarkeit hat, so kann aus ihr im Einzelfall ein Zufahrts- und Leitungsrecht begründet werden.
VolltextIMRRS 2022, 0241
LG Darmstadt, Urteil vom 11.08.2021 - 7 O 7/16
1. Selbst eine mögliche (Mit-)Verursachung von schweren Setzungsrissen begründet keine Ansprüche auf Unterlassung einer zulässigen Bepflanzung.
2. Für die Einstufung von Bäumen nach § 38 NachbG-HE kommt es nicht auf die Wuchsgeschwindigkeit, sondern die Endhöhe an.
3. Ein unwesentlicher Wasserentzug durch vereinzelt von einem Nachbargrundstück herüberwachsende Pflanzenwurzeln ist zu dulden.
4. Bei Störungen aufgrund von Einwirkungen von Naturereignissen kommt es für eine Störerhaftung des Nachbarn darauf an, ob die Störung auf einem pflichtwidrigen Unterlassen beruht.
IMRRS 2022, 0153
AG Brandenburg, Urteil vom 17.12.2021 - 31 C 220/21
Zu den Schutzgesetzen i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, deren Verletzung ein Grundstückseigentümer gem. § 1004 Abs. 1 BGB abwehren kann, gehören auch die Vorschriften des Bauordnungsrechts über den Grenzabstand, weil sie auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines Grundstücks, an einem freien Ausblick und an der Vermeidung von Lärmimmissionen dienen.*)
VolltextIMRRS 2022, 0119
BGH, Urteil vom 12.11.2021 - V ZR 25/21
1. Eine Nachbarwand kann von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt werden; deshalb darf ein freiliegender Teil in Richtung auf das eigene Grundstück beispielsweise gestrichen, bepflanzt oder zur Verlegung von Leitungen genutzt werden, soweit die Mitbenutzung durch den anderen Nachbarn nicht beeinträchtigt wird.*)
2. Werden Reihen- oder Doppelhäuser durch einen zweischaligen Wandaufbau, also durch zwei separate Wände geschieden, handelt es sich nicht um eine Nachbarwand, sondern um zwei Grenzwände. Dies gilt auch, wenn die Grundstücksgrenze eine oder beide Wände schneidet und insoweit ein Überbau vorliegt. Für die sachenrechtliche Beurteilung ist zudem unerheblich, ob die Wände in einer solchen Stärke und Ausführung errichtet worden sind, dass sie jeweils für sich genommen den bauordnungsrechtlichen Vorschriften oder anerkannten Regeln der Technik für eine freistehende Gebäudeaußenwand genügen.*)
VolltextIMRRS 2022, 0011
OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2021 - 24 U 74/16
1. Chemische Pflanzenschutzmittel, die auf einem Grundstück versprüht werden und dann durch den Wind oder ähnliche Ursachen auf das Nachbargrundstück gelangen, sind jedenfalls dann Einwirkungen i.S.d. § 906 BGB, wenn es sich um eine Konzentration handelt, die die Nutzung eines Nachbargrundstücks für einen an nachvollziehbaren Kriterien ausgerichteten ökologischen Landbau beeinträchtigt.*)
2. Die Annahme eines Anscheinsbeweises, dass ein auf einem Grundstück ausgebrachtes Herbizid auf ein Nachbargrundstück einwirkt, kann in Betracht kommen, wenn beim Ausbringen des Herbizids gegen die gute fachliche Praxis verstoßen worden ist und nicht ebenso ein Dritter als Verursacher in Betracht kommt.*)
VolltextOnline seit 2021
IMRRS 2021, 1429OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2021 - 6 U 117/20
Ein mit Terrasse, Lichtkuppeln und Glasfalttüren ausgestattetes Gebäude stellt bereits seiner baulichen Gestaltung nach keine Garage dar, sondern dient dem Aufenthalt von Menschen. Hierdurch entfällt seine bauordnungsrechtliche Privilegierung als Grenzgarage.*)
VolltextIMRRS 2021, 1392
BGH, Urteil vom 12.11.2021 - V ZR 115/20
1. Ob eine landesgesetzliche Vorschrift das Eigentum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn i.S.v. Art. 124 EGBGB "anderen" als den im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Beschränkungen unterwirft, so dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes besteht, lässt sich nur auf der Grundlage einer vergleichenden Gesamtwürdigung der bundes- und landesrechtlichen Regelungen bestimmen.*)
