Immobilien- und Mietrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
3450 Entscheidungen insgesamt
Online seit 21. November
IMRRS 2024, 1448OLG München, Urteil vom 11.11.2024 - 19 U 200/24
1. Textnachrichten oder Attachments in Gestalt von Textverarbeitungs- oder PDF-Dateien oder ausreichend guter Fotos per WhatsApp wahren bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Schriftform die Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies gilt nicht bei WhatsApp-Sprachnachrichten oder Video- oder Audio-Attachments.*)
2. Eine Willenserklärung kann auch mittels Zeichen kundgetan werden, d.h. auch durch digitale Piktogramme - wie Emojis. Ob der Verwender von Emojis einen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck bringen oder lediglich seine Stimmungs- oder Gefühlslage mitteilen möchte, ist eine Frage der Auslegung.*)
3. Faktoren wie Nationalität und Muttersprache, kultureller Hintergrund sowie Alter, Geschlecht oder Persönlichkeitsstruktur können sowohl die Nutzung als auch das Verständnis von Emojis beeinflussen.*)
4. Emojis bergen die Gefahr von Missverständnissen und Fehlschlüssen, weil die konkret verwendeten Symbole möglicherweise auf einem spezifischen "Emoji-Soziolekt" beruhen, der bloß innerhalb einer bestimmten Gruppe existiert.*)
5. Zu Bestimmung des Bedeutungsgehalts von Emojis kann der Rechtsanwender gegebenenfalls Emoji-Lexika zurate ziehen. Hinweise auf das Verständnis eines Emojis können auch aus dem Begleittext folgen.*)
VolltextOnline seit 13. November
IMRRS 2024, 1403OLG Nürnberg, Urteil vom 18.06.2024 - 6 U 2481/22
Der fensterrechtliche Anspruch gemäß Art. 43 BayAGBGB kann eingeschränkt werden, wenn sich seine Geltendmachung nach den konkreten Umständen als treuwidrig gemäß § 242 BGB darstellt. (Rn. 68 - 69 und 74)*)
1. Die uneingeschränkte Ausübung des Fensterrechts durch den Gläubiger kann treuwidrig sein, wenn die Ausübung für für den verpflichteten Nachbarn eine extreme Härte darstellt, sie dessen Wohnung offenkundig stark entwertet und die Ausübung damit an einen enteignungsgleichen Eingriff grenzt. (Rn. 75)*)
2. Ausnahmen von dem in Art. 43 BayAGBGB normierten Verbot, Fenster entlang der Grundstücksgrenze einzubauen, können sich aus der Notwendigkeit von Fenstern und Türen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben. (Rn. 64)*)
VolltextOnline seit 7. November
IMRRS 2024, 1364LG Kiel, Urteil vom 17.10.2024 - 6 O 109/24
1. Ein Vertrag über die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen ist kein Werk-, sondern ein Dienstvertrag, wenn der Dienstverpflichtete keinen Erfolg, sondern (nur) eine Tätigkeit, nämlich die Überwachung eines Objekts vor Ort schuldet.
2. Eine Schlechtleistung des Dienstverpflichteten führt regelmäßig nicht zum Ausschluss des Vergütungsanspruchs. Das gesetzliche Dienstvertragsrecht kennt kein Recht zur Minderung.
3. Durch das Fehlen eines Minderungsrechts im Fall der Schlechtleistung wird der Dienstberechtigte nicht schutzlos gestellt. Entsteht ihm durch eine Schlechtleistung des Dienstverpflichteten ein Schaden, bleibt es ihm unbenommen, mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten aufzurechnen.
4. Zudem steht dem Dienstberechtigten ein auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die erbrachten Dienste für ihn infolge einer von dem Dienstverpflichteten zu vertretenden Schlechtleistung ohne Interesse und völlig unbrauchbar sind.
VolltextOnline seit 6. November
IMRRS 2024, 1352OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 - 4 U 54/23
1. Verpflichtet sich eine Partei wirksam zur Klagerücknahme, kommt sie aber der Verpflichtung nicht nach, kann ihr dies vom Prozessgegner mit der Folge entgegengehalten werden, dass die Fortsetzung des Prozesses unzulässig wird.
2. Ein Dritter (hier: Vertragsgegner) kann sich auf die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht dann nicht berufen, wenn der Vertreter bewusst zum Nachteil des Vertretenen gehandelt hat und dies dem Dritten schuldhafterweise nicht bekannt geworden ist.
3. Eine Quittung erbringt einen vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltene Erklärung von dem Unterzeichner abgegeben worden ist, nicht aber für den Inhalt der Erklärung, also die Erfüllung der Verbindlichkeit; insoweit unterliegt sie der freien richterlichen Beweiswürdigung. Sie enthält ein außergerichtliches Geständnis hinsichtlich des Leistungsempfangs, ein Zeugnis des Gläubigers "gegen sich selbst", und dementsprechend in der Regel auch ein Indiz für die Leistung (Erfüllung) des Schuldners.
4. Dieser eingeschränkte "Beweiswert" einer Quittung kann jedoch dadurch entkräftet werden, dass die Überzeugung des Gerichts vom Empfang der Leistung erschüttert wird; ein voller "Gegenbeweis" im Sinne des Nachweises der inhaltlichen Unwahrheit der Quittung ist nicht nötig, wobei es tragfähiger Anhaltspunkte bedarf, die den Verdacht der inhaltlichen Unrichtigkeit der Quittung ernstlich nahelegen.
5. Die Nichterteilung einer den Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG entsprechenden Rechnung begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, das lediglich ex nunc wirkt und die Verzugswirkungen nicht rückwirkend entfallen lässt. Vielmehr kann dieses einen Verzugseintritt nur verhindern, wenn es vor oder bei Fälligkeit der Forderung ausgeübt wird.
VolltextOnline seit 5. November
IMRRS 2024, 1333OLG München, Urteil vom 16.09.2024 - 7 U 1412/23 e
1. Ist in Ermangelung einer ausdrücklichen Erklärung ungewiss, ob der Vertreter den Vertrag in fremdem Namen abschloss, ist die Willenserklärung des Vertreters gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände auszulegen. Von Bedeutung ist also, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsgegners darstellt. Dabei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand zugehört und die typischen Verhaltensweisen.
2. Bei der Auslegung einer Willenserklärung sind aber nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren. Aus Umständen, die erst nach Zugang der Erklärung zu Tage treten, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Empfänger diese Erklärung in einem anderen als in dem zum Zeitpunkt des Zugangs erkennbaren Sinn verstehen musste.
3. Das nachträgliche Verhalten einer Partei kann nur in dem Sinne berücksichtigt werden, dass spätere Vorgänge Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten zulassen können.
4. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB greift nicht, wenn es um die Frage geht, ob und gegebenenfalls für wen eine Willenserklärung abgegeben worden sein soll. Dies hat durch eine subjektive Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen. Selbst wenn nach vorgenommener Auslegung zweifelhaft bliebe, ob ein Fremd- oder ein Eigengeschäft vorliegt, wäre gemäß § 164 Abs. 2 BGB ein Eigengeschäft anzunehmen.
VolltextOnline seit 4. November
IMRRS 2024, 1332OLG Bremen, Urteil vom 16.10.2024 - 1 U 18/24
1. Das Bestehen eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich des Umfangs des erlangten Ersatzes als Mittel der Aufklärung zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 285 BGB setzt voraus, dass der Auskunftsfordernde die weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf Herausgabe des stellvertretenden commodums - abgesehen von der Höhe des erlangten Ersatzes an sich - darlegen und gegebenenfalls beweisen kann.*)
2. Die Vorschrift des § 285 BGB ist anwendbar auch auf Rückgewähransprüche im Rückabwicklungsverhältnis nach § 346 BGB.*)
VolltextOnline seit 31. Oktober
IMRRS 2024, 1326OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2024 - 12 U 108/21
1. Die nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Annahmefrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie der Zeit der Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Sie beginnt daher schon mit der Abgabe der Erklärung und nicht erst mit deren Zugang bei dem Empfänger.
2. Die Überlegungsfrist bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots. Nach seinem Inhalt ist zu beurteilen, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf. Dazu gehören auch verzögernde Umstände, die der Antragende kannte oder kennen musste. Als solche kommen etwa die Organisationsstruktur großer Unternehmen, die Erfordernisse der internen Willensbildung bei Gesellschaften oder juristischen Personen oder auch absehbare Urlaubszeiten in Betracht, sofern von einem verzögernden Einfluss auf die Bearbeitungsdauer auszugehen ist.
3. Zu beweisen hat das Zustandekommen des Vertrags und damit auch die Rechtzeitigkeit der Annahme grundsätzlich derjenige, der den Vertragsschluss behauptet und daraus Rechtsfolgen ableitet. Beruft sich der das Vertragsangebot Annehmende darauf, dass der Vertrag wirksam sei, hat er mithin darzulegen und zu beweisen, dass seine Annahmeerklärung rechtzeitig zugegangen ist.
VolltextIMRRS 2024, 1315
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 12 U 114/23
Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags müssen sowohl Angebot als auch Annahme bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragspartner erklärt werden. Es ist nicht ausreichend, wenn vor Ort in Anwesenheit beider Parteien lediglich ein zuvor abgegebenes Angebot des Auftragnehmers angenommen wird.
VolltextOnline seit 30. Oktober
IMRRS 2024, 1314OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 12 U 185/23
1. Für einen Fernabsatzvertrag muss zunächst ein Vertragsschluss ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt sein. Das ist nicht gegeben, wenn während der Vertragsanbahnung Verhandlungen im Rahmen von persönlichen Kontakten zwischen den Parteien selbst oder ihren Vertretern stattgefunden haben.
2. Andererseits ist ein Fernabsatzvertrag dann nicht ausgeschlossen, wenn sich der Verbraucher etwa in Geschäftsräumen des Unternehmers lediglich über die Ware oder die Dienstleistung informiert hat und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt.
3. Zwar hat grundsätzlich der Verbraucher die Voraussetzung des ihm günstigen § 312c Absatz 1 BGB zu beweisen, allerdings kehrt sich die Beweislast um, wenn der Verbraucher nachweist, dass der Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt ist; es obliegt dann dem Unternehmer zu beweisen, dass es bereits zuvor zu wesentlichen Vertragsverhandlungen gekommen ist.
4. Beim Vertragsschluss mit einer natürlichen Person ist grundsätzlich von einem Verbraucherhandeln durch diese auszugehen, sodass eine abweichende Einordnung nur dann in Betracht kommt, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
5. Auch wenn der Verbraucher grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt, gehen Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts nach der negativen Formulierung in § 13 BGB nicht zulasten des Verbrauchers.