2. Das Landesrecht darf Beschränkungen enthalten, die dieselbe Rechtsfolge wie eine vergleichbare nachbarrechtliche Regelung des Bundes anordnen, aber an einen anderen Tatbestand anknüpfen und einem anderen Regelungszweck dienen; allerdings muss dabei die Grundkonzeption des Bundesgesetzes gewahrt bleiben.*)
3. Regelungen, die den Grundstückseigentümer zur Duldung einer nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung des Nachbargebäudes verpflichten, sind aufgrund des Vorbehalts in Art. 124 EGBGB von der Gesetzgebungskompetenz der Länder umfasst (hier: § 23a Abs. 1 NachbG-NW).*)
VolltextIMRRS 2021, 1329
OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.11.2021 - 10 U 6/20
1. Schikanöses oder sogar kriminelles Verhalten eines Nachbarn begründet keinen Sachmangel eines Grundstücks. Auch eine vorvertragliche Aufklärungspflicht für den Verkäufer eines Grundstücks besteht nur, wenn Beeinträchtigungen erheblichen Ausmaßes zu erwarten sind.*)
2. § 238 StGB und § 241 StGB sind Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.*)
3. Wer seine Nachbarn durch Nachstellungen und Bedrohungen in adäquat kausaler Weise zum Wegzug veranlasst, ist zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet, die den Nachbarn durch Maßnahmen zur Wiederherstellung ihres persönlichen Sicherheitsgefühls entstehen (hier: Umzugskosten sowie Notarkosten und Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines neuen Wohnhauses). Demgegenüber sind bloße Vermögensfolgeschäden (hier: Wertverlust am verlassenen Eigenheim, Nebenkosten dessen Veräußerung) nicht vom Schutzzweck der verletzten Strafnormen erfasst.*)
VolltextIMRRS 2021, 1231
AG Hamburg, Urteil vom 18.11.2020 - 40a C 146/19
1. Der vom Störer geschaffene Zustand bleibt auch nach der Verjährung des Beseitigungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB rechtswidrig und darf vom betroffenen Eigentümer auf eigene Kosten beseitigt werden. Einen damit verbundenen Eingriff in seine Sachen muss der Störer dulden.
2. Der hier geltend gemachte Duldungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB stellt kein geborenes Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern ein aus dem Eigentum folgendes Individualrecht der einzelnen Wohnungseigentümers dar. Gleichwohl kann die Gemeinschaft per Beschluss den Anspruch vergemeinschaften.
VolltextIMRRS 2021, 1046
LG Köln, Urteil vom 03.12.2020 - 24 O 307/19
Sind nach einem Vergleich zu bestimmten Zeiten nur Lärmimmissionen in Zimmerlautstärke zulässig, so dürfen von dem störenden Grundstück nur Geräusche ausgehen, die bei geschlossenen Fenstern nicht in den angrenzenden Wohnungen der Nachbarn zu hören sind.
VolltextIMRRS 2021, 1034
LG Aachen, Beschluss vom 05.08.2021 - 3 S 2/21
1. Bei einem zu Gunsten von Bewohnern eines Nachbargrundstücks schuldrechtlich begründeten Wegerecht ist davon auszugehen, dass dieses nicht gekündigt und ohne Zustimmung der Nachbarn nicht aufgehoben werden darf.*)
2. Die schuldrechtliche Begründung eines Wegerechts steht dem Eintragungsgrundsatz nicht entgegen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0562
OLG Köln, Urteil vom 21.04.2021 - 16 U 124/20
1. Mittelbarer Handlungsstörer ist nach wertender Betrachtung auch derjenige, der die Beeinträchtigung eines Dritten (hier: Nachbarn) durch einen anderen in adäquater Weise durch seine Willensbetätigung verursacht, er also zurechenbar den störenden Zustand herbeigeführt hat. Wesentliche Zurechnungskriterien sind dabei u. a. die Veranlassung, die Gefahrenbeherrschung oder die Vorteilsziehung (BGH, IMR 2015, 158).
2. Danach haftet die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Besitzübergabe und teilweiser Eigentumsumschreibung an die Erwerber - auch ohne Beschlussfassung - gegenüber dem Nachbarn verschuldensunabhängig für einen vom Bauträger bei Nachbesserungsarbeiten verursachten Schaden. Die Kenntnis des Verwalters von den Maßnahmen ist nicht erforderlich.
VolltextIMRRS 2021, 0801
AG Mainz, Urteil vom 26.02.2021 - 86 C 286/18
Zu den Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs wegen unerlaubter Anfertigung von Lichtbildern.