6. Für ein organisiertes Vertriebssystem muss der Unternehmer durch personelle und sachliche Ausstattung innerhalb seines Betriebs die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen haben, die notwendig sind, um regelmäßig im Fernabsatz zu tätigende Geschäfte zu bewältigen. Daran sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Nur Geschäfte, die unter gelegentlichem, eher zufälligem Einsatz von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden, sollen aus dem Anwendungsbereich ausscheiden. Auch trägt der Unternehmer die Beweislast dafür, dass eine entsprechende Organisation bei ihm nicht gegeben ist.
7. Für einen wirksamen Widerruf ist nicht erforderlich, dass das Wort "Widerruf" verwendet wird; vielmehr genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, er wolle den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen, weshalb die Umstände des Einzelfalls ergeben können, dass die Erklärung eines "Rücktritts" als Widerruf auszulegen ist.
VolltextOnline seit 28. Oktober
IMRRS 2024, 1316OLG Hamm, Urteil vom 13.11.2023 - 2 U 168/22
1. Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel der Vertretungsmacht seines Vertreters nicht berufen, wenn er schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, so dass der Geschäftsgegner von einer Bevollmächtigung ausgehen darf und von ihr ausgegangen ist.
2. Das kommt in Betracht, wenn er nach Lage der Dinge ohne Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Vertreters. Dieser Rechtsgrundsatz greift aber nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer gewissen Häufigkeit und Dauer ist.
VolltextOnline seit 25. Oktober
IMRRS 2024, 1304OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2024 - 3 U 49/23
1. Besteht zwischen Nachbarn Mitbesitz im Sinne des § 866 BGB an einem Grundstücksgrenzen überschreitenden Entwässerungsrohrsystem, bilden die Mitbesitzer eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne des § 741 BGB.*)
2. Maßgebliches Kriterium für die Feststellung unmittelbaren Besitzes im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB an einem Entwässerungsrohrsystem kann sein, von wem die Abwasserleitung tatsächlich genutzt wird.*)
3. Das Recht zur Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft kann gemäß § 242 BGB wegen der Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ausgeschlossen sein.*)
VolltextOnline seit 15. Oktober
IMRRS 2024, 1263OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.07.2024 - 6 U 34/24
1. Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln vor, wenn das fragliche Geschäft nach seiner objektiven Zweckrichtung zur Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossen wird.
2. Ein Vertrag ist als Verbrauchervertrag zu qualifizieren, wenn er darauf gerichtet ist, dem Kunden erst die für die Entscheidung zur Existenzgründung erforderliche Sachkunde zu verschaffen.
VolltextIMRRS 2024, 1262
OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.09.2024 - 6 U 34/24
1. Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln vor, wenn das fragliche Geschäft nach seiner objektiven Zweckrichtung zur Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossen wird.
2. Ein Vertrag ist als Verbrauchervertrag zu qualifizieren, wenn er darauf gerichtet ist, dem Kunden erst die für die Entscheidung zur Existenzgründung erforderliche Sachkunde zu verschaffen.
VolltextOnline seit 2. Oktober
IMRRS 2024, 1227OLG Hamm, Urteil vom 07.03.2024 - 22 U 86/23
1. Ist in einem notariellen Grundstückskaufvertrag die Lastenfreiheit des Kaufobjekts eine Fälligkeitsvoraussetzung für die Kaufpreisforderung und ist der Käufer vorleistungspflichtig, so hat der Käufer vorbehaltlich einer abweichenden besonderen Vertragsausgestaltung keinen verzugsbegründenden Anspruch gegen den Verkäufer auf Herbeiführung der Lastenfreiheit.*)
2. § 321 BGB ist entsprechend anzuwenden, wenn die Leistung des vorleistungspflichtigen Käufers (mangels Sicherstellung der Lastenfreiheit) noch nicht fällig ist und nach dem Kaufvertragsabschluss bekannt wird, dass der Verkäufer die Lastenfreiheit auf absehbare Zeit nicht gewährleisten kann. Der Käufer hat in diesem Fall unter den Voraussetzungen des § 321 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten.*)
3. Wenn § 321 BGB einschlägig ist, dürfen die hieraus resultierenden Rechtsfolgen nicht durch einen Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung der sog. vertraglichen Leistungstreuepflicht (der Verpflichtung, den Vertragszweck und den Leistungserfolg weder zu gefährden noch zu beeinträchtigen) konterkariert werden.*)
VolltextOnline seit 30. September
IMRRS 2024, 1210BGH, Urteil vom 11.04.2024 - III ZR 134/22
1. Die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG und die Verordnungsermächtigung in § 32 Satz 1 IfSG waren bis zum 18.11.2020 eine verfassungsgemäße Grundlage für die durch Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie angeordneten Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen. Insbesondere genügten sie den aus Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG sowie aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Regelung.*)
2. Ab dem 19.11.2020 wurde die Generalklausel des § 28 Abs. 1 IfSG in § 28a Abs. 1 IfSG durch die Benennung nicht abschließender Regelbeispiele auf verfassungsgemäße Weise konkretisiert.*)
3. Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen konnten insbesondere zu Beginn der COVID-19-Pandemie im Wege von Allgemeinverfügungen angeordnet werden.*)
4. Zur Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen (hier: Hotelkonzern) in dem Zeitraum von März 2020 bis Juni 2021 zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus ("erster und zweiter Lockdown").*)
VolltextOnline seit 25. September
IMRRS 2024, 1196OLG Hamm, Beschluss vom 29.02.2024 - 7 U 72/22
1. Es besteht im Ruhrgebiet weiterhin (trotz oder gerade wegen des Klimawandels) keine dahingehende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, Schneefanggitter auf Dächern von Gebäuden anzubringen (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)
2. Auch für das Aufstellen von Warnschildern vor Schneeabgängen besteht kein Anlass, wenn die Gefahrumstände für jedermann wie für den Geschädigte aufgrund der wahrnehmbaren Ausnahmesituation ohne Weiteres ersichtlich sind (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22, BeckRS 2023, 45655; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)
VolltextOnline seit 24. September
IMRRS 2024, 1194KG, Beschluss vom 09.07.2024 - 1 W 27/24
Werden in einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen namentlich nicht bezeichnete Kinder als Erben bestimmt, kann das Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins (oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses) verlangen. Geburtsurkunden in Verbindung mit einer Versicherung an Eides statt, es seien keine weiteren Kinder geboren worden, genügen für den Nachweis der Erbfolge nicht.*)
VolltextOnline seit 11. September
IMRRS 2024, 1150LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 14 O 308/22
1. Ein Vertragsschluss nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt voraus, dass die Parteien in geschäftlichem Kontakt stehen, eine Partei einen vorangegangenen Vertragsschluss bestätigen will oder eine mündliche Vereinbarung erst durch das Bestätigungsschreiben Gültigkeit haben soll und das Bestätigungsschreiben in engem zeitlichen Zusammenhang zu dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen abgesandt wird.
2. Ein Zeitraum von fast zwei Monaten zwischen dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen und dem Bestätigungsschreiben fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang. Bei einem solchen Zeitintervall kann dem Schweigen des (möglichen) Vertragspartners kein Erklärungswert beigemessen werden. Ein Angebot nach einer entsprechend langen Zeit erfordert vielmehr eine ausdrückliche oder konkludente Annahme durch den Vertragspartner.
VolltextOnline seit 9. September
IMRRS 2024, 1137OLG Celle, Urteil vom 31.07.2024 - 14 U 104/23
1. Nach dem Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO soll der entscheidungsrelevante Sach- und Streitstoff bereits in erster Instanz vollständig unterbreitet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, das Bestreiten einer in erster Instanz noch unstreitig gestellten Tatsache in der Berufungsinstanz zuzulassen, nachdem die gegnerische Partei ihrerseits das neue Vorbringen bestritten hat (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).*)
2. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der im Vorprozess Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend. Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil u. a. für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG.*)
3. Für die Eigenschaft einer mit Wischarbeiten in einem Hotel beschäftigten Reinigungskraft als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienstvertrags (§ 278 Satz 1 Alt. 2, § 611 BGB) des mit der Säuberung der Hotelräumlichkeiten beauftragten Reinigungsunternehmens kommt es nicht entscheidend auf das Bestehen etwaiger (arbeits-)vertraglicher Beziehungen zwischen ihnen beiden an. Denn die Art der zwischen dem Schuldner und dem Erfüllungsgehilfen bestehenden rechtlichen Beziehung ist gleichgültig.*)
4. Maßgeblich ist allein, dass der Erfüllungsgehilfe als Hilfsperson nach den tatsächlichen Verhältnissen objektiv für den Schuldner tätig geworden ist, dass also der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient hat.*)
VolltextOnline seit 2. September
IMRRS 2024, 1118OLG Bremen, Beschluss vom 15.08.2024 - 1 U 14/24
1. Es findet kein Abzug Neu für Alt beim Schadensersatz für die Beschädigung eines Anpralldämpfers an einer Bundesautobahn statt, wenn es sich bei dem Anpralldämpfer nicht um ein eigenständiges Bauwerk handelt, sondern er regelmäßig mit einer Erneuerung der Gesamtanlage ausgetauscht wird.*)
2. Behauptet der Schädiger lediglich pauschal den Eintritt eines Vermögensvorteils für den Geschädigten, so genügt dies nicht für die Geltendmachung eines Abzugs Neu für Alt.*)
VolltextOnline seit 30. August
IMRRS 2024, 1116LG Koblenz, Urteil vom 09.02.2024 - 8 O 40/23
1. Der Empfänger darf einer Erklärung nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Er ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbarer Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat.
2. Wird für die Erklärung ein Formular des Empfängers benutzt, ist darauf abzustellen, wie der Erklärende das Formular verstehen durfte.
3. Unklarheiten gehen im Zweifel zu Lasten des Verwenders einer formularmäßigen Erklärung. Das gilt entsprechend, wenn ein Vertragstext von einem sozial Überlegenen selbst entworfen wird.
4. Derjenige, der einen Vertragstext selbst formuliert, um ihn dem anderen Teil nur zur Unterschrift vorzulegen, muss im Zweifelsfalle alle Unklarheiten gegen sich gelten lassen.
VolltextOnline seit 21. August
IMRRS 2024, 1084OLG Köln, Urteil vom 04.07.2024 - 15 U 217/21
1. Ein Tankwagenfahrer, der zum Befüllen eines Heizöltanks eingesetzt wird, treffen vor Beginn, während und nach Abschluss des Einfüllvorgangs besondere Prüf- und Überwachungspflichten und er muss, wenn eine ordnungsgemäße Befüllung nicht sichergestellt werden kann, dieselbe ablehnen.