VolltextIMRRS 2021, 0819
BGH, Urteil vom 16.04.2021 - V ZR 85/20
1. Ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht, wenn der Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks eine Zufahrt zu diesem in zumutbarer Weise über ein anderes, in seinem Eigentum stehendes Grundstück errichten kann; in diesem Fall kann das Notwegerecht allenfalls befristet und längstens bis zur Herstellung der anderweitigen Verbindung mit dem öffentlichen Weg zugesprochen werden.*)
2. Erfordert die Errichtung einer Zufahrt zu dem verbindungslosen Grundstück eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans und kommt in Betracht, dass der Eigentümer einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf deren Erteilung hat, ist es ihm grundsätzlich zuzumuten, diesen gerichtlich durchzusetzen; ob eine solche Klage vor den Verwaltungsgerichten hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, muss das Zivilgericht bei der Entscheidung über das Bestehen des Notwegerechts in eigener Zuständigkeit prüfen.*)
3. Ein durch eine Grunddienstbarkeit gesichertes Wegerecht gewährt dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks einen Vorteil i.S.v. § 1019 BGB nur für dieses, nicht aber für weitere, in seinem Eigentum stehende oder von ihm genutzte Grundstücke; eine Benutzung des dienenden Grundstücks auch für Zwecke anderer Grundstücke als des herrschenden ist grundsätzlich widerrechtlich (Bestätigung von Senat, Urteil vom 05.10.1965 - V ZR 73/63, BGHZ 44, 171; Urteil vom 06.06.2003 - V ZR 318/02, IBRRS 2003, 1962 = WM 2004, 190).*)
VolltextIMRRS 2021, 0760
BGH, Urteil vom 12.03.2021 - V ZR 31/20
1. Die Vorschrift des § 7b Abs. 1 NRG-BW setzt das Bestehen einer Grenzwand voraus; die Rechtsverhältnisse an einer Nachbar- bzw. halbscheidigen Giebelwand richten sich mangels landesrechtlicher Regelung in Baden-Württemberg ausschließlich nach Bundesrecht.*)
2. Die Zustimmung zur Errichtung einer Nachbarwand und damit zur Grenzüberschreitung bezieht sich im Zweifel nicht nur auf die Wand selbst, sondern auch auf Bauteile, die deren Abschluss dienen (hier: Dachüberstand) und die Benutzung des überbauten Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen, solange von diesem aus nicht an die Wand angebaut worden ist. Von der Zustimmung umfasst ist die spätere Erneuerung solcher Bauteile unter Berücksichtigung der aktuellen bautechnischen Anforderungen und Anschauungen.*)
3. Soll an die Nachbarwand angebaut werden, muss der Eigentümer des Grundstücks, von dem aus bereits angebaut ist, die überstehenden Bauteile auf seine Kosten entfernen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0268
LG Berlin, Urteil vom 28.01.2021 - 65 S 52/18
1. Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des BGH keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB ein.
2. § 16a NachbG Bln ist verfassungskonform, da § 912 BGB die Duldungspflichten des Nachbarn bei einem Überbau nicht abschließend regelt.
3. Grenzwände sind keine Grenzanlagen i.S.d. § 921 BGB; die Regelungen der §§ 921 f. BGB sind daher nicht anwendbar.
4. Der Nachbar muss das nachträgliche Anbringen einer Dämmung als Überbau dulden, wenn das Anbringen einer Innendämmung keine adäquate Alternative darstellt.
VolltextIMRRS 2021, 0759
BGH, Urteil vom 11.06.2021 - V ZR 234/19
Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB ist - vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Beschränkungen eines Rückschnitts - nicht deshalb ausgeschlossen, weil durch die Beseitigung des Überhangs das Absterben des Baums oder der Verlust seiner Standfestigkeit droht.*)
VolltextIMRRS 2021, 0719
OLG Köln, Urteil vom 20.05.2021 - 18 U 17/20
1. Das Recht zur Benutzung des Nachbargrundstücks nach § 24 NachbG-NW ist nicht beschränkt auf Handlungen rein im oberirdischen Raum.*)
2. Zur Frage unverhältnismäßiger substantieller Beeinträchtigung durch die Beseitigung von Anpflanzungen.*)
VolltextIMRRS 2021, 0702
BGH, Urteil vom 16.04.2021 - V ZR 17/20
Das lediglich allgemeine, von einem konkreten Sicherungsbedürfnis losgelöste Interesse des Eigentümers, sein mit einem Wegerecht belastetes Grundstück einzufrieden, kann für sich genommen einen Anspruch gegen den dienstbarkeitsberechtigten Nachbarn, ein auf dem Weg an der gemeinsamen Grundstücksgrenze angebrachtes Tor nach jeder Durchfahrt zu schließen, nicht begründen; vielmehr sind das Einfriedungsinteresse des Eigentümers und das Interesse des Berechtigten an der ungehinderten Ausübung seines Wegerechts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen.*)
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