2. Wird Heizöl wird durch "blinden" Füllstützen gepumpt, trifft den Hauseigentümer kein Mitverschulden, wenn er bei Lieferung des Heizöls gegenüber dem Tandkwagenfahrer erklärt hat, es seien zwei Stutzen vorhanden, einer davon blind und er solle sichergehen, den richtigen davon zu wählen.
3. Der Hauseigentümer muss sich das Verschulden der Handwerker, die den Kellertank ausgebaut und bei dieser Gelegenheit die alte Rohrleitung nicht verschlossen bzw. nicht anderweitig gesichert haben, im Verhältnis zum Tankwagenfahrer bzw. dessen Arbeitgeber nicht zurechnen lassen.
VolltextIMRRS 2024, 1062
AG Neubrandenburg, Urteil vom 13.09.2023 - 103 C 292/23
1. Ist eine Einbauküche mit vermietet, ist der Vermieter auch für einen funktionstüchtigen Kühlschrank verantwortlich.
2. Kommt der Vermieter seiner Pflicht nicht nach, kann der Mieter einen Kühlschrank bestellen und die Kosten vom Vermieter verlangen.
3. Dabei ist unerheblich, ob die Bestellung bereits vor Verzug des Vermieters erfolgte, relevant ist einzig, wann der Kühlschrank geliefert und eingebaut wurde.
VolltextOnline seit 7. August
IMRRS 2024, 1014BAG, Urteil vom 20.06.2024 - 2 AZR 213/23
Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen.*)
VolltextOnline seit Juli
IMRRS 2024, 0977LG Würzburg, Urteil vom 10.06.2024 - 73 O 2247/23
1. Eine Anspruch auf Vertragsanpassung wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage setzt zunächst eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss voraus. Die Corona-Pandemie stellt eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage dar.
2. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Weitere Voraussetzung ist, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
3. Wird der Vertrag im Anschluss an ein Vergabeverfahren geschlossen, sind die Parteien aufgrund der Regelungen und Restriktionen des Vergaberechts wesentlich weniger frei in ihrer Vertragsgestaltung als ohne ein derartiges Verfahren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Vertrag entweder mit demselben Inhalt oder gar nicht geschlossen worden wäre.
4. Im Rahmen der Corona-Pandemie und im Rahmen der allgemeinen Risiken ist ein entgangener Gewinn von 26 % innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes zumutbar.
VolltextIMRRS 2024, 0943
EuGH, Urteil vom 11.07.2024 - Rs. C-279/23
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis der nationalen Gerichte entgegensteht, die darin besteht, Klagen auf Zahlung des in dieser Bestimmung vorgesehenen Mindestpauschalbetrags als Entschädigung für Beitreibungskosten mit der Begründung abzuweisen, dass der Zahlungsverzug des Schuldners nicht erheblich sei oder dass der Betrag, mit dem der Schuldner in Verzug geraten sei, gering sei.*)
VolltextIMRRS 2024, 0888
LG Bielefeld, Urteil vom 11.04.2024 - 19 O 68/22
ohne amtliche Leitsätze
VolltextIMRRS 2024, 0875
AG Trier, Urteil vom 07.06.2024 - 7 C 177/22
1. Ein Abzug Neu für Alt ist jedenfalls dann bei der Beschädigung eines Maschendrahtzauns nicht zu berücksichtigen, wenn nur Teile eines einheitlichen Zaunes erneuert werden.*)
2. Hält ein Zaun die landesnachbarrechtlichen Abstandsgrenzen nicht ein und wird dieser vom Nachbar bei Mäharbeiten beschädigt, liegt ein Mitverschulden des Zauneigentümers jedenfalls dann nicht vor, wenn Einwände des Nachbarn gegen die Abstandsgrenzen nach den landesnachbarrechtlichen Vorschriften präkludiert sind.*)
VolltextIMRRS 2024, 1201
BGH, Urteil vom 04.06.2024 - X ZR 81/23
1. In den Fällen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Verbraucher aus der Bildschirmmaske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, ersehen können, für welche Leistungen des Unternehmers er eine Zahlungspflicht eingeht.*)
2. Wenn mit einem einheitlichen Bestellvorgang Verträge über mehrere Leistungen abgeschlossen werden, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu erbringen sind, muss die Maske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, einen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass der Verbraucher mit dem Betätigen der Schaltfläche eine auf den Abschluss aller dieser Verträge gerichtete Erklärung abgibt.*)
3. Hat ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines nach § 312j Abs. 3 und 4 BGB unwirksamen Abonnementvertrags eine andere Leistung zu einem vergünstigten Preis erbracht, steht der Schutzzweck der genannten Vorschriften einem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Fall 1 und § 818 Abs. 2 BGB in der Regel entgegen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0864
OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.03.2024 - 21 W 16/24
Der Nachlassverwalter bedarf anders als der Nachlasspfleger keiner gerichtlichen Genehmigung für den Antrag auf Teilungsversteigerung eines Grundstücks zur Aufhebung der Gemeinschaft.*)
VolltextIMRRS 2024, 0863
LG Hamburg, Urteil vom 06.12.2023 - 417 HKO 35/22
Schweigen hat auch im unternehmerischen Rechtsverkehr grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes gilt, wenn die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben Anwendung finden. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass der Absender in dem Schreiben eine bereits getroffene Vereinbarung bestätigt und nicht lediglich ein bestimmtes Vorgehen in Aussicht stellt, ohne dass dem eine entsprechende Einigung der Parteien vorangegangen ist.
VolltextIMRRS 2024, 0857
OLG Schleswig, Beschluss vom 20.06.2024 - 7 U 10/24
1. Bei der Feststellung des Verdienstausfallschadens von selbständig Tätigen kommen dem geschädigten im Rahmen der erforderlichen Prognose der hypothetischen Geschäftsentwicklung Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO.*)
2. Es bedarf grundsätzlich konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben.*)
3. Die Eröffnung eines selbständigen Gewerbes, gleich welcher Branche, erfordert eine gewisse Vorbereitung und Planung, insbesondere eine Kalkulation des regelmäßigen Zeitaufwands, der zu erwartenden Einnahmen und Kosten sowie der Steuerbelastung.*)
4. Auch wenn der Geschädigte seinen Firmensitz im Ausland (hier: Dänemark) hat und unstreitig über ein eigenes Firmenfahrzeug und entsprechendes Handwerkzeug (hier Dachdeckergewerbe) verfügt, ist zur Darlegung des Verdienstausfallschadens eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Rechnungslegung erforderlich.*)
5. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus den eigereichten Anlagenkonvoluten zusammenzusuchen. Vielmehr obliegt es dem Geschädigten, hinreichende Anhaltspunkte für den gerichtlich geltend gemachten Erwerbsschaden vorzutragen.*)
6. Eine Begehrensneurose lässt den Kausalzusammenhang für einen unfallbedingten psychischen Dauerschaden entfallen.*)
VolltextIMRRS 2024, 0845
LG Köln, Urteil vom 18.04.2024 - 14 O 60/23
Zur Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung eines Fotos, das eine Wand mit einer Fototapete abbildet, durch die Vermieterin einer Ferienwohnung. Dabei hatte die beklagte Vermieterin selbst die Fototapete nicht angebracht, sondern von der früheren Bewohnerin der Wohnung unverändert übernommen.*)
VolltextOnline seit Juni
IMRRS 2024, 0798LG Duisburg, Urteil vom 05.01.2023 - 22 O 2/22
1. Die Rechtsfolgen einer widerspruchsfreien Entgegennahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens treten nur ein, wenn das Schreiben in seinem Wortlaut mit hinreichender Deutlichkeit auf ernsthafte Vertragsverhandlungen Bezug nimmt, die zumindest aus Sicht des Absenders zu einem gültigen Vertragsschluss geführt haben, und in welchem der Absender seine Auffassung für das Zustandekommen und den Inhalt eines mündlichen, fernmündlichen oder telegrafisch geschlossenen Vertrags mitteilt.
2. Die Bezugnahme kann sich auch aus den Gesamtumständen ergeben. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss zwar nicht als solches bezeichnet, aber eindeutig gefasst und erkennbar dazu bestimmt sein, einen Vertragsschluss und den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben sowie verbindlich festzulegen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Absenders.
3. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss zeitnah im Anschluss an die Verhandlungen beim Empfänger eingehen. Ein Zeitabstand von drei Wochen ist dabei als nicht mehr ausreichend anzusehen.
VolltextIMRRS 2024, 0786
OLG Schleswig, Beschluss vom 23.04.2024 - 7 U 150/23
1. Bei einem < 4m hohen Hallenvordach auf einem Betriebsgelände liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor, wenn die geringe Höhe des Vordaches für jedermann unschwer erkennbar war und durch orangefarbene Ballons auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen wurde. Weitere Hinweise (z. B. Markierungen auf der Straße; Poller etc.) waren nicht erforderlich.*)
2. Bei einem mit Dachpappe gedecktem Flachdach ist im Wege der Vorteilsanrechnung ein entsprechender Abzug neu für alt gerechtfertigt. Ein solches Dach weist - im Vergleich zu einem Ziegel- oder Blechdach - eine geringere Lebensnutzungsdauer auf. Es ist üblicherweise anfällig für Undichtigkeiten und muss regelmäßig gewartet und erneuert werden. Die Nutzungsdauer solcher Bitumendächer kann auf 25 Jahre geschätzt werden.*)
VolltextIMRRS 2024, 0772
OLG Bremen, Beschluss vom 15.04.2024 - 1 U 47/23
1. Die fernmündliche Weitergabe im mobile-TAN-Verfahren per SMS an den Zahler übermittelter TANs an einen (vermeintlichen) Bankmitarbeiter begründet regelmäßig den Vorwurf einer grob fahrlässigen Verletzung der Geheimhaltungspflichten aus § 675l Abs. 1 BGB. Dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit des Bankkunden steht es auch nicht entgegen, wenn der Anruf unter Anzeige einer Rufnummer der Bank erfolgt und der Anrufer eine Kenntnis von kontobezogenen Informationen belegen kann.*)
2. Einem Schadensersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters aus § 675v BGB kann der Einwand des Mitverschuldens nach § 254 BGB wegen eines Sorgfaltsverstoßes des Zahlungsdienstleisters auch dann entgegengehalten werden, wenn der Zahler den unautorisierten Zahlungsvorgang durch pflichtwidrige Weitergabe von TANs ermöglicht hat; dies begründet keinen Fall einer überholenden Kausalität, wenn ohne den Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters der unautorisierte Kontozugriff nicht möglich gewesen wäre.*)
3. Der Umstand eines unautorisierten Zugriffs eines Dritten auf das Online-Banking-System eines Zahlungsdienstleisters auch ohne den Nachweis einer Verletzung der Pflicht des Kunden zur Geheimhaltung von PIN oder Zugangskennwort begründet nicht ohne weiteres einen Anscheinsbeweis für einen Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters durch mangelnde Systemsicherheit des Online-Banking-Systems.*)
4. Ein Zahlungsdienstleister muss für Umbuchungen zwischen mehreren Konten desselben Zahlungsdienstnutzers, die bei demselben Zahlungsdienstleister geführt werden, nach Art. 15 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 keine starke Kundenauthentifizierung anwenden.*)
5. Besteht für einen Zahlungsdienstleister nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 keine Pflicht zur Anwendung der starken Kundenauthentifizierung, dann ist diese Ausnahme auch zivilrechtlich zu beachten und die Nichtanwendung der starken Kundenauthentifizierung schließt weder nach § 675v Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BGB Schadensersatzansprüche des Zahlungsdienstleisters aus, noch begründet sie einen im Rahmen des Mitverschuldens nach § 254 BGB relevanten Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters.*)
6. Die Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters zur Vorhaltung von Transaktionsüberwachungsmechanismen nach Art. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 ist auf eine aufsichtsrechtliche Überwachung gerichtet, nicht auf eine Echtzeitanalyse einzelner Zahlungsvorgänge, durch die im Interesse der betroffenen Zahlungsdienstnutzer gegebenenfalls auffällige Transaktionen vor deren Ausführung zu stoppen wären.*)
VolltextIMRRS 2024, 0771
BGH, Urteil vom 14.05.2024 - XI ZR 327/22
1. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr entfalten die Vertragsverhältnisse zwischen den beteiligten Banken keine Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, sondern es gelten die Grundsätze der Drittschadensliquidation (Bestätigung von Senatsurteil vom 06.05.2008 - XI ZR 56/07, IBRRS 2008, 1730 = IMRRS 2008, 1157).*)
2. Im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers vor Gutschrift eines Überweisungsbetrags verpflichtet sein, gegenüber seiner Zwischenbank einen Hinweis wegen Gefährdung der Interessen des Zahlers zu erteilen, wenn die Gefährdung objektiv evident ist.*)
3. Die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens", die eine echte Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten des Aufklärungsbedürftigen begründet, gilt nicht nur für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (Senatsurteil vom 08.05.2012 - XI ZR 262/10, IBRRS 2012, 2570 = IMRRS 2012, 1864), sondern auch für die Verletzung von Warn- und Hinweispflichten durch eine Bank im Zahlungsverkehr.*)
4. Im Fall der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs im Zusammenhang mit einer Drittschadensliquidation ist für den Beginn der Verjährung des Anspruchs bis zu dessen Abtretung an den wirtschaftlich betroffenen Dritten maßgebend, dass die subjektiven Voraussetzungen i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Person des Zedenten und nicht in der Person des Dritten vorliegen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22.11.1966 - VI ZR 49/65, WM 1966, 1329, zu § 852 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung).*)
VolltextIMRRS 2024, 0767
BGH, Urteil vom 23.04.2024 - VI ZR 348/21
1. Zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen (Desinfektionskosten).*)
2. Den Geschädigten trifft eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.*)
VolltextOnline seit Mai
IMRRS 2024, 0721LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2023 - 15 Sa 20/23
1. Ist der Zugang einer schriftlichen Erklärung streitig und beruft sich der darlegungs- und beweisbelastete Absender auf einen Zugang beim Empfänger per Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG, begründet die Kombination von Einlieferungsbeleg der Post und Sendungsstatus der Post noch keinen Beweis des ersten Anscheins für den Zugang.*)
2. Die Aussagekraft eines Sendungsstatus unterscheidet sich von derjenigen der Reproduktion eines Auslieferungsbelegs darin, dass hinter dem Sendungsstatus kein individueller, konkreter Mensch als Gewährsperson steht, während der Auslieferungsbeleg die Unterschrift des Postzustellers trägt. Kann keine Reproduktion des Auslieferungsbelegs von der Deutschen Post AG mehr zur Verfügung gestellt werden, fällt dies in die Risikosphäre des Absenders.*)
VolltextIMRRS 2024, 0692
OLG Koblenz, Urteil vom 16.02.2023 - 7 U 645/22
1. Ein Vertrag über die Errichtung eines Messestands ist ein typengemischter Vertrag, der neben mietvertraglichen auch werk- und kaufvertragliche Elemente enthält.
2. Der Schwerpunkt eines solchen Vertrags liegt regelmäßig auf der Werkleistung, auch wenn die mietweise Überlassung der Einrichtung den größten Kostenpunkt ausmacht.
3. Die Absage einer Messe durch den Veranstalter führt zur objektiven Unmöglichkeit, weil weder der Auftragnehmer noch ein anderer Messebauer die Leistung hätte erbringen können. Unerheblich ist, ob tatsächlich behördliche Auflagen oder gesetzliche Regelungen die Durchführung der Präsenzmesse unmöglich gemacht haben oder ob dies auf einer Entscheidung des Messeveranstalters beruht.
4. Nähme man keinen Fall der objektiven Unmöglichkeit an, wäre jedenfalls eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage berechtigt.
5. Nach Art. 240 § 7 EGBGB wird vermutet, dass sich ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwer wiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.
6. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage ist primär eine Vertragsanpassung. Erst wenn eine solche ausscheidet, besteht ein Recht des benachteiligten Vertragspartners zum Rücktritt bzw. zur Kündigung.
VolltextOnline seit April
IMRRS 2024, 0565LG Gera, Beschluss vom 07.03.2024 - 7 T 336/23
1. Auch bei der Kündigung einer Wohnung ist nur ausnahmsweise den Wünschen des Betreuten nicht zu entsprechen, soweit (1.) die Person des Betreuten oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann oder (2.) dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist, § 1821 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1833 Abs. 1 S. 1 BGB.
2. Verfahrensrechtlich ist regelmäßig ein Sachverständigengutachten zu den Auswirkungen der Wohnungsaufgabe, zum Krankheitsverlauf und den verbliebenen Möglichkeiten selbständiger Lebensführung einzuholen.
VolltextIMRRS 2024, 0563
OLG Hamm, Beschluss vom 10.08.2023 - 26 W 13/23
Kein Nachweis des Zugangs einer E-Mail durch den Nachweis der Versendung.*)
VolltextIMRRS 2024, 0539
LG Mannheim, Urteil vom 20.10.2023 - 14 O 14/23
Händler dürfen ein Produkt (hier Türschloss) nicht mit einem Testurteil der Stiftung Warentest bewerben, wenn dieses durch die Stiftung Warentest aufgrund der Produktwarnung des BSI wegen bekanntgewordener Sicherheitslücken des Produkts zurückgezogen worden ist.
VolltextIMRRS 2024, 0522
OLG Rostock, Beschluss vom 03.04.2024 - 7 U 2/24
Zur Frage des Beweises des Zugangs einer (einfachen) E-Mail; Verneinung eines Anscheinsbeweises.*)
VolltextIMRRS 2024, 0478
OLG Hamm, Urteil vom 28.09.2023 - 17 U 123/21
1. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bürgen, dass die gestellte Anzahlungsbürgschaft unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs der Anzahlung auf einem konkreten Konto steht, ist marktüblich und damit nicht überraschend.
2. Derartige Zahlstellenklauseln benachteiligen den Gläubiger nicht unangemessen, denn der Bürge und der Gläubiger haben ein gleichlaufendes Interesse daran, dass eine Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung der Anzahlung möglich ist.
3. Der Bürge muss auf den Nichteintritt der Bedingung nicht hinweisen.
4. Teilzahlungen führen grundsätzlich nicht dazu, dass der Bürge in Höhe des eingegangen Betrags in Anspruch genommen werden kann.
VolltextOnline seit März
IMRRS 2024, 0417OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.03.2024 - 3 U 7/24
Hat der Geschädigte den vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Betrag gezahlt, kann dieser Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO auch dann ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen keine Preisvereinbarung getroffen hat.*)
VolltextIMRRS 2024, 0305
OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.02.2024 - 4 U 140/23
1. Haben die Parteien die Fälligkeit einer Forderung per Vereinbarung an die Erteilung einer Rechnung geknüpft, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Rechnung zugeht.*)
2. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger erst nach Ablauf einer vereinbarten Abrechnungsfrist abrechnet. Der Schuldner kann sich dann weder nach § 162 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auf Verjährung berufen, denn auch bei fristgemäßer Abrechnung wäre es in aller Regel nicht zur Verjährung gekommen.*)
3. Maßgeblich für den Eintritt der Fälligkeit ist in derartigen Fällen grundsätzlich die Erteilung einer Rechnung über die konkret betroffene Forderung. Die Erteilung einer Endabrechnung, in der die betroffene Forderung nicht enthalten ist, sondern lediglich enthalten sein könnte, genügt – außerhalb der VOB/B bzw. der HOAI – grundsätzlich nicht.*)
4. Haben die Parteien eines Energielieferungsvertrags eine marktpreisabhängige Vergütung und die Erteilung einer Jahresendabrechnung vereinbart, mit der Differenzen zwischen den monatlichen Abschlagsrechnungen und der tatsächlichen Preisentwicklung ausgeglichen werden sollen, so handelt es sich dabei nicht um eine umfassende, mit der baurechtlichen Schlussrechnung nach VOB/B vergleichbare Endabrechnung.*)
VolltextOnline seit Februar
IMRRS 2024, 0290OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.02.2024 - 3 O 16/24
Die Versandbestätigung für das Abschicken einer De-Mail nach § 5 Abs. 7 De-MailG bestätigt nur die Absendung des elektronischen Dokuments. Sie reicht als Zugangsnachweis nicht aus und liefert auch keinen Anscheinsbeweis für den Zugang.*)
VolltextIMRRS 2024, 0270
LG Wuppertal, Urteil vom 26.01.2023 - 16 O 55/21
1. Die Corona-Pandemie kann grundsätzlich als Fall höherer Gewalt eingestuft werden. Gleiches gilt für eine behördlich angeordnete Werksschließung.
2. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr muss ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führen.
3. Es obliegt grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist.
VolltextOnline seit Januar
IMRRS 2024, 0119LG Lübeck, Beschluss vom 02.01.2024 - 7 T 240/23
Gegen einen Beschluss über die Versagung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zum Abschluss eines Mietvertrags über ein im Eigentum der betroffenen Person stehenden Hausgrundstück steht einem testamentarischen Schlusserben keine Beschwerdebefugnis im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG zu.*)
Volltext